Auf dem Wochenmarkt einkaufen ist ein Luxus, den sich nur wenige leisten. Aber ist das Gemüse da wirklich teurer als bei Migros und Coop? Wir haben getestet – und wurden überrascht.
Über Lebensmittelpreise lässt sich hervorragend diskutieren – niemand hat keine Meinung dazu. Aktuell gibt es auch gute Gründe dafür: Der Landesindex der Konsumentenpreise steigt weiter und die Eier beispielsweise wurden vor Ostern so knapp, dass die Schweiz mehr importierte, um einen Preisanstieg wie in den USA zu verhindern.
Wie und wo kaufen wir also ein und warum? Je nachdem, mit wem man spricht, ist Gemüse vom Markt entweder teurer als beim Grossverteiler – aber auch besser – oder aber es ist nicht teurer, weil ja keine Zwischenhändler bezahlt werden müssen. Beobachtbarer Fakt ist: Der Wochenmarkt zieht mehrheitlich Menschen aus privilegierten Schichten an. Ist der Preis der Grund dafür?
Wir wollten es genauer wissen und haben eine grosse Einkaufstour gestartet: Auf dem Wochenmarkt sowie bei den Grossverteilern Migros und Coop.
Auch den Unverpackt-Laden PeperOhni, den Gemüse-Stand Bogos-Markt am Fronwagplatz und das Bio-Geschäft Viva Natura an der Vorstadt haben wir besucht. Sie laufen aber ausser Konkurrenz, weil sie entweder nicht alle Produkte führen, die wir vergleichen wollen – oder dann Spezialitäten anbieten, deren Preise mit dem üblichen Produkt zu vergleichen unfair wäre.
Wir haben die eine oder andere Überraschung erlebt – und spannende Gespräche geführt, gerade mit Verkäufer:innen auf dem Markt. Einige waren unserer Methode gegenüber skeptisch. «Testen Sie denn auch die Qualität?», fragte eine Biolandwirtin. «Essen Sie mal dieses Rüebli, das ist einfach etwas anderes!» Wir nahmen die uns herausfordernd entgegengestreckte (vorzügliche) Karotte entgegen, den thematischen Input mussten wir hingegen ablehnen. Herauszufinden, wo das Gemüse am besten ist, würde den Rahmen dieses Tests sprengen und ist darüber hinaus hoch subjektiv. (Treue Leser:innen erinnern sich vielleicht, dass wir für Erdbeeren und weissen Spargel auch schon den Geschmackstest gemacht haben, Sie finden die entsprechenden Ausgaben vom 17. Juni 2021 und 28. Mai 2022 in unserem Archiv.)
Wir schrieben uns aber hinter die Ohren, möglichst Gleiches mit Gleichem zu vergleichen. Für unseren Preisvergleich schlüpfen wir in die Rolle eines preisbewussten, aber prinzipientreuen Kunden und setzen uns diese Regeln:
- Wir vergleichen Bio mit Bio und herkömmliche Landwirtschaft (IP Suisse oder Suisse Garantie) mit herkömmlicher Landwirtschaft. Wo immer möglich, kaufen wir regional ein.
- Nur Produkte aus der Schweiz kommen in den Test – was schwieriger umzusetzen ist, als wir dachten.
- Ist ein Produkt nicht verfügbar, setzen wir den Preis der Konkurrenz ein, die das Produkt hat. Zum Beispiel hat Migros gerade keine Biogurken aus der Schweiz, also verwenden wir den Coop-Preis. Beide Grossverteiler haben keine einheimischen Bio-Zwiebeln, also haben wir für die Berechnung den gleichen Preis wie beim Wochenmarkt eingesetzt.
- Wir vergleichen nicht die verschiedenen Marktstände oder die unterschiedlichen Rüebli in der Migros miteinander, sondern suchen jeweils das günstigste Produkt, das den genannten Anforderungen entspricht.
- Aktionen ignorieren wir. Sie hätten beim Gemüsekorb nur je 70 Rappen zu Gunsten von Migros und Coop ausgemacht.
Mit diesen Regeln stellen wir einen Korb voller Gemüse wie im Bild zusammen. Er enthält: je ein Kilogramm Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten, Fenchel und Lauch, je einen Bund Radieschen und Bundzwiebeln, eine grosse Gurke, einen Kopfsalat und ein Kilo Äpfel (Gala, Topaz oder eine vergleichbare Sorte). Weil die Eierpreise gerade in aller Munde sind, legen wir noch sechs Eier dazu.
Die Spargeln, die Sie im Foto unseres Korbs sehen, gehören da nicht hinein. Spargeln – wie auch Erdbeeren, die wir uns ebenfalls angeschaut haben – sind so teuer, dass sie den Preisvergleich des Gemüskorbes dominieren würden. Deshalb vergleichen wir Spargeln und Erdbeeren separat.
Der Trick mit der Zwiebel
Wir sind überrascht, wie gross die Preisspannweite bei manchen Produkten ist – und wie klein bei anderen. Der Bio-Lauch kostet an den Marktständen entweder 6.50 oder 7 Franken pro Kilo – nur einer verlangt 8.20 Franken für den Lauch, den er interessanterweise von einem Produzenten hat, der ihn am eigenen Stand für 7 Franken anbietet. Die teuersten Zwiebeln des Marktes (6.40 Franken) kommen nicht aus der Schweiz und fallen aus dem Test. Die günstigsten gibt es für 3 Franken beim Stand von Bauer Grob, ein Landwirt ohne Bio-Zertifikat. Als wir aber nachfragen, sagt er: Doch, die Zwiebel, das sei sein einziges Bio-Produkt, er schreibe das aber nicht extra an – ein kleiner Trick für Sparsame.
