Vom Kopfe her

3. Juli 2020, Mattias Greuter
Die PUK belegt kriminelle Machenschaften an der Schulzahnklinik. Bild: Adobe Stock

PUK Schulzahnklinik: Ein Kommentar von Mattias Greuter über ­Christian Amslers Weigerung, Fehler einzugestehen.

Hundertfaches, unnötiges Röntgen von Kindern, systematische Abwerbungen und ein Haufen bezahlte, aber nicht geleistete Arbeit: Die PUK zeigt das ganze Ausmass des Schulzahnklinik-Skandals auf (siehe Artikel in der Printausgabe, den gesamten PUK-Bericht finden Sie: hier). Noch eklatanter als diese Machenschaften ist nur das Führungsversagen des Kantons: Die Kontrolle fehlte auf allen Ebenen.

Der Fisch stinkt vom Kopfe her. Mit dem Vorliegen des Berichts ist klar, wann Regierungsrat Christian Amsler was wusste und wann er handelte – vor allem, wann er nicht handelte. Er hatte fast zehn Jahre Zeit, den schwerwiegenden Vorwürfen nachzugehen, an Hinweisen mangelte es nicht. Stattdessen schaute er mal weg, mal zu und wiegelte unermüdlich ab, während sich ein Kieferorthopäde die Taschen füllte und Steuergelder in Millionenhöhe verprasst wurden. Und wir dummen Financiers des Ganzen dachten doch eben noch, die bürgerliche Regierung habe in ihrem Sparsamkeitswahn jeden Rappen zwei Mal umgedreht.

Christian Amsler ist nicht der Einzige, der längst die Reissleine hätte ziehen müssen, aber er hat die oberste Verantwortung für das korrupte System rund um die Schulzahnklinik.

Und wie reagiert der Kritisierte auf den Skandal? Indem er gleich einen Neuen produziert. In der Stellungnahme, die Amsler zum PUK-Bericht publiziert hat, zeigt er absolut null Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen oder Fehler einzugestehen. Gerade in zwei Sätzen findet sich ein schwacher Ansatz von Selbstkritik: Amsler räumt ein, dass er «allenfalls zu sehr auf die von meinen Amtsvorgängern erarbeiteten Grundlagen und Weichenstellungen» sowie – «allenfalls» – «zu sehr in meine mit der Leitung und Aufsicht der Schulzahnklinik befassten Unterstellten vertraut» habe.

Haben Sie’s gemerkt? Amsler schafft es nicht, den Hauch einer Hinterfragung seiner Arbeit zu formulieren, ohne zugleich die Verantwortung abzuschieben: Schuld sind die, die vor mir kamen, und die, die unter mir stehen. Führungsversagen, und darum geht es, zeigt Christian Amsler gleich nochmals, indem er alles seinen Angestellten in die Schuhe schieben will.

Die Stellungnahme der Gesamtregierung ist nur eine Spur besser: Sie räumt gerade noch ein, dass «die Beaufsichtigung der Schulzahnklinik durch die Verwaltung ungenügend war». Aha, «die Verwaltung».

Zwei weitere Punkte in den Rechtfertigungsschreiben von Amsler & Co. sind eklatant stossend. Zum Ersten wird moniert, die Arbeit der PUK sei ja schon etwas teuer geworden und das ganze Theater ja eigentlich gar nicht nötig gewesen. Ein starkes Stück angesichts der Tatsache, dass die PUK Missstände aufdeckte, die den Kanton ein Vielfaches dessen kosteten, was für die Untersuchung aufgewendet wurde.

Zum Zweiten nimmt die Regierung «mit Befriedigung zur Kenntnis, dass keine Amtspflichtverletzungen» von Regierungsratsmitgliedern vorliegen. Diese Behauptung ist komplett realitätsfremd. Denn der absolut wichtigste Punkt in den Ergebnissen der PUK ist: Christian Amsler und die Gesamtregierung haben ihre Führungsaufgabe «im Bereich der Aufsicht und der Kontrolle» nicht wahrgenommen. Diese Aufsicht gehört zur Amtspflicht, also haben Amsler und die Gesamtregierung ihren Job nicht gemacht, ihre Amtspflicht verletzt.

Schon klar: Die Regierung muss kollegial sein, kann Amsler nicht eine Verantwortung zuschreiben, die er abstreitet. Das könnte nur er selber. Schade, dass ihm das Eingestehen von Fehlern offensichtlich unmöglich ist. Sonst hätte er ein anderes Schreiben aufgesetzt.