Ist Leutert der Richtige?

1. März 2021, AZ-Redaktion
Spitalratspräsident Rolf Leutert 2015 mit dem damaligen Spitaldirektor Hanspeter Meister und Gesundheitsdirektorin Ursula Hafner.
Spitalratspräsident Rolf Leutert 2015 mit dem damaligen Spitaldirektor Hanspeter Meister und Gesundheitsdirektorin Ursula Hafner.

Das Kantonsspital kämpft mit diversen ­Problemen. Hat Spitalratspräsident Rolf Leutert einen falschen Kurs eingeschlagen?

Von Mattias Greuter, Romina Loliva, Marlon Rusch und Jimmy Sauter

Es klang verheissungsvoll. Vergangene Woche gaben die Spitäler Schaffhausen bekannt, in der Herzmedizin zukünftig mit der Hirslanden-Gruppe zusammenzuarbeiten. Die Neuerung wurde als Coup vermarktet: «Wohnortsnah» könnten sich Patientinnen künftig am Herz behandeln lassen.

Was die Mitteilung verschweigt: Spätestens mit diesem Deal ist Hirslanden, die private Konkurrenz zur öffentlichen Medizin, im inneren Herz des Schaffhauser Kantonsspitals angekommen. Als «Katastrophe» bezeichnet eine Quelle mit genauen Kenntnissen des Umfeldes den Entscheid: Die Kollaboration stärkt vor allem die private Medizin. Zu Gunsten der Hirslanden wird eine bewährte Zusammenarbeit mit dem Zürcher Triemlispital und dem Unispital geopfert.

Der Herzmedizin-Deal ist nur eine der Entwicklungen, die in der näheren Vergangenheit für Kopfschütteln sorgten. Die AZ hat mit einem Dutzend Quellen gesprochen, die Einblick hatten in die Schaltzentrale des Spitals. Das Bild, das sich dabei ergeben hat, ist besorgniserregend.

Die Spitäler Schaffhausen verlieren wichtige Ärztinnen und Ärzte und damit Patienten und Einnahmen. Das Neubauprojekt verzögert sich und musste aus finanziellen Gründen redimensioniert werden.

Vor dem Hintergrund enormer Herausforderungen, so der Tenor, hat das Haus einen fragwürdigen Kurs eingeschlagen. Sucht man nach Gründen für die Probleme, landet man immer wieder bei einer Person: bei Rolf Leutert, dem Präsidenten des Spitalrats.

«Keine Strategie»
Im Herbst 2013 wurde Leutert in erster Linie als Spitalratspräsident gewählt, weil er «regional verwurzelt» war, man nahm in Kauf, dass er keine Erfahrung im Spitalwesen hatte. Seine Aufgaben waren schliesslich Strategie und Aufsicht, die Flughöhe war hoch und er verpflichtete sich, Weiterbildungen zu machen. Seither hat Leutert seine Macht jedoch sukzessive ausgebaut, sich auch in den Betrieb eingemischt und den Spitalneubau an die Hand genommen.

Der geplante Spitalneubau muss redimensioniert werden und hat sich verzögert.

Gut informierte Stimmen äussern erhebliche Zweifel an seinen Fähigkeiten und seiner Eignung für den wichtigsten Job im Schaffhauser Gesundheitswesen. «Für mich ist keine langfristige Strategie ersichtlich», sagt etwa GLP-Kantonsrätin Regula Widmer, die bis vor kurzem der Gesundheitskommission angehörte: «Ich mache mir grosse Sorgen um die Zukunft des Spitals.» Ein ehemaliges Mitglied des Spitalkaders wird noch deutlicher: «Ich spreche Leutert jegliche Kompetenz im Spital ab.»

Rolf Leutert war ursprünglich Maschineningenieur und machte 18 Jahre lang Karriere bei Georg Fischer. Er selbst sagt, er habe eine zielstrebige Karriere innerhalb der Unternehmung im In- und Ausland gemacht. Zuletzt in einer Konzernführungsfunktion. Er habe GF im Guten und aus eigenen Stücken verlassen. Hört man sich in GF-Kreisen um, zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Leutert sei in Missgunst gefallen und habe den Konzern verlassen müssen.

