Die Stadt hat fünf Hauswirtschaftsangestellte in ein tieferes Lohnband degradiert. Ein kleines Lehrstück über Personalpolitik.
Reinigungskräfte haben einen anspruchsvollen Beruf. Doch dieser erhält nicht immer die Wertschätzung, die er verdient. Das unterstreicht eine Entscheidung des Personalamts der Stadt Schafhausen, von der die AZ erfahren hat: Es hat gerade einige wenige Reinigungskräfte innerhalb des städtischen Lohnsystems herabgestuft. Es ist eine kleine Episode, die Einblick in die Personalpolitik der Stadt gibt.
Vorladung zum Lohngespräch
Konkret geht es um das Hauswirtschaftspersonal, das in den Schaffhauser Kinder- und Jugendeinrichtungen arbeitet; zurzeit eine kleine Gruppe von sechs Frauen. Neben der Reinigung tragen sie in den Kitas, Horten und Heimen zusätzliche Verantwortung: Sie sind an Teamsitzungen dabei, haben Kontakt mit den Kindern und Eltern, wärmen Mahlzeiten auf, verpflegen die Kinder und springen teilweise als Stellvertretung ein, um zu kochen.
Doch das soll in Zukunft nicht mehr reichen für die bisherige Stellung der Hauswirtschaftsmitarbeiterinnen im Lohnsystem.
Gemäss Informationen der AZ wurden die Hauswirtschaftskräfte kürzlich vom Personaldienst vorgeladen. Es gehe um eine «administrative Änderung». Dabei handelte es sich um ein Lohngespräch. Die HR-Fachfrau unterbreitete den Betroffenen jeweils, dass man sie per 1. Mai vom Lohnband 3 ins 2 zurückstufen wolle.
Man versicherte ihnen, es ändere sich nichts für sie, das Gehalt bleibe dasselbe. Die Frauen wurden vor Ort gefragt, ob sie damit einverstanden wären – so, dass man ohne Änderungskündigung auskommen konnte.
Die Hauswirtschaftsangestellten arbeiten seit Jahren und Jahrzehnten für die Stadt. Wenn sich also nichts ändert für sie: Wieso dann diese ganze Übung?
Ein Verwaltungsfehler
Der Personalreferent Peter Neukomm weist die Fragen der AZ an den Personaldienst weiter. Leiterin Nicole Wehrli sagt, es sei so gut wie noch nie vorgekommen, dass man Mitarbeitende aufgrund ihrer Funktion zurückgestuft hat. Es handle sich hier um einen Fehler in der Vergangenheit: Die betroffenen Hauswirtschaftsangestellten seien über all die Jahre falsch eingestuft gewesen. Man sei davon ausgegangen, dass sie auch die Verpflegung managen und täglich für die zu betreuenden Kinder kochen. Deshalb seien sie im Lohnband 3 gewesen.
Korrekt im Lohnband 2 eingereiht war demnach bisweilen nur eine der Personen. Für die anderen fünf habe man mit der Besitzstandswahrung des Lohnes eine sozialverträgliche Lösung gefunden. Fast alle der Hauswirtschaftsmitarbeitenden hätten Verständnis für die Notwendigkeit der Anpassung gezeigt und gleich im Gespräch zugesagt.
Als Grund geben der Personaldienst als auch der Personalreferent die Gleichbehandlung und Fairness gegenüber allen Angestellten im Lohnsystem an.
Intransparentes Lohnsystem
Was in den Hauswirtschaftsmitarbeiterinnen vorging, als sie zusagten – das bleibt hier dahingestellt. Fakt ist jedenfalls: Für sie ändert sich durchaus etwas. Ihre Lohnentwicklung wird eingeschränkt, ihre Tätigkeit herabgestuft.
Überprüfen und vergleichen kann man nicht, wie der Personaldienst zu diesem Entscheid kam. Denn welche Tätigkeiten ein Lohnband verlangen soll, ist unter Verschluss. Sowieso ist das Lohnsystem intransparent. Die Stadt muss ihr Funktionsraster mit den zu den Lohnbändern gehörigen Berufen eigentlich öffentlich halten – doch das Dokument sei veraltet. Aktuell werde es überarbeitet und könne deshalb nicht herausgegeben werden, so die Auskunft.
Nella Marin, Gewerkschaftspräsidentin des VPOD, verurteilt das Vorgehen des Personaldienstes unter Personalreferent Peter Neukomm in diesem Fall aufs Schärfste. Nach so vielen Jahren zu sagen, die Mitarbeitenden «Hauswirtschaft und Reinigung» seien im falschen Lohnband und das aufgrund intransparenter und nie kommunizierter Kriterien, sei dreist. Die Gewerkschafterin leitete bis vor zweieinhalb Jahren die städtische Kita Rosengasse: «Ich habe 20 Jahre lang Leute angestellt und jetzt plötzlich wird verlangt, dass die Reinigungsangestellten, um in ihrem Lohnband zu sein, auch noch täglich einkaufen, Gemüse rüsten, kochen und das Essen ausgeben müssten. Das ist eine bodenlose Frechheit, ein ganzer Berufsstand wird degradiert», so Marin. «Die meisten Mitarbeitenden in der Reinigung leisten sehr viel zusätzliche Arbeit, man bedenke nur während der Pandemie. Da fragte niemand, ob sie der fadenscheinigen Interpretation des Lohnbandes 3 entsprechen. Diese Leute gehören nicht ins Lohnband 2, gar niemand gehört in diese Lohnklasse.»
