Keiner polarisiert und polemisiert so wie Pentti Aellig. Über einen Mann, der die Grenzen des Sagbaren verwischt.
Nach rund einer Stunde fragen wir Pentti Aellig, wie er «Remigration» in der Schweiz umsetzen würde. Aellig atmet kurz durch und sagt dann: «Wenn die Schaffhauser Polizei und die Thurgauer Kantonspolizei in einer gemeinsamen Aktion am Schaffhauser Bahnhof Stichproben machen würden, bin ich überzeugt, dass man dort zwanzig bis dreissig Personen ohne Aufenthaltsstatus finden würde. Wenn man das regelmässig machen würde, wären die Flugzeuge schnell voll.»
Wir haken nach: «Das klingt doch sehr nach dem, was Trump im Moment macht.»
Aellig antwortet: «Ja.»
Kein anderer Politiker in Schaffhausen löst so viele und intensive Reaktionen bei seinen Mitmenschen aus wie Pentti Aellig. Bei den einen zieht der Name die Mundwinkel hoch. Ach Pentti, der Charmante und Witzige, sagen sie dann, Pentti, der Spieler, der gekonnt provoziert, zuspitzt und austeilt, damit aber vor allem sein Gegnüber aus der Reserve locken will.
Andere verdrehen die Augen über den Aellig und fragen, warum man gerade über ihn schreibt, habe dieser doch seinen politischen Zenit längst überschritten und walte vor allem noch als Hinterbänkler im Kantonsrat.
Zwei Dinge machen Aellig aber besonders. Erstens besitzt er mit seiner SN-Kolumne und seinem Twitter-Account ein für Schaffhauser Verhältnisse grosses Publikum. Und es sind Aussagen wie die zu «Remigration», die seine Plattform besonders gefährlich machen. Sein Plan für den Schaffhauser Bahnhof ist haarsträubend, aber beim rechten Bürgertum noch anschlussfähig. «Remigration» hingegen ist ein Konzept tief aus dem Werkzeugkasten der europäischen Rechtspopulisten und Rechtsextremen, ein Begriff, den die meisten SVPler lieber im Giftschrank lassen. In Deutschland sorgte ein Treffen Anfang 2024 von Politiker:innen der AfD und Rechtsextremen zum Thema «Remigration», wo die Zwangsausweisung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund geplant wurde, für landesweite Proteste.
Alles das weiss der Zeitungsvielleser Pentti Aellig. Er verwendet den Begriff trotzdem.
Warum tut dieser Mann das?
Der Anstifter
Die Schweiz von Pentti Aellig reicht von Dörflingen bis nach Zürich. Zürich ist das Tor zur Welt, wo er in den 1980er-Jahren als junger Kunststudent ein Gratiskonzert von Bob Marley im autonomen Jugendzentrum besuchte und später Werbekampagnen für Konzerne entwarf.
Dörflingen ist der Wald, die Natur und die Verbundenheit zum Stück Land seiner Eltern, auf dem er aufgewachsen ist und heute in einem modernistischen Haus mit seiner Familie lebt.
Hier kommt er 1962 mit einigen Jahren Abstand zu seinen drei Geschwistern auf die Welt. Drei Jahre später setzt sein Vater Jörg zu einer politischen Karriere an, der eigenständige Jungliberale wird Kantonsrat, dann eigenwilliger Stadtrat von Schaffhausen. Von seinem Vater lernt der junge Pentti am Küchentisch das Debattieren und die Durchsetzungsfähigkeit, seine Mutter, eine Grafikerin, legt ihm die Kreativität in die Wiege.
Der kleine, schmalschultrige Junge nutzt beides, um seinen Mitschüler:innen Flausen in die Ohren zu setzen. Dörflingen ist eine grosse Spielwiese für Pentti und seine Freunde, sie dringen in alte, unbewohnte Häuser ein, bauen Waldhütten und schwingen sich an Seilen hängend über Kiesgruben. Einmal steigt Aellig mit einem Freund auf einem selbstgebauten Rollbrett in die damals wegen Umbauarbeiten leere Kanalisation und brettert unterirdisch einen Kilometer bis unter das Dorf.