Nach zwei weiteren Stationen in der Industrie wurde er selbstständiger Berater: Seine Einmannfirma Xelion bietet gemäss Webseite die «Übernahme von Mandaten in Aufsichtsorganen» an. Leutert gilt als Mandatesammler: Was gut bezahlt ist, nimmt er an. Auf mangelnde Expertise im Gesundheitswesen angesprochen, antwortet er: «Ich bin natürlich ein Generalist.»

Fakt ist: Bis vor kurzem wurde das Spital von einem CEO geführt. Bis 2017 vom Biochemiker Hanspeter Meister, von 2018 bis 2019 vom Ökonomen Daniel Lüscher. Doch beide Spitaldirektoren kamen mit Leutert nicht klar. «Rolf Leutert ist der Grund, weshalb ich ein halbes Jahr vor meiner ordentlichen Pensionierung zurücktrat», bestätigt Hanspeter Meister: «Er stützte mich als operativen Chef zu wenig, hielt sich oft nicht an den Dienstweg und hat die Spitalleitung wenig wertgeschätzt.» Auch Meisters Nachfolger Daniel Lüscher hatte grosse Mühe mit Leuterts Führungsstil.

Leutert widerspricht: Ihm gegenüber sei nie kommuniziert worden, dass die CEOs unzufrieden seien, «die Zusammenarbeit war über mehrere Jahre gut und konstruktiv». Im Spitalumfeld weiss man aber: Es gab intensive Auseinandersetzungen zwischen Meister und Leutert, und dieser habe später diktieren wollen, wie Lüscher die Spitäler zu führen habe. Lüscher ging viel früher als geplant – und er ging ausgerechnet zu Hirslanden.

Das «Trojka-Experiment»
Als kurz nach Hanspeter Meister auch Daniel Lüscher kündigte, wurde kein neuer CEO gesucht. Rolf Leutert und der Spitalrat setzten per 1. Januar 2020 eine dreiköpfige Leitung aus langjährigen Kadermännern ein:
Markus Eberhard, Leiter der Gynäkologie und Medizinischer Direktor, ist ein Chefarzt alter Schule.
Jürg Rahm, der Spitalfinanzer, der den Betrieb wie kaum ein Zweiter kennt.
Und Arend Wilphsaar, der als Leiter der Spitaldirektion zwar der Primus inter Pares ist, aber nicht gerade als Alphatier gilt.

Diese Dreierspitze ist ein absolutes Unikum in der Schweizer Spitallandschaft und sie stösst auf Unverständnis. Die Gesundheitskommission des Kantonsrats wurde nicht vorinformiert über die neue Spitze und fühlte sich vor den Kopf gestossen. Der Tenor war eigentlich klar: Ein Spital braucht einen CEO. Kantonsrätin Regula Widmer fasste gegenüber den SN zusammen: «Ich glaube nicht, dass alle anderen Spitäler in ihrer Einschätzung falsch liegen.» Auch die Tageszeitung selbst kritisierte das «Trojka-Experiment» in einem Leitartikel.

Die drei Männer vereinen zwar grosse Erfahrung auf sich, aber eine ganze Reihe von Gesprächspartnerinnen der AZ sieht ein erhebliches Problem in der Entscheidungsfindung: Alle drei Männer haben mit ihren Ressorts genug Arbeit, und ein Einzelner kann keine Entscheide fällen. So entsteht viel Raum für den Einfluss von Rolf Leutert. Vielleicht war das sogar die Idee. Ein Insider ist überzeugt, Leutert habe das Triumvirat nach dem Prinzip «Teile und herrsche» geschaffen: weniger klare Kompetenzen, mehr Macht für ihn, den Chef der Chefs.

Den Eindruck, er mische sich ins operative Geschäft ein, bestätigt Leutert im Gespräch mit der AZ selber: Der Spitalrat generiere keine Geschäfte, aber Ideen: Man bringe sich mit kritischen Rückfragen und Überprüfungsaufträgen ein.

