Wo gibts die beste Erdbeere der Stadt? Ein Test.
Die Achse Vorstadt/Schwertstrasse hat einen neuen Namen verdient: Erdbeer-Meile. Man kann dieser Tage kaum 20 Meter gehen, ohne dass einen knallig-rote Fruchtzuckerbomben anflirten: Komm, nimm mich, vernasch mich!
Die Erdbeere, lateinisch fragaria, ein Rosengewächs, aus botanischer Sicht eine Sammelnussfrucht, hat Hochsaison. Wobei man von der Erdbeere eigentlich nicht sprechen kann. Die Gartenerdbeere, die Mitte des 18. Jahrhunderts entstand, gilt als Ausgangsart für rund 1000 verschiedene Sorten.
Ich möchte Sie aber eigentlich gar nicht mit Botanik langweilen, dieser Text soll eine Leitplanke sein bei Ihrem Stadteinkauf. Wo sollte man zuschlagen? Von welchem Stand sollte man lieber die Finger lassen?
Ein Erdbeertest ist tückisch. Das beginnt damit, dass Erdbeeren keine genormten Produkte sind, die man fair vergleichen könnte, und endet bei den persönlichen Vorlieben der Testerinnen und Tester.
Wir wollen es trotzdem wagen und hoffen, wir tun niemandem Unrecht. Fünf Chrättli haben wir eingekauft, beim Bioladen Viva Natura, bei Paul Bogos Gemüsestand und bei den drei Erdbeerständen von Schwaninger, Eichenberger und vom Nohlbuck. Da die Erdbeeren-Qualität volatiler ist als der Bitcoin-Markt, haben wir möglichst kurz vor Redaktionsschluss getestet, am Mittwochnachmittag. Zwei Mitglieder der Redaktion haben im Blindtest fünf möglichst charakteristisch ausgewählte Beeren probiert und sie nach den Kriterien Geruch, Geschmack und Konsistenz beurteilt. Es lebe der Konsumenten-Journalismus!
Die Eindrücke der beiden Redaktoren waren nicht ganz deckungsgleich, was vielleicht auch mit der Beerenauswahl zusammenhängt. Es haben sich aber auch so klare Trends abgezeichnet. Gleich vorweg: Die perfekte Erdbeere, die man im Notfall auch stehlen würde, haben wir an diesem Mittwochnachmittag nicht gegessen.
Der Bioladen Viva Natura ist bezüglich Erdbeeren die Hochpreisinsel, 7.95 Franken kostet hier das Körbchen. Eichenberger, Schwaninger und Nohlbuck haben sich auf einen Preis von 6.50 Franken geeinigt. (Wäre das Schaffhauser Erdbeerkartell nicht vielleicht ein Fall für die Wettbewerbskommission?) Gemüsehändler Paul Bogo gewinnt den Prix Courage für seinen Preis von 6.80 Franken, freche 30 Rappen teurer als das Gros der Konkurrenten.
Nun aber zu den Beeren.
Viva Natura: Dass der Preis nicht unbedingt ein guter Indikator ist, zeigen diese Erdbeeren. Das Körbchen vermag optisch vollends zu überzeugen, eher helle Beeren, mittlere Grösse, wohlgeformt. In der Nase aber sehr wenig bis gar kein Geruch. Die Geruchlosigkeit setzt sich im Mund fort: wenig süss, eher sauer, die Beeren scheinen noch nicht ganz ausgereift. Andererseits ein gäriger Stich. Verwirrend.
Nohl: Auch diese gemeinhin als Favorit gehandelte Erdbeere strauchelt. Nachdem die Beere in der Nase durch Geschmacklosigkeit eher enttäuscht, bekommt man im Mund den klassischen Erdbeergeschmack. Eher wässrig, aber auch sehr süss, jedoch fehlt die Säure fast gänzlich. Es zeigt sich, wie wichtig hier eine gute Balance ist. Optik, Biss und Konsistenz sind auch hier einwandfrei.
Schwaninger: Die Erdbeere aus Guntmadingen sieht auffallend natürlich aus, fast perfekte Form. Hier zeigt sich ein anderes Bild: Das Produkt überzeugt mit seinem klassischen Reifeduft eher in der Nase, die Konsistenz ist auch eher weich. Man erwartet ein Feuerwerk, doch im Mund ist die Erdbeere überraschend wenig intensiv.
Bogos Gemüse: Die grosse Überraschung. Aber ist das jetzt gut oder schlecht? Diese Erdbeere ist gänzlich kitschig. Perfekte Tropfenform, die Oberfläche lackartig wie aus dem 3D-Drucker. Die Beere riecht wie eine Zuckererdbeere aus dem Süssigkeitenladen. (Oder ist es umgekehrt?) Und auch im Mund eine gewaltige Süsse, die künstlich wirkt. Fast keine Säure. Ein Erlebnis auf alle Fälle, fast ein wenig unheimlich.
Eichenberger: Der Testsieger. Optisch und punkto Reifegrad sowieso einwandfrei (sieht sehr natürlich aus), besticht diese Erdbeere vor allem mit ihrem sehr guten Süsse-Säure-Verhältnis. In der Nase ein zarter Duft nach Walderdbeere. Hier würde man sich noch ein wenig mehr von allem wünschen – und bald käme man der perfekten Erdbeere ziemlich nah.
Wohl bekomms!