Metins Comeback

6. Dezember 2020, Marlon Rusch
Metin Demiral während einer Jam-Session Mitte der 80er-Jahre
Metin Demiral während einer Jam-Session Mitte der 80er-Jahre

30 Jahre nach dem Aus von «Café Türk» gerät ein illegales Tape in die Hände eines Label-Chefs in London. Eine wundersame Zeitreise beginnt.

Am Sonntag, den 15. März 2020, steigt ein 62-jähriger Mann mit breitem Kiefer und schwungvollen Brauen in Schaffhausen in seinen Wagen. Er braust 400 Kilometer über die A81 in den Norden. Sein Ziel ist Fulda, unweit von Frankfurt, und der Mann hat es eilig. Um Mitternacht macht die Schweiz die Grenzen dicht, dann muss er zurück sein und der Kofferraum voll. Denn die Fracht wird er in den kommenden Monaten brauchen: ein TAC Matchless 26 aus dem Hause Amek. Mitte der 80er-Jahre war das Ungetüm mit hunderten Knöpfen und Reglern das Flaggschiff unter den Tonmischpulten. Das zweite wichtige Utensil für seine Mission findet der Mann in der Küche seiner betagten Mutter: einen elektrischen Dörrapparat.

Metin Demirals Leben nahm eine abrupte Wendung, als er eines Tages im Sommer 2019 seinen Maileingang checkte. Da war eine Nachricht einer Frau aus London. Sie schrieb, sie arbeite bei Zel Zele, einem Musiklabel. Sie erzählte von einem Freund, einem DJ und Vinyl-Freak aus Instanbul, der ihr ein Bootleg-­Tape einer Schaffhauser Band vorgespielt habe. Ganz heisser Stoff sei das. Café Türk heisse die Band und das Label würde wahnsinnig gerne einen Song der Schaffhauser auf die nächste Compilation packen. Die Frau fragte Metin Demiral, ob sie bei ihm an der richtigen Adresse sei, und Demiral schrieb zurück, er wisse zwar nichts von diesem Tape, aber ja, er sei wohl der gesuchte Mann, und Café Türk sei seine Band gewesen; doch das sei alles ziemlich lange her.

An diesem Tag im Sommer 2019 stieg Demiral in eine Zeitmaschine.

Dass seine Musik über ein illegales Tape seit vielen Jahren ohne sein Wissen im türkischen Musikuntergrund kursiert, sollte sich für Metin Demiral als glückliche Fügung erweisen. Doch der Umstand entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Denn vielleicht hätte sich die gefeierte Schaffhauser World-Music-Band Café Türk 1990 gar nicht auf ihrem Zenit aufgelöst, hätte es damals geklappt, in der Türkei Fuss zu fassen.

Haydi Yallah – die Reise beginnt
An einem Sommertag im Jahr 1983 stieg ein 25-jähriger Mann mit Schnauz und lockigem Vokuhila in Zürich in ein Flugzeug, das ihn nach Istanbul brachte. Im Gepäck hatte Metin Demiral «Haydi Yallah», einen Song, den er zusammen mit seinem musikalischen Seelenverwandten Stefan Bittlinger im Kellerstudio seines Elternhauses in Ramsen eingespielt hatte.

Es war die Zeit, als Hip-Hop zum ersten Mal aufzüngelte, Run DMC hatte gerade «Sucker M.C.’s» veröffentlicht, ein paar Jahre zuvor war «Rapper’s Delight» der Sugarhill Gang bis nach Deutschland übergeschwappt. Also spielten die beiden Multiinstrumentalisten einen Discobeat ein und Metin rappte darüber eine absurde Geschichte.

Der Protagonist von «Haydi Yallah» ist Evliyâ Çelebi, ein Schriftsteller, der im 17. Jahrhundert eine epische Reise durch das Osmanische Reich unternommen hatte, er war quasi der türkische Herodot. Doch Metin holt Çelebi in die Gegenwart und lässt ihn mit einem Esel durch Europa reisen, um in einem Nachtclub in Deutschland Party zu machen. Dort wird der Reisende mit einem Arschtritt rausgeworfen. «Haydi Yallah» sollte eine versteckte Referenz auf den Strom der türkischen Arbeiter-Migranten ins Deutschland der 60er-Jahre sein – und bis heute der grösste Hit von Café Türk bleiben, einer Band, die es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab.