Auch in den Schaffhauser Nachrichten machte er klar, dass er sich in operativen Belangen ins Spiel bringen werde: «Ja, es wird einen intensiveren Austausch zu komplexen Fragestellungen geben, gerade an der Schnittstelle von Medizin und Ökonomie.» Dennoch sagt er gegenüber der AZ: «Ich bin ein starker Vertreter der Trennung zum operativen Geschäft.»

Eine Episode, die Leuterts Wirken im Operativen illustriert, wird oft erzählt: Die Spitalleitung erwog, einen Da-Vinci-Operationsroboter zu kaufen. Eine solche Anschaffung ist rein buchhalterisch ein Verlustgeschäft, doch ohne das Hightech-Gerät würden Hausärztinnen ihre Patienten an andere Spitäler verweisen, es würden diverse Einnahmen wegfallen, etwa für Röntgen und Labor. Rolf Leutert jedoch soll den Kauf verhindert haben. Einer, der nahe dabei war, sagt: «Leutert kann nur eins und eins zusammenzählen. Er versteht die Zusammenhänge nicht.» Heute wird der Roboter punktuell gemietet und steht nicht für alle Disziplinen zur Verfügung, sondern nur für die Urologie – ein strategischer Fehler.

Ein teurer Fehlentscheid
Die Position der Spitäler Schaffhausen hat sich im Jahr 2020 verschlechtert, unabhängig von der Pandemie. Und die Konkurrenz ist auf dem Vormarsch.
Dabei hätte das vielleicht verhindert werden können.

Als die Hirslanden-Gruppe 2019 die Klinik Belair verkaufte, schien es, als sei die private Medizin eher auf dem Rückzug. Die Spitäler Schaffhausen erhielten ein Angebot, die Klinik zu kaufen – und gemäss AZ-Recherchen votierte die Spitalleitung unter Daniel Lüscher dafür. Rolf Leutert aber war dagegen. Er betont heute, der Kauf des Hauses Belair wäre politisch schwierig gewesen, und man hätte keine Verwendung für das Haus gehabt. Er sagt aber auch: «Im Prinzip bin ich froh, dass es auf dem Platz Schaffhausen noch eine gewisse Konkurrenz gibt.» Es ist eine merkwürdige Aussage.

Schliesslich verzichteten die Spitäler Schaffhausen. «Das war aus meiner Sicht eine Fehlentscheidung, welche die Prämienzahler Hunderttausende von Franken kosten wird», ist Kantonsrätin Regula Widmer überzeugt. Denn stattdessen kaufte das Private Swiss Medical Network die Klinik auf der Breite – gemäss Medinside.ch für 14 Millionen Franken. Inzwischen ist bekannt: Das Haus wird massiv vergrössert und das Angebot erweitert (vgl. AZ vom 11. Februar 2020). Bereits nach kurzer Zeit ist die private Medizin wieder auf dem Vormarsch.

Das Belair ist aber nicht nur punkto Patientinnen eine Konkurrenz – sondern auch im Bezug auf hochkarätige Mitarbeiter. Im Konkurrenzkampf hat das Kantonsspital jüngst einen wichtigen Trumpf an das Belair verloren: Adrienne Imhof. Die Chefärztin und in Fachkreisen hoch gelobte Viszeralchirurgin verliess das Kantonsspital, nachdem klar war, dass sie die Hoffnung auf die angestrebte Medizinische Leitung begraben musste: Markus Eberhard gibt den Posten nicht ab, obwohl er dieses Jahr 65 wird. Leutert sagt: «Viele würden gerne Karriere machen. Wir sind sehr froh, dass Herr Eberhard uns noch etwa zwei Jahre lang erhalten bleibt.»

Im Kantonsspital gab es jüngst einen Aderlass an Spitzenärzten.

Der Entscheid wird als kurzsichtig kritisiert: Er sei Ausdruck von Leuterts paternatlistischem, antiquiertem Führungsstil, erzählen Quellen der AZ. Mit Daniel Lüscher hätten sich viele eine Erneuerung erhofft. Mit der Dreierleitung sei man zurück auf Feld eins. Das Kantonsspital verpasste die Chance, einen Schritt in die Zukunft zu machen, damit Eberhard noch etwas bleiben kann. Das wiederum dürfte die Macht von Rolf Leutert stärken.