Auch Micha Amstad, Gewerkschaftssekretär des VPOD, der in der Personalkomission der Stadt sitzt, kritisiert die städtische Personalpolitik: «Die Personalkomission müsste in solchen Angelegenheiten viel früher informiert und einbezogen werden und nicht erst, wenn bereits Massnahmen getroffen wurden und wir nicht mehr verhandeln können.»
Unattraktive Bedingungen
Die Abstufung einer kleinen Gruppe von Hauswirtschaftsmitarbeitenden reiht sich ein in verschiedene Personalentscheide, welche linke Parteien und Personalverbände kritisieren. So gewährt die Stadt auch anderen städtischen Reinigungskräften sehr unterschiedliche und nicht besonders attraktiveAnstellungsbedingungen. Die meisten von ihnen sind nach Obligationenrecht im Stundenlohn angestellt und nicht nach Personalgesetz. Damit stehen sie ausserhalb des Lohnsystems der Stadt und haben keine Chance auf eine individuelle Lohnerhöhung.
Vor einem Jahr forderte Angela Penkov (SP) im Stadtparlament den Stadtrat mit zwei Postulaten auf, zu überprüfen, wie die Arbeitsbedingungen dieser Gruppe verbessert werden können. Die Vorstösse scheiterten, auch am Widerstand des Stadtrats.
Die Stadt hat nun im vorliegenden Fall offenbar einen anderen Weg eingeschlagen: Um Fairness herzustellen, hat sie die wenigen
Hauswirtschafts- und Reinigungskräfte, die bisher ein wenig bessergestellt waren, nach unten nivelliert.
Kommentar: Echte Fairness, bitte
Nora Leutert über die unsensible Personalpolitik der Stadt.
Ich möchte Ihnen ein kurzes Szenario schildern: Stellen Sie sich vor, ein langjähriger Chefbeamter der Stadt Schaffhausen wird vom Personaldienst vorgeladen. Man sagt ihm, es gehe um eine «administrative Änderung». Im Gespräch wird dem Kadermann mitgeteilt, mit seiner Lohnentwicklung sehe es in den kommenden Jahren doch nicht ganz so rosig aus. Er mache einen super Job, aber es sei leider ein Fehler passiert: Er sei in Vergangenheit falsch eingestuft worden. Man müsse ihn leider nun nach vielen Jahren im Dienst der Stadt in ein tieferes Lohnband einstufen.
Können Sie sich vorstellen, dass man so mit einem städtischen Spitzenbeamten umspringen würde? Wohl kaum.
Beim Reinigungspersonal hingegen sieht es anders aus. Dort ist genau das geschehen: Der Personaldienst hat die sechs Frauen vorgeladen, die in den städtischen Kitas, Horten und Heimen für die Reinigung und Hauswirtschaft zuständig sind: Sie wurden vom Lohnband 3 ins 2 herabgesetzt. Man habe sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten falsch eingestuft, ohne, dass sie es wussten.
Dadurch wird die Tätigkeit der Frauen degradiert und ihre Lohnentwicklung eingeschränkt. Der grosse Unterschied zum Chefbeamten: Für eine Reinigungskraft mit einem Monatseinkommen von weniger als 4000 Franken ist es existenziell, ob sie in den kommenden Jahren hundert Franken mehr verdient oder nicht. Für sie wartet nicht schon das nächste lukrative Jobangebot um die Ecke. Was bleibt ihnen also bei einem solchen Lohngespräch viel anderes übrig, als sich zu fügen?
Dass der Personaldienst sie dabei auch noch für dumm verkaufen möchte und sagt, es ändere sich nichts für sie, weil ihr Lohn nicht gekürzt wird, ist dann wirklich dicke Post. Ich behaupte: Mit keiner anderen Klasse von Stadtpersonal würde sich die Personalabteilung das erlauben, was man bei dieser kleinen Gruppe von Frauen aus der untersten Lohnschicht gerade gemacht hat.
Die Stadt versteht sich als gute Arbeitgeberin. Mit dem Budget 2023 wurden tatsächlich gerade die Löhne aufgebessert: Der Stadt geht es finanziell prächtig und mit der Lohnentwicklung von 4,5 Prozent sende sie «ein positives Signal an ihr Personal», so kündete sie an. Damit will sie unter anderem die Teuerung ausgleichen. Und gleichzeitig stuft sie nun Angestellte im Lohnband zurück?
Das Personalamt und der Personalreferent Peter Neukomm sagen, es gehe bei der Rückstufung der Frauen aus der Hauswirtschaft um Gleichbehandlung und Fairness gegenüber den anderen Angestellten im Lohnsystem.
Doch hier muss ich nochmals zum Beispiel des Chefbeamten zurückkehren: Vor einigen Wochen schrieben wir über die lukrativen Nebenmandätchen des Werkdirektors von SH Power, die er zusätzlich zu seinem 100-Prozent-Job macht und mit denen er die städische Maximallohnbandposition sprengt. Damals legte der Personalreferent die Regeln grosszügig aus und sagte, es handle sich um ein «Job Enrichment», und dies sei im Interesse der Stadt.
Wenn also einer aus der oberen Lohnklasse ein klein wenig aus dem System ausreisst, ist es ok. Bei den Reinigungsangestellten aber legt man die Regeln penibel aus, obwohl es sich um einen Verwaltungsfehler handelte, und nennt es auch noch Fairness.
Wenn die Stadt wirklich eine gute Arbeitgeberin sein will, sollte sie nicht die untersten im System weiter nach unten nivellieren, sondern sich um echte Fairness bemühen.