Jahrzehnte später, Metin Demiral betrieb schon lange den Musikclub Orient in der Stadthausgasse, spielte Kool Savas, einer der einflussreichsten Rapper Deutschlands, dort ein Konzert. Als man dem Sohn türkischer Einwanderer erzählte, dass der Chef des Ladens den ersten türkischen Rap-Track überhaupt gemacht habe, sagte Kool Savas anerkennend, seine Eltern hätten früher selber Café Türk gehört.

1983 kommt Metin Demiral also mit «Haydi Yallah» im Gepäck in Istanbul an und will den Song vermarkten. Dort sagt man ihm, wenn er in der Türkei Erfolg haben wolle, müsse er die Vocals in seinen Aufnahmen stärker betonen. Also steuert Metin ein Tonstudio an, um den Gesangspart für ein Overdub nochmals einzusingen. Im ikonischen Marsandiz-Studio trifft er einen Musikjournalisten, der begeistert ist von «Haydi Yallah» und seine Fantasie durchbrennen lässt. Er macht Demiral selber zum Reisenden, der zu Fuss von der Schweiz bis nach Istanbul gepilgert sei, um seine Musik zu promoten. «Diese Füsse haben 2500 Kilometer hinter sich», lautete die Schlagzeile, Demiral strahlt mit Rucksack und Türkenfahne in die Kamera. Andere Medien nehmen die Geschichte auf. Doch es nützt alles nichts.

Der Artikel im Hürriyet-Musikmagazin Gong.

Wenige Jahre zuvor hat sich das Militär in der Türkei an die Macht geputscht und eine strikte Zensur eingerichtet. Die Radiostationen dürfen keine türkische Musik spielen, die von westlichen Einflüssen «degeneriert» ist. Desillusioniert fliegt Metin Demiral zurück in die Schweiz. Noch ahnt er nicht, dass er bald zur «besten türkischen Nachwuchsband Europas» gekürt werden und mit einer zehnköpfigen Formation die Bundesrepublik Deutschland durchschütteln sollte.

Aksak – die Lehre der hinkenden Rhythmen
Kars ist eine Provinzstadt in der Nordosttürkei, nahe an der Grenze zu Armenien. Hier lebte Metin Demirals Grossvater, ein türkischer Müller und Techniker mit Wurzeln in Aserbaidschan. Der Grossvater wollte, dass sein Sohn Arzt wird, und schickte ihn zuerst nach Istanbul und in den 50er-Jahren für weiterführende Studien nach Zürich. Dort lernte der Sohn eine Schweizer Krankenschwester kennen. Die beiden heirateten und zogen dann zusammen in die Türkei.

1958 bekamen sie einen Sohn, der sich schon von Kindesbeinen an nur für Musik interessierte. Die Eltern brachten Instrumente von ihren Reisen nach Hause, Trompeten, Trommeln, Akkordeon. Bald hatte der kleine Metin selbst eine Gitarre elektrifiziert. Er saugte alles auf: Da war die traditionelle anatolische Musik, da war Azeri, die Musik aus Aserbaidschan, die über sowjetische Radiostationen empfangen werden konnte, doch bald lief bei Metin auch «Oye Como Va» von Santana und Deep Purples «Black Night».

Als der Junge 15 wird, entscheidet die Familie, sich in der Schweiz niederzulassen. Demirals ziehen in ein Haus mit Garten hinter der Post in Ramsen. Metin spricht Schweizerdeutsch und nach wenigen Monaten hat sich der Charakterkopf einen Platz in der Töffliclique erkämpft und spielt Gitarre in einer Band. In der Hippie-Szene trifft er Stefan «Bittel» Bittlinger. Metin macht Matur, daneben verliert er sich in endlosen Jam Sessions, arbeitet als Roadie für andere Bands und überredet schliesslich seinen Vater, ihm einen Kredit zu geben für eine 8-Spur-Bandmaschine. Zusammen mit Bittel nistet er sich 1981 im Keller ein. Das Sound Concept Studio ist geboren. Bittel ist ein Sonderling und unnahbarer Frauenschwarm, der auf der Gasse lebt und froh ist um jede warme Mahlzeit. Und er ist wahnsinnig musikalisch.