Die Konkurrenz im eigenen Haus
Der Abgang von Imhof wird die Spitäler Schaffhausen teuer zu stehen kommen, selbst wenn ein Ersatz gefunden wird: Ärztinnen werden Patienten weiterhin Imhof zuweisen, und das Geld für lukrative Operationen fliesst zum Swiss Medical Network anstatt zu den Spitälern Schaffhausen. Der Verlust folgt nur kurz nach dem Abschied von Konstantinos Loukidis: Der ehemalige leitende Internist und Hämatologe wechselte ebenfalls zum Belair.

«Es ist leider so, dass wir einige leitende Ärzte und auch eine Chefärztin verloren haben – das tut natürlich weh», sagt Leutert. Er erklärt die Konkurrenzsituation: «Das Belair macht natürlich super Angebote, sowohl was das Salär angeht als auch in Sachen Arbeitsbedingungen. Wir als öffentliches Spital können halt keine 9-to-5-Jobs bieten.» Leutert betont den 24-Stunden-Service des Kantonsspitals, weist auf miteinander vernetzte Fachdisziplinen und Diagnostikmöglichkeiten hin, die das Kantonsspital bieten könne, und sagt mehrmals: «Die Privaten haben auch keinen Notfalldienst. Das sind unsere Vorteile.»

In der AZ kündigte das Belair vor zwei Wochen jedoch die Eröffnung eines Notfalldienstes an: Künftig werde zudem Tag und Nacht ein Arzt im Haus sein. Ein Schritt, der offensichtlich dazu dient, möglichst viele Patientinnen und Patienten vom Kantonsspital abzuwerben.

Wie will Leutert Einnahmen kompensieren, die mit den Abgängen wegfallen? «Eine schwierige Frage», sagt Leutert. «Das Kantonsspital ist gut aufgestellt und hat kompetente Fachpersonen, das müssen wir bekannt machen.»

Während die eine Konkurrenz – das Belair – ausbaut und hochqualifiziertes Personal abwirbt, hat sich die andere Konkurrenz – Hirslanden – mit Kooperationen in der Herzmedizin und in der Urologie direkt im Kantonsspital verankern können. Fragt man Leutert, in welchen Bereichen die Spitäler Schaffhausen Geld verdienen können, nennt er zuerst Kardiologie, Urologie und Orthopädie: exakt die Disziplinen, in denen mit Privaten Kooperationen geschlossen wurden.

Doch wieso konnte sich die Hirslanden derart im Kantonsspital einnisten?

Zwei Personalien machen stutzig: Dominik Utiger, der seit zwei Jahren dem Spitalrat angehört, führte zuvor während zwölf Jahren als CEO eine Hirslanden-Klinik in Luzern. Er hat schon öffentlich geäussert, dass ihm der Wettbewerb unter den Spitälern nicht weit genug gehe und die Privatspitäler benachteiligt seien. In der Mitteilung zum Herzmedizin-Deal kam ausserdem Stephan Pahls als Mitglied der Hirslanden-Konzernleitung zu Wort: Er war 2014 zusammen mit Leutert in den Schaffhauser Spitalrat gewählt worden. Pahls musste später – er hatte einen Job bei Hirslanden angenommen – gegen seinen Willen wegen dieses möglichen Interessenkonfliktes zurücktreten.

Die Kardiologie-Zusammenarbeit bringt die beiden Männer nun wieder zusammen, Leutert ermöglicht Pahls und der Hirslanden-Gruppe direkten Einfluss innerhalb der Spitalmauern. Rolf Leutert weist eine Seilschaft von sich: Die Partnerschaft mit Hirslanden sei nicht von ihm oder dem Spitalrat eingefädelt, sondern von der dreiköpfigen Leitung vorgeschlagen worden.

