Zwischen Style und Samaritertum

22. September 2020, Fanny Nussbaumer
Hier am Rheinufer denkt sich Francis Batali neue Designs für sein Schaffhauser Street-Fashion Label aus.
Hier am Rheinufer denkt sich Francis Batali neue Designs für sein Schaffhauser Street-Fashion Label aus.

Der Steiner Designer Francis Batali führt ein Street-Fashion-Label mit karitativem Hintergrund.
Der Versuch eines Marketing-Spagats.

Lässig sitzt Francis Batali am Rheinufer. Trotz Sonnenschirm bleibt sein Cap auf, gerade fest genug, um nicht beim ersten Lüftchen davonzuwehen. Es geht hier nicht um Nutzen, sondern um Style. Der 37-jährige Batali erzählt charmant und überzeugt von seinem eigenen Brand William by Batali. So ganz zu fassen bekommt man seine Markenstrategie aber nicht.

«William ist nicht etwa mein Zweitname, wie viele denken. Mir gefiel einfach der Name», sagt Batali und grinst dabei schuldbewusst, aber selbstsicher. Er ist für das Treffen ganz in seinen Designs gekleidet. Schlichtes Schwarz, das Shirt mit einer neongelben Krone auf der Brust. «Mir war von Anfang an klar, dass das Logo nebst dem W für William auch das Symbol der Krone beinhalten muss.» Die Krone deshalb, weil, nun ja, sie ist mächtig und edel. Vor allem edel soll sie auch daherkommen, seine eigene Marke. Dementsprechend glamourös auch der Name: William by Batali.

Eine hippe Fassade

Ebenfalls glamourös der Auftritt im Web. Es sind Fussballstars wie Sead Hajrović vom FC Viktoria Köln und Sami Khedira von Juventus Turin oder DJ-Grössen wie DJ Taptap aus Brasilien, die auf seiner Website und auf Social Media mit den Klamotten, unter dem Titel «Ambassador», posieren. Und das, obwohl die ganz Grossen wie Sami Khedira selbst gar keine Werbung für Batalis Label machen können. Zu streng die Auflagen von den richtig grossen Marken, bei denen sie unter Vertrag stehen. Helfen tut die Werbung allemal, findet Francis Batali. Auch persönlich. «Es ist motivierend, zu sehen, dass mein Brand gepostet wird und die Menschen Freude an meinen Designs haben.»

Das Design selbst ist zum Grossteil einfach gehalten. Mal ein grosses W auf dem Cap, mal viele kleine auf dem Hoodie verteilt. Es erinnert an grosse Marken wie Louis Vitton oder an die bekannten New York Yankee-Mützen. Scrollt man die schlichten Artikel im Onlineshop durch, stechen einem die weissen T-Shirts mit den skizzierten Gesichtern sofort ins Auge. Hier gibt es auf einmal viel mehr Details, die Bleistiftskizzen sind ausdrucksstark und zeigen Kindergesichter, die alle viel zu grosse Mützen von William by Batali tragen. Auf den ersten Blick ein süsses Sujet, doch dahinter steckt weit mehr. Das Originalfoto zeigt die Kinder auf einer einfachen Bank sitzend, barfuss mit schmutzigen Knien. Der Hintergrund lässt erahnen, dass die Kinder nicht in einem Erste-Welt-Land aufwachsen. Schon fast protzig wirken dabei die übergrossen, stylischen Caps auf den kleinen Kinderköpfen. Ein surreales Bild. Müssen hier arme Kinder für ein Modelabel aus der reichen Schweiz herhalten?

Die Kinder aus dem Waisenhaus in Togo sind auch das Sujet der Kollektion. zVg
Die Kinder aus dem Waisenhaus in Togo sind auch das Sujet der Kollektion. zVg


Persönlicher Altruismus

Erst beim zweiten Blick auf Francis Batalis Modelabel fällt einem unter der hippen Fassade der gemeinnützige Zweck auf. Francis Batali unterstützt mit den Einnahmen nämlich ein Kinderheim in Togo. Die Idee, die Wirtschaftlichkeit seines Labels für wohltätige Zwecke zu nutzen, war aber nicht der Grundantrieb für die Gründung, sondern entstand durch familiäres Engagement.

Francis Batali wuchs mit seiner Familie in Stein am Rhein auf, seine Mutter stammt aber ursprünglich aus Togo, genauer aus der viertgrössten Stadt Kpalimé. Und genau dorthin zog es sie vor einigen Jahren mit ihrem zweiten Mann zurück. Mehr aus Zufall verwandelte sich ihre ruhige Altersresidenz in ein turbulentes Waisenhaus. In Togo ist die Müttersterblichkeitsrate noch immer verhältnismässig hoch und als eines Tages eine Nonne aus dem Viertel mit einem Baby auf dem Arm an ihrer Haustür klopfte, konnten sie nicht anders. Mittlerweile beherbergt das Waisenhaus 18 Kinder.

