Der neue Mr. Rheinfall hat sich letztes Jahr einen Fauxpas geleistet: Wie Thomas Mändli über die «Rhyfall Express AG» eine Arbeitsbescheinigung fälschte. Eine Pandemie-Posse.
Jeder macht mal einen Fehler. Das gilt auch für den neuen Chef vom Rheinfall: Thomas Mändli, mit seinem Schifffahrtsunternehmen auch als «Rhyfall-Mändli» bekannt.
Seit Jahren ist Mändli alleiniger Bootsherr am Rheinfallbecken und entscheidet über dessen Geschicke mit. Nun hat er das Zepter ganz übernommen. Von den vier Geschäftsfreunden, denen der Kanton Schaffhausen 2014 die Pacht am Rheinfall anvertraute, bleibt nur noch einer übrig: Nachdem bereits Daniel Ciapponi vom Schlössli Wörth und André Müller vom Müllerbeck aus dem Team ausgeschieden waren, hat sich Anfangs dieses Jahres auch noch die Reasco AG aus der eigens gegründeten Pächterfirma Rheinfallbetriebs AG verabschiedet (die AZ berichtete). So herrscht Thomas Mändli nun einsam über das Gebiet, dessen Eigentümerin der Kanton Schaffhausen ist: Also über die Schifffahrt, die Gastronomie und den touristischen Betrieb am Rheinfall.
Damit trägt der Schaffhauser Unternehmer viel Verantwortung. Nicht nur hält er ein faktisches Monopol, er ist auch Vertragspartner des Kantons und ein wichtiger und bekannter Arbeitgeber in der Region. Und als solcher hat er im vergangenen Frühling einen Fauxpas begangen.
Am 3. April 2020 hat Thomas Mändli eine Arbeitsbescheinigung gefälscht. Dies geht aus einem Strafbefehl hervor, den die AZ eingesehen hat. Ein kleiner Ausrutscher nur? Oder die Geste eines Unternehmers, der in seinem kleinen Königreich schaltet und waltet, wie er will?
Der Liebe wegen?
Was Mändlis Vergehen vor allem zu sein scheint: eine grossmütige Tat für die Liebe in Zeiten der Pandemie. Denn: Mit der inhaltlich verfälschten Arbeitsbescheinigung, ausgestellt über die Rhyfall-Express AG, das Rheinfall-Zügli-Unternehmen, wollte Thomas Mändli einem Freund aus Deutschland während der Grenzschliessung im Frühling helfen, in die Schweiz einzureisen. Laut dem rechtskräftigen Strafbefehl tat Mändli dies, damit sein deutscher Bekannter seine Lebenspartnerin in der Schweiz besuchen konnte. Die Straftat spielte sich in der Zeit ab, als Paare wegen der Grenzschliessung separiert waren. Als viele von ihnen mit Fotos und anderen Nachweisen versuchten, ihre Beziehung zu beweisen und die Zollbeamten zu erweichen.
Verstiess der Schaffhauser Unternehmer also für die Liebe gegen das Gesetz? Die AZ hat bei Thomas Mändli nachgefragt.
Nein, sagt dieser am Telefon, nicht für die Liebe. Viel eher sei das Ganze eine Häufung unglücklicher Zufälle gewesen, so der Bootsherr mit verzagter Stimme. Seine Erklärung: Er habe seinen Berufskollegen aus Deutschland, den er schon seit Jahren aus dem Touristik- und Freizeitwesen kennt, aus rein beruflichen Gründen in die Schweiz holen wollen.
Denn der Bekannte habe Plexiglas-Vorkehrungen ertüftelt, von denen Mändli unbedingt mehr erfahren wollte. Er habe gehofft, die Erfindung des Freundes seien auch für die Rhyfallzügli als Corona-Schutz anwendbar. «Ich habe ihm die Arbeitsbescheinigung ausgestellt, damit er uns beraten kann», rechtfertigt sich Mändli. Es sei nicht in seinem Sinn gewesen, dass der Bekannte die Arbeitsbescheinigung nutze, um seine Freundin besuchen zu können. Dafür habe jener nämlich bereits einen Partnerschaftsnachweis parat gehabt. Es sei nur dumm gelaufen, dass er beim Grenzübertritt an jenem Samstag im April eben beide Papiere im Auto dabei hatte.