Klar ist: Die private Medizin und ihre Fürsprecher haben ein Interesse daran, die Spitäler Schaffhausen zu schwächen. Der Plan scheint aufzugehen: Das Kantonsspital verliert Kaderpersonal an die private Konkurrenz, was das Haus für Ärzte wie Patientinnen weniger attraktiv macht. Die Konkurrenz baut aus und gewinnt an Boden, die Spitäler Schaffhausen schreiben weniger Umsatz und weniger Gewinn.

Weiter an Attraktivität verlieren die Spitäler, wenn sich der Neubau verzögert und verkleinert wird – was unter Rolf Leutert fortlaufend passiert.

Mit der Peitsche
Die CEOs Hanspeter Meister und Daniel Lüscher hinterliessen mit dem Spitalneubau das grösste öffentliche Bauprojekt der Schaffhauser Geschichte. Seit die Liegenschaften vor fast genau fünf Jahren per Volksabstimmung vom Kanton an die Spitäler Schaffhausen überschrieben wurden, sind diese selber für den Bau ihres neuen Zuhauses verantwortlich.

Für die ehemaligen Spitaldirektoren Meister und Lüscher gehörte die Leitung des Bauprojekts zum ständigen Pflichtenheft und nahm laut Meister rund einen Drittel seiner Zeit in Anspruch. Jetzt, ohne CEO, hat Leutert die Fäden in der Hand, er ist Präsident der Baukommission.
Als Lüscher ging, galt es, das Vorprojekt «baureif» zu machen. Ein Zeitplan aus dem Jahr 2019 sah vor, dass im April 2020 eine Baueingabe gemacht werde und noch Ende 2020 eine Baubewilligung vorliege. Nun ist das Projekt im Verzug. Auf der Webseite der Spitäler steht weiterhin, dass bis Ende 2020 zumindest die Baueingabe erfolgt sein soll. Dies sei nun als nächster «Meilenstein» bis im Sommer 2021 geplant, sagt Rolf Leutert gegenüber der AZ. Die Qualität habe höchste Priorität, «der Zeitplan wird nicht auf Teufel komm raus durchgezogen». Als Gründe für die Verzögerung nennt er «laufend neue gesetzliche Rahmenbedingungen» und die Überarbeitung des Vorprojektes. Man rechnet heute nicht mehr damit, den Neubau 2024 zu beziehen – sondern 2026.

Die Verzögerungen dürften auch damit zusammenhängen, dass das Projekt plötzlich weniger kosten soll als ursprünglich geplant: Aus 300 Millionen Franken waren längst 270 geworden. Dann verkündete Leutert im April 2020: Weil der Kantonsrat die Lohnsumme des kantonalen Personals vergrössert habe, müssten noch einmal 30 Millionen Franken beim Neubau eingespart werden. Ein Affront für die Belegschaft und Wasser auf die Mühlen der Freunde der privaten Medizin.

Es sei eine grosse Herausforderung gewesen, das Projekt von 300 Millionen zuerst auf 270 und dann auf 240 Millionen Franken zu bringen, sagt Leutert. «Redimensioniert» habe man nicht, sondern «optimiert», aber dafür seien «Konzessionen» notwendig gewesen. Eines von drei Untergeschossen verschwand aus den Plänen.

Seine Rolle, so Leutert, sei im Jahr 2020 durchaus intensiv gewesen: «Es braucht einen, der auch mal mit der Geissel chlöpft und die Leute herausfordern kann.»