Die Bundzwiebeln und die Radieschen werden pro Bund verkauft und stellen uns vor ein Problem: Der Preis ist fast überall gleich, aber die Grösse variiert. Bei den Radieschen ist der Unterschied so gross, dass wir den Preis auf ein Normgewicht umrechnen müssen, wir nehmen den grosszügigen Bund vom Ruppenhof für drei Franken als Messlatte. Bei den Bundzwiebeln sind die Unterschiede kleiner und wir bleiben beim Bundpreis ohne Anpassung – möchten aber den schönsten und grössten Bundzwiebelbund lobend erwähnen, den es für 3.60 Franken bei Viva Natura gibt. Für Gurkenpreise letztlich schaffen wir das Mass der Schaffhauser Markt-Normgurke: 400 Gramm.
So entsteht unser Testergebnis. Der oben geschilderte Gemüsekorb inklusive sechs Eier kostet in Bio-Qualität:
- auf dem Markt: genau 50 Franken
- in der Migros: 48.55 Franken
- im Coop: 50.95 Franken
In beiden Grossverteilern fanden wir nicht ganz alle Produkte in Schweizer Bioqualität und haben regelgemäss den Konkurrenzpreis eingesetzt – oder den besten Preis vom Markt, wenn etwas weder in der Migros noch im Coop zu finden war.
Der gleiche Korb kostet ohne Bio-Knospe, aber möglichst regional:
- auf dem Markt: 36.80 Franken
- in der Migros: 27.75 Franken
- im Coop: 29.30 Franken
Bio ist auf dem Markt günstiger
Überraschend: Die Preise beim Bio-Korb sind fast identisch. Der angeblich teure Markt hält problemlos mit den Grossverteilern mit. Dabei ist der «Trick», die nicht als Bio angeschriebene Biozwiebel bei Bauer Grob zu kaufen, noch nicht einmal berücksichtigt; er würde den Marktkorb um zwei Franken günstiger und zum Testsieger der Bio-Körbe machen. Betrachten wir Bio-Qualität, ist die Mär vom teuren Wochenmarkt also widerlegt.
Es gibt einen anderen Faktor, der je nach Situation für oder gegen den Markt spricht: das Einkaufserlebnis. Viele schätzen es, sich Zeit für einen gemütlichen Spaziergang über den Wochenmarkt zu nehmen. Gleichzeitig ist genau das auch ein Privileg.
Bei herkömmlich – also in IP-Suisse- oder vergleichbarer Qualität – produzierten Lebensmitteln sind hingegen Migros und Coop deutlich günstiger als der Wochenmarkt. Letztlich gibt es ein Produkt, das uns überrascht hat: die Eier. Sie sind auf dem Wochenmarkt sowohl in Bio-Qualität (ab 4.80 Franken für sechs Eier) als auch ohne Knospe (4.20 Franken) günstiger als bei Migros und Coop. (Wir haben mittelgrosse Eier verglichen, sowohl auf dem Markt als auch im Laden gibt es kleine für weniger Geld.) Bei den Grossverteilern finden wir zwar günstigere Eier – aber nur, wenn wir entweder schlechtere Haltungsbedingungen als bei Freiland-Eiern in Kauf nehmen oder Eier aus dem Ausland akzeptieren.
Die saisonalen Luxusprodukte

Zu guter Letzt ein Blick auf zwei saisonale Produkte mit hohen Preisen – und grossen Unterschieden: Erdbeeren und Spargeln.
500 Gramm Erdbeeren (Bio / nicht Bio):
- auf dem Markt: 11.20 Fr. / 6 – 7.50 Fr.
- in der Migros: 12.40 Fr. / 6.50 Fr.
- im Coop: 8.50 Fr. / 6.50 Fr.
Die Bio-Preise gehen hier weit auseinander, während die herkömmlichen Erdbeeren preislich überall ähnlich sind. Auch hier sind die Preise auf dem Wochenmarkt sehr konkurrenzfähig. Die Erdbeeren von Eichenberger Obst aus Uhwiesen, von der AZ-Redaktion im Test einst zu den geschmacklich besten gekürt, kosten übrigens 7.50 Franken.
1 Bund grüne Spargeln à 500 Gramm (Bio / nicht Bio):
- auf dem Markt: 15 Fr. / 9–11 Fr.
- in der Migros: – / 10.90 Fr.
- im Coop: – / 12.95 Fr.
Beide Grossverteiler führen zwar Bio-Spargeln, sogar günstiger als die aus herkömmlicher Landwirtschaft – aber sie kommen nicht aus der Schweiz. Schweizer Bio-Spargeln finden wir dafür noch bei Viva Natura für 14.95 Franken und sehr schöne nicht-biologische beim Bogos-Markt und bei PeperOhni für 10 beziehungsweise 11 Franken. Und der Geheimtipp zum Schluss: Auf dem Markt finden wir am kleinen Spargelstand der Familie Vetterli-Luttiger violette Spargeln für 8 Franken pro Bund, und grüne gibt es, wenn man nicht die allerschönsten haben muss und mit Kilogramm-Bünden zufrieden ist, sogar für umgerechnet 7 Franken auf 500 Gramm.
Die Spargeln unterstreichen also, was Bio-Gemüsekorb, Eier und Erdbeeren schon gezeigt haben: Der Schaffhauser Wochenmarkt muss sich mit seinen Preisen überhaupt nicht verstecken.