Was sagt Mändlis Berufskollege aus Deutschland dazu? Er bestätigt die Geschichte am Telefon. Die Idee sei tatsächlich gewesen, sich mal zu einem beruflichen Gedankenaustausch zu treffen, erzählt der Touristik-Unternehmer in seiner gmögigen Art.
Gleichzeitig habe er seine Partnerin in der Schweiz besuchen wollen. Beim Grenzübertritt an jenem Samstag im April hatte er auf gut Glück eine Krankenbescheinigung der Frau dabei. Er hoffte, wegen ihrem anstehenden Spitalbesuch einreisen zu dürfen.
Am Zoll habe er dann zudem aber den gefälschten Arbeitsausweis gezeigt. Doppelt hält besser, dachte sich der deutsche Geschäftsmann. Damit brockte er sich einiges ein: Am Zoll stellte man fest, dass er nicht als Mitarbeiter bei der Rhyfall-Express AG registriert war. Für den deutschen Staatsbürger zog das Leibesvisitation und mehrere Stunden der Einvernahme beim Zoll und auf dem Schaffhauser Polizeiposten nach sich. «Ich war in der DDR und im früheren Jugoslawien – aber so etwas habe ich noch nie erlebt wie an der Schweizer Grenze», sagt der deutsche Touristik-Unternehmer über sein unangenehmes Erlebnis.
Fleck im Heft
Was auch immer Thomas Mändli und sein deutscher Geschäftsfreund sich dabei gedacht haben mögen: Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft jedenfalls schloss aus ihren Einvernahmen, dass Thomas Mändli dem deutschen Kollegen «lediglich das Fortkommen erleichtern wollte, sodass dieser trotz der zu jenem Zeitpunkt bestehenden Einreisebeschränkungen aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus dessen in der Schweiz wohnhafte Partnerin besuchen kann».
«Ich habe ihm die Arbeitsbescheinigung ausgestellt, damit er uns beraten kann.»
Thomas Mändli
Absicht hin oder her, Thomas Mändli bestreitet nicht: Es war ein Fehler, dem Bekannten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Rhyfall-Express AG zu bescheinigen. «Ich bereue das sehr, es war kopflos von mir», sagt Thomas Mändli heute. «Das ist der eine schwarze Fleck in meinem Heft.»
Er zog die Konsequenzen aus seinem Fehler und nahm den Strafbefehl und die damit einhergehende Busse und die bedingte Geldstrafe an.
Interessant nur: Laut Strafbefehl glaubte die Schaffhauser Staatsanwaltschaft, Thomas Mändli sei der Geschäftsinhaber der Rhyfall-Express AG, sie bezeichnet ihn als solchen. Das stimmt aber nicht. Die Familie Mändli veräusserte ihre Aktien vor Jahren an Hanspeter Weder (auch Investor der Rhyality-Halle am Rheinfall). Thomas Mändli war im April längst nicht mehr in die Geschäftsführung der Rheinfall-Zügli involviert. Dennoch stellte er diese inhaltsverfälschten Papiere über die Firma aus.
Der wirkliche Geschäftsführer Hanspeter Weder erfuhr erst im Nachhinein von Mändlis Regelverstoss. Er ist Thomas Mändli aber nicht böse deswegen, im Gegenteil. Mändli habe der Rhyfall-Express AG nur einen Gefallen machen wollen, wenn auch offensichtlich mit den falschen Mitteln. Man kenne sich am Rheinfall und helfe einander.
Und was meint Thomas Mändli zu diesem Eingriff in fremde Papiere? Die Rhyfall-Express AG sei für ihn wie sein Kind, sein Herzensprojekt, bringt er voller Reue vor. Er habe sich davon nur schwer lösen können. Die Lehre, die er daraus zog: Nicht um jeden Preis helfen zu wollen.
War die Episode des neuen Chefs vom Rheinfall also ein kleiner Ausrutscher in den wirren Zeiten der Pandemie? Bestimmt. Aber offensichtlich der Ausrutscher eines Mannes, der gewohnt ist, auf eigene Faust Entscheidungen zu treffen.