Ist der Spitalrat kompetent genug?
Rolf Leutert steht dem Gremium vor, das die Spitäler Schaffhausen auf strategischer Ebene führt: dem Spitalrat. Kürzlich wurden die Mitglieder für die neue Amtszeit 2021 bis 2024 bestätigt. Es sind: Rolf Leutert als Präsident, weiter Barbara Bürgi Wegmann, Marion Thalmann und Dominik Utiger. Regierungsrat Walter Vogelsanger gehört dem Spitalrat von Amtes wegen an.
Die Mitglieder des Spitalrats werden von der Kantonsregierung gewählt, die dabei der Empfehlung der Gesundheitskommission folgt. Fragt man jedoch die Mitglieder der Kommission, ist eine kritische Betrachtung der zu Wählenden offenbar nicht erwünscht.
Ohne dass das Geschäft auch nur traktandiert war, sollte die Kommission dieses Jahr ad hoc die bisherigen Mitglieder der Regierung zur Wiederwahl vorschlagen, berichtet SVP-Kantonsrätin Corinne Ullmann. Sie gehörte wie GLP-Vertreterin Regula Widmer einer Minderheit an, die Lebensläufe und Leistungsausweise der Spitalratsmitglieder sehen wollte – zumal viele Kommissionsmitglieder eher neu dabei waren und zum ersten Mal über die Besetzung des Spitalrates befanden. Die Mehrheit der Kommission sowie Rolf Leutert und Walter Vogelsanger hielten die Lektüre von Lebensläufen aber für unnötig, zumal es sich um bisherige Mitglieder handle.
Im Oktober 2020 beschloss der Kantonsrat zudem, den Spitalrat von fünf auf bis zu sieben Mitglieder zu vergrössern. Der Hintergrund: Die Gesundheitskommission hatte im Sommer gefordert, es müsste ein zusätzliches Mitglied gefunden werden, welches das Fachwissen der Kommission in Ökonomie und Spitalwesen verstärke. Noch gibt es keinen Vorschlag, wer das sein könnte.

Ausserdem werde kein Generalunternehmer verpflichtet, der den Bau koordiniere, die Spitäler würden selbst als Bauherrin Aufträge an Baumeister, Gipser und Sanitäre ausschreiben und vergeben. Das sei zwar ein erheblicher Mehraufwand, der aber Einsparungen von zwei bis drei Millionen Franken ermögliche.

Leuterts Ausführungen zum Bauprojekt sollen darlegen: Alles läuft gut. Kantonsrätin Corinne Ullmann, die für die SVP in der Gesundheitskommission sitzt, widerspricht. «Ich habe den Eindruck, das Projekt stockt.» Das Gleiche sagt GLP-Vertreterin Regula Widmer.

Rolf Leutert hat zwar einen Gesamtprojektleiter eingesetzt, doch es wird mehr als deutlich, dass er selbst die Neubauplanung führt. Das sorgt für Kritik, nicht nur, weil Leutert keine Erfahrung im Bauwesen vorweisen kann. «Alles ist bei ihm konzentriert», moniert Corinne Ullmann, diese Ballung sei ein Risiko. Und: «Ich weiss nicht, ob er das stemmen kann.»
Die Gesundheitskommission musste Leutert auffordern, Fachleute in die Baukommission aufzunehmen.

«Herausfordernde Zeiten»
Damit der Neubau gelingt, brauchen die Spitäler Schaffhausen gute wirtschaftliche Ergebnisse. Und dafür müssen sie sich im hart umkämpften Markt gegen die private Konkurrenz behaupten – was immer schwieriger wird, wie die Investitionsbereitschaft beim Belair und die Wechsel von prominenten Fachkräften zeigen.

Ist Rolf Leutert diesen enormen Herausforderungen gewachsen?

Nicht alle Mitglieder der Gesundheitskommission gaben ihm ihre Stimme, als er im November zur Wiederwahl vorgeschlagen wurde. Leutert selbst sagt: «Wäre ich nicht fähig, wäre ich nicht gewählt worden.» Er mache den Job gern und das Spital sei gut aufgestellt: «Ich denke, ich kann noch Einiges erreichen in den nächsten vier Jahren. Aber uns stehen herausfordernde Zeiten bevor.»

Die grösste Herausforderung stellt die private Konkurrenz dar. Und ihr hat Spitalratspräsident Rolf Leutert mit dem Herzmedizin-Deal gerade Tür und Tor geöffnet.

Dieser Text wurde finanziert vom AZ-­Recherchefonds «Verein zur Demontage im Kaff». Der Fonds fördert kritischen, unabhängigen Lokaljournalismus in der Region Schaffhausen, insbesondere investigative Recherchen der Schaffhauser AZ. Sie möchten spenden? Wir würden uns freuen! CH14 0839 0036 8361 1000 0