Ihr Bruder, der Freund von Pentti, habe im engen Kanalisationsnetz eine Panikattacke gehabt, erinnert sich Ursula Risch. Sie wuchs damals als Nachbarin der Aelligs mit Pentti auf und ist noch heute eng mit ihm befreundet. Die beiden Buben seien zum Glück unbescholten aus der Kanalisation entkommen. «Pentti war der, der die Ideen hatte. Er war ein Abenteurer. Er hatte einen ausgeprägten Instinkt dafür, wie er Menschen überzeugen und begeistern konnte, nicht immer nur zum Wohlergehen aller.»
Aellig und Risch besuchen später auch gemeinsam die Sekundarschule im Bachschulhaus in Schaffhausen. Sie hätten mit drei weiteren Dörflingern ihre Klassenkamerden enorm dominiert, erzählt Aellig offen. «Unsere Klassenzusammenkünfte sind heute fast Psychotherapien. Einige Nichtdörflinger in der Klasse haben damals sehr unter uns gelitten.»
Der Kreative
Nach seinem Abschluss in visueller Kommunikation an der Zürcher Hochschule der Künste arbeitet Aellig zuerst in der Schweiz und im Ausland als Grafikdesigner in Werbeagenturen, bevor er 1992 im Alter von 30 nach Schaffhausen zurückkehrt und sich selbstständig macht. An der Werbung fasziniert ihn das verdichten von Aussagen, das Zusammenspiel von Inhalt und Form. Am liebsten arbeitet er für Autofirmen, die haben die grössten Werbebudgets.
1992 lesen die Abonnent:innen der Schaffhauser Nachrichten auch das erste Mal den Namen Pentti Aellig, er sollte sie bald regelmässig zum Schmunzeln bringen oder ihnen das Blut in den Kopf treiben. Ihr erster Eindruck ist aber der eines selbstbewussten Kreativtypen: Im Bild in den SN hält er in der Hand Werbeposter von Autos, auf der Nase trägt er eine Brille mit dicken Rahmen, um den Hals einen engen Rollkragen.
Die ästhetischen Bezüge sind nicht gerade subtil, Aellig will aussehen wie Steve Jobs und erklärt dem Journalisten, dass man heute ohne «Macintosh-Gestaltungscomputer» nicht mehr zurechtkomme.
Vor der Jahrtausendwende gründet er dann mit zwei Partnern die Bytix AG in Zürich. 2017 verkauft er sie. Er habe sich in der Rolle des Arbeitgebers nicht mehr wohl gefühlt. «Das war sehr anspruchsvoll. Jeden Monat die Löhne zahlen, Kunden, welche abspringen, ersetzen.»
Seither mache er nur noch Sachen, die ihm Spass machen. «Politik. Autos. Schreiben.»
Der Opportunist
In den Jahren nach der Jahrtausendwende passieren verschiedene Dinge, die die Verwandlung von Pentti Aellig vom selbstbewussten Kreativler zum rabiaten Rechtspolitiker befeuern.
Im Jahr 2000 erhält er eine Kolumne in den SN und damit ein Publikum. Eine ideale und grosse Plattform für jemanden, der Aussagen verdichten und verkaufen kann.
Nach einer jahrzehntelangen Ebbe setzt die SVP unter Christoph Blocher zu einer Siegesserie an, und in Kalifornien setzt ein Programmierer den ersten Tweet ab. Der technologieaffine Aellig twittert bereits seit 2008.
Pentti Aelligs politische Karriere beginnt ebenfalls 2008, damals kandidiert er in Dörflingen als Parteiloser für den Gemeinderat. Dieser ist damals geprägt von einer alten Garde; Aellig und seine Sandkastenfreundin Ursula Risch, die für die SVP kandidierte, wollen ihn aufmischen. Zwei Jahre später wird Aellig Gemeindepräsident von Dörflingen, das Amt, das er immer noch bekleidet. Steht man heute mit ihm auf dem Buck unter der wehenden Dörflingerfahne im Zentrum des Dorfs und hört ihm zu, wie die einzelnen Dorfteile entstanden sind und welche Familie in welchem Haus seit wann wohnt, hört man einen gutmütigen Dorfvater. Aellig zeigt auf einen Ehrenstein, den er für verdiente Dörflinger hat aufstellen lassen, er erzählt, wie einer der Ausgezeichneten bei der Enthüllung des Steins zu Tränen gerührt gewesen sei.
