Allmählich wird klar, wie das Erbe der Hallauerin Berta Rahm genutzt und wo es aufgebaut werden soll. Die Zeit für Entscheide drängt – denn Schaffhausen erhält Konkurrenz.
Es ist ein ungewöhnliches Geschenk, das ein Zürcher Verein der Stadt Schaffhausen machen will: ein Pavillon aus Holz, elf mal elf Meter im Ausmass, zerlegt, eingelagert und fixfertig für den Wiederaufbau. Das Bauwerk ist im wahrsten Sinn des Ausdrucks mehr als seine Einzelteile: nämlich ein Stück Kulturgeschichte, und ein Stück feministische Raumaneignung.
Die Architektin Berta Rahm hat ihn im Jahr 1958 für die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit, kurz Saffa, entworfen. Er ist einer von nur wenigen Bauten der Hallauerin geblieben, weil die Mannen ihrer Zeit sich weigerten, sie bauen zu lassen (nachzulesen in der AZ vom 8. Oktober 2020). Der Zürcher Verein «ProSaffa1958-Pavillon» rettete das Bauwerk im Jahr 2020 vor seiner Entsorgung und ging danach auf die Stadt Schaffhausen zu. Das Ziel: Der Pavillon soll zu seinen Ursprüngen zurückkehren.
Ein paar Workshops später gab es einen Haufen Ideen, wie man das Haus nutzen könnte (AZ vom 30. November 2023). Und schliesslich, im September vergangenen Jahres, gründete eine Gruppe Frauen einen Trägerverein in Schaffhausen, der den Pavillon als öffentlichen Begegnungsort in der Stadt verankern will. Präsidiert wird der Verein, in dem unter anderem der feministische Salon und die SP-Frauen vertreten sind, von der Landschaftsarchitektin Catherine Blum, die auch im Vorstand des Schaffhauser Architekturforums sitzt.
Entstehen soll mit dem Pavillon, das geht aus dem Nutzungskonzept des neuen Vereins hervor, ein Treffpunkt – mit Lesemöglichkeiten und Café, für öffentliche Veranstaltungen wie auch als Vereinslokal. «Es soll ein Ort werden, der über das Quartier hinaus zu einem selbstverständlichen Treffpunkt wird», sagt Catherine Blum. Für sie steht darum die alltägliche Nutzung des Pavillons von verschiedenen Personengruppen im Vordergrund. Um hierfür eine Grundlage aufzubauen, ist das Mitwirken verschiedener lokaler Organisationen vorgesehen, allen voran jene, die bereits im Vereinsvorstand sind; Optionen, mit der Quartierentwicklung oder etwa der Gemeinde Hallau etwas auf die Beine zu stellen, sind ebenfalls angedacht.
Feministische Minizentrale
Aufgebaut werden soll der Pavillon noch dieses Jahr, anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums des Europäischen Denkmalschutzjahres. Das Konzept gibt auch schon Ausblick aufs Programm in den Jahren darauf: Ab 2026 sollen an verschiedenen Terminen Veranstaltungen im Pavillon stattfinden, darunter am feministischen Streiktag, an den europäischen Tagen des Denkmals oder während der Woche gegen Gewalt an Frauen im November. Und schliesslich jährt sich 2028 die Saffa-Ausstellung zum hundertsten Mal; auch anlässlich davon soll ein Projekt aufgegleist werden. Genutzt werden soll der Pavillon teils gegen Pauschalen, teils aber auch gratis – mit Arbeitseinsätzen an anderen Events als Gegenleistung. Auf die Stadt käme ein Sponsoring in einem tiefen vierstelligen Betrag zu sowie wiederkehrende Unterhalts- und Reinigungskosten.
Konkretere Angaben macht das Konzept gerade nicht. Und das ist auch gar nicht möglich – denn noch fehlt die definitive Zusage für einen Standort, auf den man die Nutzung abgleichen könnte.
Am realistischsten ist aber der Munotpark. Denn hier könnte man sogar bauliche Synergien nutzen: In absehbarer Zeit soll die WC-Anlage gleich neben der Sportanlage so oder so saniert werden. Die Vision wäre es, jene Anlage abzubrechen, den Pavillon aufzubauen und ein WC am Neubau zu integrieren. Zudem wäre der Standort aufgrund seiner Nähe zum Munot und zur belebten Anlage für einen Café-Treff ideal. «Vor allem ist er sehr zentral», sagt Catherine Blum, «noch zentraler wäre nur die Altstadt. Aber das würde städtebaulich wohl schwierig. Ein solcher Pavillon fügt sich am besten in eine Grünanlage ein.»
Ganz in trockenen Tüchern ist dies jedoch noch nicht. Und gerade deshalb geht es für das Projekt jetzt in die heisse Phase – denn während Schaffhausen sich noch nicht ganz zum Pavillon bekannt hat, stellt sich als Konkurrentin bereits die Stadt Zürich auf.
Zürich findets «sehr sympathisch»
Im November vergangenen Jahres überwies das Zürcher Stadtparlament ein Postulat der Gemeinderät:innen Maya Kägi Götz (SP) und Balz Bürgisser (Grüne). Dieses beauftragt den Stadtrat zu prüfen, wie der Berta-Rahm-Pavillon wieder aufgebaut werden und einer «sinnvollen öffentlichen Nutzung zugeführt werden» kann – logischerweise nicht in Schaffhausen, sondern in der Stadt Zürich selbst. Denn auf der Saffa-Insel in Zürich Wollishofen stand der Pavillon ursprünglich. Und die Motivation scheint gross: Eine Minderheit aus der SVP-Fraktion unterlag mit ihrem Gegenvotum, einen Pavillon «zu retten, sei keine Staatsaufgabe», und schliesslich sagte sogar der Stadtrat selber an der Ratssitzung, das Anliegen sei ihm «sehr sympathisch». Zudem hätten bereits erste Gespräche mit den Initiant:innen stattgefunden, und die zuständige Behörde habe mögliche Standorte geprüft und eine Liste erstellt. Ergebnisse dazu sollten im nahenden Sommer vorliegen. Gespräche zur genauen Nutzung seien aber noch nötig.
Heisst: Schaffhausen hat zwar mit einer Trägerinnenschaft einen guten Vorsprung. Sputet sich die Stadt aber nicht mit der Standortwahl, wird Zürich zuvorkommen.
In Schaffhausen war die zuständige Stadträtin Katrin Bernath (GLP) für eine Stellungnahme aufgrund der Sportferien nicht zu erreichen. So werden die Trägerinnen des Projekts «Pavillon nach Schaffhausen» sich noch bis im März gedulden müssen. Denn bis dann muss der Stadtrat eine kleine Anfrage der ehemaligen SP-Grossstadträtin Bea Will beantworten, welche unter anderem die Standortfrage des feministischen Projekts stellt.