Demiral beginnt, seine kulturellen Wurzeln zu erkunden, und steckt Bittel an mit den Sounds seiner Heimat Kars. Er merkt, dass man die türkische Volksmusik wunderbar auf Reggae-Rhythmen spielen kann. Beides ist damals gleichsam unbekannt in der Schweiz. Doch die beiden jungen Männer drifteten auch in «Aksak» ab, ein asymmetrisches Rhythmussystem aus der osmanischen Musiktheorie, das binäre und ternäre Achtel ununterbrochen aneinanderreiht. Ein fieser, tranceartiger 9/8-Takt, «Aksak» bedeutet so viel wie hinken.

Hybris – mit dem Privatflugzeug nach Köln
Zwei Jahre später, nachdem Metin Demiral im Sommer 1983 mit «Haydi Yallah» an der türkischen Zensurbehörde gescheitert ist, fliegt er zurück in die Schweiz. Er hat zwar keinen Produzenten gefunden, aber die Gewissheit, dass die Musik, die in seinem Ramsener Kellerloch entsteht, durchaus Gefallen findet. Als er wenig später in der türkischen Tageszeitung Hürriyet die Annonce des Musiklabels Türküola aus Deutschland sieht, wird er hellhörig. Gesucht wird die «beste türkische Nachwuchsband Europas», es winkt ein 5000 Mark schwerer Plattenvertrag, und da eine gute Portion Hybris zur Rockstarwerdung dazugehört, bringen Bittel und Metin ein Paket zur Post, ein Tape von «Haydi Yallah». Als Name ihrer Band geben sie an: Café Türk.

Die Probleme beginnen, als sie ein paar Monate später einen Brief erhalten, der den Tüftlern aus dem Kellerloch eröffnet, sie hätten den Wettbewerb gewonnen. Sie sollen mit der Band eine ganze Platte aufnehmen. Bloss: welche Band?

Bis anhin haben Bittel und Metin alle Instrumente selber eingespielt, jetzt trommeln sie das Who is Who der Schaffhauser Musikszene zusammen. Neben Bittel an Drums, Perkussion, Piano und Vibraphon sind Andi Bossert an der Gitarre und Bruno Niederhauser am Bass bei Café Türk bald gesetzt. Daneben spielen in wechselnde Besetzung bald: Joni Schütt und Dani Leu am Sax, Bernie Ruch an der Perkussion, Yogi Brunner an den Keyboards. Es gibt eine Brasssection aus Marc Häusermann, Urs und Beat Bosshard. Mustafa Ertuğrul zupft das Saz, die Demiral-Schwestern besorgen die Background-Vocals. Metin selber spielt Gitarre, Synthesizer, Orgel, Akkordeon, Saz, Kongas, Perkussion – und er singt.

Es ist eine furiose Truppe, die sich auf der Bühne in Ekstase spielen sollte. Zuerst aber geht es ins Studio. Und Metin muss lernen, dass eine gute Platte noch lange keinen Erfolg bedeutet.

Um die Details des Vertrags zu klären, wird er nach Köln geladen, und da er einen Kumpel hat, einen durchgeknallten Chemiker, der für den Bock fotografiert und einen Pilotenschein hat, liegt die Idee nahe, in Köln einzufliegen. Dass das keine so gute Idee war, schwant Metin Demiral, als das Holzflugzeug des Chemikers über den winterlichen Schwarzwald schwebt und der Pilot merkt, dass der Nebel so stark ist, dass er keine hundert Meter weit sieht. Die beiden müssen in Karlsruhe notlanden, wo der Pilot erstmal drei, vier grosse Bier kippt, um die Nerven zu beruhigen. Dann startet er wieder durch, und wenig später stehen die beiden Männer tatsächlich im Büro von Türküola.