Nach seiner Wahl zum Gemeindepräsidenten klopft die SVP bei ihm an. Seine Frau droht, sie lasse sich scheiden, wenn er der Partei beitrete. Getan hat er es trotzdem, seine Frau ist geblieben.
Die SVP ist die Partei der Stunde und Aellig ist ambitioniert. Seine Augen hat er auf den Nationalrat gerichtet. Die Debatte in der grossen Kammer ist lauter, polemischer, die Aufmerksamkeit grösser als in der gemächlichen Lokalpolitik. 2015, im Rekordjahr der SVP, reicht es für ein sehr gutes Ergebnis, aber nur hinter dem Listenprimus Thomas Hurter. Damals ist er bereits 53 Jahre alt, ein zweites Mal wird er nicht mehr kandidieren. Auch sein zweiter Versuch für höhere Weihen scheitert: 2017 möchte er, inzwischen Präsident der kantonalen SVP, Regierungsrat werden. In der parteiinternen Ausmarchung verliert er aber gegen Cornelia Stamm-Hurter aus der Stadtsektion. Das Jahr 2017 ist auch sein erstes im Kantonsrat, wo er heute als Präsident der wichtigen Gesundheitskommission amtet.
Die grosse politische Bühne blieb Pentti Aellig also verwehrt, und man merkt ihm an, dass er ihr nachtrauert. Er erwähnt sein grosses Netzwerk, spricht ausführlich von guten Beziehungen zu Zürcher SVP-Grössen wie Gregor Rutz und Natalie Rickli. Dieses Netz stützt ihn auch beruflich: Aellig schreibt heute für ein Automagazin, welches von SVP-Financier und Autobaron Walter Frey finanziert wird. Als persönlicher Mitarbeiter von Ständerat Hannes Germann wandelt er heute trotz allem durch die Gänge des Bundeshauses. Kürzlich habe er dort zu Mittag gegessen. «Da betrat Albert Rösti die Galerie des Alpes und sagte: ‹Ah schau, der Pentti.› Das ist doch schön.»
Die grosse Bühne, die er in Bundesbern suchte, erhält er dafür in der Heimat. Seine SN-Kolumne war im Jahr 2000 als Internetratgeber gestartet, aber bald kommentiert Aellig darin auch das Weltgeschehen von rechtsaussen. Seine Strategie: Zuspitzung, Provokation, manchmal auch schlicht fremdenfeindliche Hetze. Er schreibt bereits 2006 über «sehr gefährlich aussehende Araber», die wegen Mohammed-Karrikaturen dänische Fahnen verbrennen; von der «CO2-Hysterie» der Linken, die er auch zu «Öko-Talibanen» tauft: «Das Endziel des Öko-Talibans ist die Öko-Scharia: Verbot aller Geländefahrzeuge. Totale Verhüllung der Gebäude mit Solarzellen. Prügelstrafe beim Nichterwerb eines GA-Abonnements. Und so weiter.»
Aellig schreibt mit viel Tempo, spitz, unterhaltsam, ohne jede Rücksicht auf Kollateralschäden. Er erzählt stolz, dass der 2015 verstorbene SN-Chefredaktor Norbert Neininger die jährliche Zusammenkunft der Kolumnist:innen jeweils mit der Anzahl Abokündigungen eröffnet habe, die wegen seiner Schreibe eingegangen seien. Weil er in seinen Kolumnen immer wieder auch SVP-Mitglieder frontal angreift, musste der Kantonalvorstand bereits zwei Mal über Parteiausschlussanträge gegen Aellig befinden; beide aus der Stadtsektion, beide erfolglos.
Auf Twitter findet er die noch grössere Bühne. Dort kann er noch mehr verdichten, noch mehr zuspitzen, noch mehr provozieren. Heute ist er mit über 2500 Followern der reichweitenstärkste Schaffhauser Politiker auf der Plattform. Auch hier schlägt er seit vielen Jahren einen aggressiven, rechtspopulistischen Ton an. Zu einem Video von Strassenprotesten in Paris 2022, die als Reaktion auf die rassistisch motivierten Morde an drei Kurden im Stadtzentrum ausbrachen, schreibt er: «Europas Traum offener Grenzen und kultureller Bereicherung endet im Ruin unserer Kulturen und Sozialsysteme.»
