Was bedeutet Corona für die AZ finanziell? Eine erste Bilanz.
Und: Wir wachsen ungebremst weiter.
Die Zahlen, welche die AZ für das Interview mit SN-Verleger Beat Rechsteiner in der Ausgabe vom 18. Juni recherchiert hat, sind alarmierend: Seit 2008 haben die Schaffhauser Nachrichten einen Drittel ihrer Abonnentinnen und Abonnenten verloren. Allein im letzten Jahr sank die Abozahl um fast 900.
Dann schlug die Coronakrise ein, die zwar das Interesse an bezahltem Journalismus etwas ankurbelte, aber die Inserateeinnahmen pulverisierte. Wie alle grossen Medienhäuser stellten die Medien des Meier-Verlages, darunter die SN, auf Kurzarbeit um.
Und die AZ? Nach kurzem Abwägen haben wir uns zu Beginn der Coronakrise entschieden, keine Kurzarbeit zu beantragen. Obwohl wir den Umfang jeder zweiten Zeitung etwas reduzierten, hatten wir genug zu tun. Kurzarbeit wäre nur in sehr kleinem Umfang möglich gewesen und hätte finanziell wenig ausgemacht.
Was den Inserateverlust betrifft, kamen wir mit einem hellblauen Auge davon: Vor allem, weil der Anteil der Inserate am Gesamtumsatz viel kleiner ist als beispielsweise bei Tageszeitungen. Im ersten Halbjahr 2020 verdiente die AZ mit Inseraten rund zwölf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2019: Geld, das in der Kasse fehlt, aber in verschmerzbarem Umfang.
Die AZ beantragte auch keinen Kredit: Die Liquidität ist ausreichend, wobei allerdings erwähnt werden muss, dass wir dies zu einem entscheidenden Teil den Mitgliedern des Gönnervereins verdanken. (Achtung, Wink mit dem Zaunpfahl: Sind Sie schon dabei?) Seit vielen Jahren gleicht der Gönnerverein jedes Jahr ein Defizit aus, dieses Jahr wird es etwas grösser sein als gewöhnlich.
Leichte Entlastung bringt auch für die AZ das Hilfspaket des Bundes: Er schenkt den Zeitungen ein halbes Jahr lang 100 Prozent der Kosten der Postzustellung, die er auch sonst schon teilsubventioniert. Für unsere Zeitung macht der Bundesbeitrag voraussichtlich gut 10 000 Franken aus – ein Bruchteil des Defizits.
Die SN verlieren mit jeder Ausgabe fast drei Abos.
Wir gewinnen mit jeder Zeitung zwei dazu.
Viel bedeutender ist die Entwicklung der Abozahlen. Die AZ ist eine von ganz wenigen Zeitungen in der Schweiz, die wächst, was sich deutlich in der Kasse niederschlägt. In vier Jahren haben wir die Anzahl Jahresabos um einen Drittel steigern können. Allein von 2018 bis 2019, also im gleichen Zeitraum, in dem die SN 900 bezahlende Leserinnen und Leser verlor, legten wir um über 200 Abos zu. Mit anderen Worten: Während die SN an jedem Tag, an dem sie erscheinen, fast drei Abos verlieren, gewinnen wir weiterhin mit jeder Zeitung zwei dazu.
Sie denken vielleicht, die AZ blickt mit Schadenfreude auf die Kolleginnen und Kollegen an der Vordergasse. Das wäre ein Irrtum: Die SN-Zahlen schockieren uns. Egal, was man von den Meier-Medien hält: Eine von Mediengiganten unabhängige Tageszeitung ist für die Region von unschätzbarem Wert und ihr Überleben muss auch im Interesse der AZ sein.
Nichtsdestotrotz sind wir etwas stolz, dass ausgerechnet die AZ vergleichsweise glimpflich durch die Krise kommt und nicht um staatliche Unterstützung bitten musste. Wir stellen ein Muster fest: Die Grossen, die immer den freien Markt ohne staatliche Einmischung predigten, machen in der Krise die hohle Hand. Medien, die stärker auf zahlende Kundschaft statt auf dicke Werbeeinnahmen zählen, stehen besser da. Die NZZ, der Tagesanzeiger und die SN beantragten Kurzarbeit, die WOZ, die Republik und die AZ nicht. Ein Geschäftsmodell, das eher auf Solidarität als auf knallharter Marktlogik basiert, erweist sich als krisensicherer.