Pizza Funghi – die Platte, die nach Kaffee stinkt
Mit den 5000 Mark des Labels wollte Café Türk «Pizza Fun­ghi» aufnehmen, einen tanzbaren Bastard aus psychodelisierter vorderasiatischer Folklore, Rap, Rock, Reggae, New Wave und Disco. Die Band zog sich in einen Proberaum in der alten Kammgarnspinnerei zurück, die Anfang der 80er-Jahre komplett leer stand. Die jungen Männer zogen Mauern hoch, Metin zügelte sein Tonstudio in die Stadt. Ein Teil von «Pizza Funghi» wurde hier eingespielt. Doch als die Platte fertig war, merkte Metin, dass die Produktion 10 000 Franken verschlungen hatte.

Metin 1984 bei den Aufnahmen von «Pizza Funghi».

Die Kulisse, die Metin im Türküola-Büro aufbaut, ist ansehnlich. Neben sich der schweigsame, bärtige Chemiker, neu auch sein «Manager», der sich eine Kamera und eine elektrische Schreibmaschine umgeschnallt hat und ab und an mürrisch nickt. Das Label aber will trotzdem nicht mehr bezahlen als die vereinbarten 5000. Der Deal platzt.

Also nimmt Metin erneut einen Kredit auf, er pumpt seinen einzigen Kumpel mit festem Einkommen an, der weitere 5000 Franken einschiesst. Doch Café Türk muss nun auch den Vertrieb von «Pizza Funghi» selber übernehmen.

Also packen Bittel und Metin 250 Platten in den Kofferraum und brettern 1985 nach Berlin. Der Chemiker hatte die famose Idee, die Platten mit Kaffeearoma zu bestäuben. Noch lange sollte die Rede sein von der «Platte, die nach Kaffee stinkt». Irgendwie muss man ja auffallen. Metin und Bittel checken bei einer Freundin ein und beginnen, den Plattenvertrieb EFA zu belagern. Doch dort tut sich nichts. Also verkaufen sie «Pizza Funghi» eben eine Woche lang auf der Strasse. Am letzten Tag vor der Heimreise erbarmen sich die EFA-Typen und kaufen Metin und Bittel ein paar Dutzend Platten ab. Mit dem Erlös kaufen diese literweise Whisky, den sie in der Schweiz teurer weiterverkaufen wollen (und schliesslich selber trinken), und fahren zurück.

Wieder kommen sie ans Ziel, als sie es bereits verfehlt haben.

Ein paar der Platten laden die EFA-Typen im «Scheissladen» ab, einem Vinylshop in Kreuzberg. Dort gerät «Pizza Funghi» in die Hände des Kulturbeauftragten der Stadt Nürnberg, der entzückt ist von der deliriösen Energie von Café Türk. Ein paar Rädchen beginnen zu drehen, ein Rockstar-Traum nimmt seinen Lauf.

Dörrex – Heilung für lädierte Mastertapes
Dienstag, 24. November 2020, ein trüber Nachmittag in Ramsen. Metin Demiral schaut hier zu seiner 90-jährigen Mutter, doch im Untergeschoss des Elternhauses, zwischen blinkenden Geräten aus den 80er-Jahren, wird aus dem gesetzten Herr wieder ein Bub. Nachdem im Sommer 2019 das Mail aus London gekommen war, stieg er in sein Archiv. Er schickte ein paar Café Türk-Songs nach England, doch bald sagten die Leute vom Label, das sei ja unglaublicher Stoff – daraus müsse man ein Album machen.

Metin stieg noch tiefer ins Archiv und fand eine ganze Batterie Ampex 456 Studio-Mastertapes, dutzende Café Türk-Songs, teils unveröffentlicht, denn bei der Auflösung der Band 1990 war es eigentlich gerade steil bergauf gegangen. Er kaufte ein altes 8-Spur-Gerät, doch die Tapes waren schlecht gealtert, über die Jahrzehnte hatten sich die Magnetschichten gelöst. Der Traum drohte zu platzen. Doch Metin fand heraus, dass er die Bänder zur Kur für acht Stunden in den Dörrex seiner Mutter legen kann. Nichts geht über altbewährte Hausmittel.