Für Francis Batali war klar, dass er seine Mutter und das Waisenhaus unterstützen will. Zum einen mit Geld-, aber auch Sachspenden. Erst letzten Monat schickte er eine grosse Ladung alter FCS-Trikots und Fussbälle des FC Seuzach nach Kpalimé. Beides Spenden der Clubs, zu denen Batali, der selbst in der U18 des FCS und des FCZ spielte, noch immer gute Kontakte pflegt.

Die Spenden gehen aber nicht nur an das Waisenhaus seiner Mutter, gleich nebenan befindet sich eine öffentliche Schule, an die ebenfalls ein Teil der Kleidung oder Fussbälle für den Turnunterricht gehen. Die Vorstellung, dass die neue Schuluniform das Trikot des FC Schaffhausen sein könnte, bringt Batali zum Lachen. «Das könnte durchaus möglich sein.»

Benefiz in Style

Bis jetzt sind die Kollektionen nur im Onlineshop erhältlich. Ein eigener Laden in der Schaffhauser Altstadt wäre aber durchaus ein Ziel von Francis Batali, genauso wie seinen Lebensunterhalt mit den eigenen Designs zu finanzieren. Momentan arbeitet der gelernte Betriebsökonom noch als Controller.

Was aber als Erstes ansteht, ist die Benefizveranstaltung «Help to Help», an der Batali Geld für einen Schiffscontainer sammeln will. «Ich erhalte viele Sachspenden, wie Altkleider, aber die müssen auch irgendwie nach Togo», und das ist nicht gerade günstig, meint Batali. Darum organisierte er am Samstag, 19. September, eine Veranstaltung. Natürlich dem Namen William by Batali entsprechend glamourös mit Versteigerung und Partyprogramm. Unter den Hammer kommen signierte Fussballtrikots, Kunstwerke und natürlich eigene Designs. Anschliessend lassen es DJs und Rapper auf der Showbühne krachen. Es ist die erste Veranstaltung in diesem Rahmen, aber Francis Batali hofft darauf, in Zukunft zwei bis vier davon pro Jahr organisieren zu können. Auf der einen Seite will er damit Spenden sammeln und auf der anderen Seite seine neuen Kollektionen präsentieren und sein Label vorantreiben.

«Shop for good»

Aber ist Glamour-Marketing und Gemeinnutz wirklich ein so grosser Widerspruch, wie es auf den ersten Blick scheint? Schliesslich sind Spendenveranstaltungen, wie Jeder Rappen zählt, oft pompöse Anlässe, an denen den Gästen und potentiellen Spendern mit Prominenz und Showeinlagen einiges geliefert wird. Trotz uneigennütziger Voraussetzung will man beim Spenden nämlich gesehen und meist auch irgendwie dafür belohnt werden.

Auch das System des «Shop for good», das beiläufige Spenden beim Einkaufen, ist keineswegs eine Neuerfindung von Batali – wenn in der Schweiz auch noch nicht ganz angekommen. Unzählige Marken und Onlineshops, wie Amazon smile, unterstützen NGOs oder produzieren für einen gemeinnützigen Zweck sogar eigene Kollektionen. Wie der britische Online-Versandhandel Asos, der in Zusammenarbeit mit einer Designerin einen Slip entwarf und mit dem Umsatz die Hilfsorganisation «Help for Refugees» unterstützte. Unterhosen für Flüchtlingshilfe also.

Für Francis Batali ist die Unterstützung zwar Teil seiner Marke, steht dabei aber nicht im Vordergrund. «Es soll nicht sein, dass Leute ein T-Shirt kaufen, nur um zu spenden. Sie sollen eines kaufen, weil sie den Brand cool finden, und dabei unterstützen sie auch noch das Waisenhaus in Togo», so Batalis Strategie. Was für ihn aber gar nicht ginge: «Wenn ich einen Teil der Einnahmen an ein Kinderheim spende, aber an der Produktion Kinderarbeiter beteiligt sind, geht das für mich nicht auf.» Deswegen hat er Angebote aus China und Pakistan abgelehnt und lässt seine Kollektion lieber etwas teuerer in der Türkei produzieren. Batali sei sogar selbst hingereist und habe sich vor Ort versichert.

Francis Batalis Spagat zwischen Eigenmarketing und gemeinnützigem Engagement ist also vielleicht gar nicht so gross wie gedacht. Solange das Konzept von Design bis zur Produktion durchdacht ist.