«Ich freue mich, wenn über 70 000 einen Tweet von mir sehen. Das ist eine Art Königsdisziplin der Reichweite, für Dörflinger Verhältnisse. Aber ich weiss, dass ich das nur mit einer sehr pointierten Sprache und einer gewissen Aggressivität erreiche», sagt Aellig gerade heraus. Sein Tweet zu den Pariser Strassenprotesten wurde bis heute 75 000 Mal gesehen und hat rund 1900 Likes.

Diese Gleichzeitigkeit in Pentti Aellig als gutmütiger, kollegialer Gemeindevater von Dörflingen und als rechter Scharfmacher irritiert selbst jene, die ihm nahe stehen. Sie sei verschiedentlich von Freunden auf seine Kolumnen angesprochen worden, erklärt die ehemalige Parteikollegin Ursula Risch. Nicht immer erkenne sie ihren einfühlsamen Freund, den Gemeindepräsidenten ihres Dorfes, in den Zeilen. «Wenn ich ihn nicht schätzen würde, hätte ich mich bei einigen Formulierungen auch schon gefragt, wer solche Kolumnen schreibt.» Am Schluss wolle Aellig, wie früher als Abenteurer, bei seinen Mitmenschen eine Reaktion auslösen, Grenzen ausloten.
Pentti Aelligs Bruder Jussi geht härter ins Gericht. Er lebt seit Jahrzehnten in Finnland, die Brüder haben schon lange keinen Kontakt mehr miteinander. «Pentti war bereits früher zynisch und berechnend. Er ist als Politiker und Kolumnist in die Rolle geschlüpft, die ihm die grösste Aufmerksamkeit und die grössten Aufstiegschancen versprochen hat. Jetzt kommt er von dieser Rolle nicht mehr weg.»
Der Erbarmungslose
Seit seiner Zeit in der Sekundarschule im Bachschulhaus ist die Liste derer, die bei Aellig unter die Räder gekommen sind, immer länger geworden.
Im Frühjahr 2019 berichtet die AZ von der Gemeindeschreiberin U.S. in Dörflingen, die einen Mobbingvorwurf gegen den Gemeindepräsidenten erhob. Als Reaktion auf ihre Freistellung trat die ganze Kanzlei und auch ein Gemeinderat zurück. Aellig bestritt und bestreitet alle Vorwürfe.
Der Vorfall hallt trotzdem bis heute nach: In einem Leserbrief in der AZ Anfang Februar nannte ihn der langjährige SVP-Grossstadtrat und Bauunternehmer Edgar Zehnder «machthungrig und anmassend» und verwies auf die Mobbingvorwürfe gegen Aellig von 2019. «Nicht nur deine vielzitierten kriminellen Asylbewerber und Einbrecherbanden zerstören unser Sicherheitsgefühl. Viel mehr belasten uns deine giftigen Pfeile aus dem schönen Dörflingen; unbegreiflich, wie solche Despoten immer wieder gewählt werden.»
Einer, der immer wieder Ziel dieser Giftpfeile war, ist der inzwischen parteilose Schaffhauser Stadtrat Daniel Preisig, vor allem im Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Schaffhauser Busflotte. Die beiden waren einst Sitznachbarn im Kantonsrat, heute sind sie erbitterte Feinde. Die ständigen Angriffe auf Twitter sowie in der SN-Kolumne und die Tatenlosigkeit der Parteileitung seien Teil der Gründe gewesen, warum er Anfang Jahr aus der SVP ausgetreten sei. Preisig sieht den Ursprung des Konflikts in der parteiinternen Ausmarchung für die Regierungsratswahlen 2017. «Mariano Fioretti und ich haben uns damals dafür eingesetzt, dass nicht er, sondern Cornelia Stamm Hurter Regierungsrat wird. Das hat er mir nie vergeben.»
Aellig widerspricht. «Jeder, der mich kennt, weiss, dass ich nie unter dem gelitten habe. Ich habe Cornelias Wahlkampf unterstützt und bis heute ein gutes Verhältnis zu ihr.»