Er kaufte weiter ein, brauste nach Fulda und hatte schliesslich seine alte Studioausrüstung wieder zusammen. Während dem Lockdown sass er jeden Tag hier unten, wie damals mit Bittel, vor über 40 Jahren. «Ich musste eine neue Stromleitung verlegen, sonst haut es mir immer die Sicherung raus», sagt er, lacht schelmisch und dreht die Boxen auf. Die neue Platte «Café Türk» ist im November erschienen, und die Kritiker sind angetan. «Falls die Platte funktioniert, geht es weiter», sagt Metin. Die Songs für eine zweite Platte habe er bereits abgemischt. Und es juckt Metin auch wieder selber in den Fingern. Am Samstag, erzählt er, habe er seinen alten Synthesizer in die Reparatur gebracht.

Wo alles begann: Metin Demiral hat den Lockdown genutzt, um im Keller seines Elternhauses in Ramsen erneut ein Tonstudio einzurichten.

Randale – «schlimmer als die Rolling Stones»
Nachdem der Nürnburger Kulturbeauftragte «Pizza Funghi» in die Hände bekommen hat, gehen in Ramsen plötzlich Konzertanfragen vom Deutschen Gewerkschaftsbund ein, dem viele türkische Gastarbeiter angehören. In den folgenden Jahren spielt Café Türk fast 200 Konzerte. Die World-Music-Kapelle wird berühmt und tourt bald mit zwei Bussen durch die BRD, manchmal zehn Leute auf der Bühne – Sex, Schnaps und Rock ‘n’ Roll. Ein Highlight ist ein legendäres Heimspiel vor 2500 Menschen am Openair Neunkirch. Die Konzerte sind wilde Feste. Metin tanzt wie ein Derwisch, singt inbrünstig, der Vokuhila bebt. Es gibt Bauchtanzwettbewerbe, an den Heimspielen lernt Schaffhausen den Kebabspiess kennen. Die Schaffhauser Nachrichten schreiben 1989: «Café Türk ist wohl die einzige Band in der Gegend, die man nicht nur sehen und hören, sondern auch riechen kann.» Metin beginnt, auf Deutsch zu singen, die Single «Ali Baba» ist eine Parodie auf den deutschen Schlager:

Von Istanbul zum Rheinfall
sind die Türken überall
einer da, einer dort
keiner will wieder fort

Du kannst uns verstehen
Du kannst es wissen
Du, sag mir, wer bin ich
Dich werd ich vermissen

Überall, immerfort
denn wir haben Hausverbot
Was ist wahr, was ist Gott
Überall derselbe Trott

Der Spiritus Rector lebt längst von der Musik. Das deutsche Fernsehen kommt, Tourneepläne durch ganz Europa werden geschmiedet. Doch manchmal zertrümmert die Band nach den Konzerten auch die Hotelzimmer. Einmal in Mainz sollen sie auf dem Unicampus schlafen, doch als sie nach dem Gig zu ihren Räumen kommen, sind da nicht einmal Betten. Die Jungs, die auf der Tour manchmal bereits ausfällig werden, wenn es keinen Farbfernseher im Hotelzimmer gibt, machen so viel Radau, bis die Polizei in Vollmontur dasteht. Die Polizisten glauben, Rechtsextreme würden den Campus auseinandernehmen.

Metin Demiral sagt heute: «Der Grössenwahn hat sich etabliert. Das war nicht förderlich für unseren Ruf – und schon gar nicht für den inneren Frieden. Wir waren schlimmer als die Rolling Stones, aber leider nie so berühmt.» Die Jungs seien irgendwann nicht mehr motiviert gewesen, im Studio zu arbeiten, einige hätten nicht akzeptieren wollen, dass die Bühnensau Metin alles Scheinwerferlicht abbekommt, hätten angefangen, in anderen Bands zu spielen. Die einen seien dem Alkohol verfallen. Bittlinger, das zweite musikalische Mastermind, begann, sich von Café Türk abzunabeln. Eine Türkei-Tour war geplant, der grosse Traum von Metin, doch die Tour fiel ins Wasser. Dafür wurde er vom türkischen Militär eingezogen und bekam einen Sohn. 1990 zog Café Türk den Stecker.

Nun hat ihn Metin wieder eingesteckt.

Die Platte «Café Türk» ist hier erhältlich.