Auch ausserhalb der SVP arbeitet sich Aellig immer wieder an Einzelpersonen ab. Zum Beispiel am Journalistikprofessor Vinzenz Wyss von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW). Anfang April 2024 schreibt Aellig auf Twitter: «Bei Kampagnen gegen die grösste Partei der Schweiz drängt sich gerne der linke SVP-Hasser Vinzenz Wyss auf. Der ‹Medienprofessor› agiert hauptsächlich im Linksbubble (sic) des zwangsfinanzierten Medienkolosses.» Unter dem Tweet finden sich wenige, die Aellig widersprechen und viel Häme für Vinzenz Wyss. Den Tweet bebildert Aellig mit einem unvorteilhaften Screenshot des Journalistikprofessors aus einer Sendung aus dem Jahr 2020.
Zum Zeitpunkt, als Aellig diesen Tweet absetzte, waren Wyss und Aellig eigentlich noch SRG-Kollegen. Der ZHAW-Professor sass bis Mitte 2024 im Vorstand der SRG Zürich Schaffhausen, Aellig sitzt heute noch in der Programmkommission derselben Trägerschaft. Auf Twitter verweist Aellig auf seine Mitgliedschaft in der Kommission.
Wyss sagt, er habe sich zuerst gefreut, dass ein SRG-Kritiker wie Pentti Aellig in der SRG mitarbeite. Dann aber habe seine Twitter-Kritik am Medienhaus – er nennt es polemisch auch «Staatsfernsehen» – intern zu reden gegeben. «Wir haben uns gefragt, ob wir es uns als Vorstand leisten können, seine niveau- und stillosen Aussagen so stehen zu lassen.» Da Aellig aber immer engagiert in der Programmkommission mitgearbeitet habe, könne man ihm nichts vorwerfen, zudem stehe die SRG für Meinungsfreiheit.
Und schliesslich fügt Wyss an: «Wir wollten ihm auch nicht den Gefallen tun, sich als Märtyrer zu inszenieren.»
Der Extreme
Bei der SRG, in der Politik, bei seinen Freunden: Immer wieder taucht die Geschichte von Pentti Aellig mit zwei Gesichtern auf. Pentti der Charmante, Aellig der Beserker.
In unserem zweistündigen Gespräch erleben wir Ersteren. Aellig spricht offen, selbst bei sehr kritischen Fragen und Vorwürfen bleibt der Blutdruck auf gemütlichem Niveau. Er ist charmant und witzig, an den Zitaten ändert er kaum was. Nur einmal will er das Aufnahmegerät pausieren lassen, als wir ihn fragen, welcher Person in der SVP Schweiz er politisch am nächsten stehe.
In diese Zugänglichkeit verpacken viele, mit denen die AZ gesprochen hat, die weniger charmanten Aspekte seiner Person. Aellig bewundert Benjamin Netanjahu und Viktor Orban, zwei Männer, für welche die Dominierung und Vernichtung des politischen Gegners zum festen Bestandteil ihrer Politik gemacht haben. Er bezeichnet sich selbst als nationalkonservativ und verortet sich in der SVP bei 8 von 10 auf der rechten Seite. Damit liegt er nur knapp daneben. Die Frage, ob Aellig tatsächlich glaubt, was er sagt und schreibt, oder ob er nur damit kokettiert, erübrigt sich: Mit Politikern wie ihm verschwimmen die Grenzen zwischen dem rechten Rand der SVP und dem Rechtsextremismus.
Denn man muss diesem Mann nur zuhören, und der Schafspelz fällt.
Er sei ein Kulturpessimist, sagt Aellig. Europa befinde sich in einer «suizidalen Phase» und sei wie «frühere Hochkulturen» auf dem Rückzug. «Es gibt inzwischen Hunderte von Stadtvierteln in Europa, durch die ich nur noch mit mulmigen Gefühlen fahren würde. Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr zurückdrehen: Die haben sieben, acht Kinder, wir haben im Schnitt 1,5 Kinder. Wir bilden uns zurück.»
Was Aellig hier ausspricht, ist die von Anhänger:innen der neuen Rechten oft erzählte Idee vom sogenannten «Bevölkerungsaustausch» – die «Anderen» ersetzen die heimische, weisse Bevölkerung durch eine höhere Geburtenrate.
«Befürchten Sie nicht, dass Rechtsextreme Aussagen wie diese hören und denken könnten: Der Pentti ist einer von uns?»
«Nein, das befürchte ich nicht.»