Kupfersalat im Vorgarten

12. Mai 2020, Luca Miozzari
Nicht in jedem Garten empfehlenswert: Kinder und Blattgemüse.
Nicht in jedem Garten empfehlenswert: Kinder und Blattgemüse.

Eine unappetitliche Nachricht: In 85 Prozent der Schaffhauser Gärten liegt vergiftete Erde. Die Böden enthalten zu viel Blei, Kupfer und andere Schadstoffe.

Zuerst die gute Nachricht: Den Schaffhauser Böden geht es den Umständen entsprechend gut. Zumindest nicht schlechter als noch vor 30 Jahren. Seit 1989 entnimmt das Interkantonale Labor regelmässig Bodenproben an 19 Standorten im Kanton. Gemessen wird der Gehalt an Schwermetallen und der PH-Wert. Beide Werte sind seit Messbeginn weitestgehend konstant. Dies liegt an der nachweislich verbesserten Luftqualität und am hohen Kalkgehalt der Schaffhauser Böden, welcher eine Versauerung des Untergrundes verhindert.

Da mit den bisherigen Messmethoden also offenbar keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen waren, hat sich das Interkantonale Labor in neue Gefilde aufgemacht. Und zwar in unsere Gärten. An 60 Standorten, je zur Hälfte auf städtischem respektive ländlichem Gebiet, haben die Forscherinnen Proben entnommen. In ihrem Jahresbericht liefern sie nun erste Resultate.

Verstreut keine Asche mehr

Die Gartenbesitzer, deren Grundstücken Erde entnommen wurde, haben freiwillig mitgemacht. Was die Laborantinnen in dieser Erde gefunden haben, dürfte den einen oder anderen Hobby-Gärtner überraschen. Nur gerade 15 Prozent der geprüften Gartenböden befinden sich unter den Richtwerten des Bundes für unbedenkliche Schwermetallgehalte. 73 Prozent der Proben enthalten zu viel Blei, 35 Prozent zu viel Zink, 60 Prozent zu viel Kupfer und wiederum 60 Prozent zu viel der krebs- und infertilitätsverursachenden prozyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK).

«Die Schadstoffgehalte in Gartenböden sind höher als in Acker-, Wiesen- oder Waldböden», sagt Janine Sägesser, Fachbereichsleiterin Bodenschutz beim Interkantonalen Labor. Wie kommt das?

«Wir vermuten, dass die erhöhten Werte zu einem grossen Teil durch jahrelangen Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln, als auch durch das Verstreuen von Asche zustandekommen», sagt Sägesser. Asche, früher als natürlicher Dünger empfohlen, wird mittlerweile von Fachleuten kritisiert, da sich in ihr die – für gewöhnlich unbrennbaren – Schadstoffe konzentrieren, welche der Baum im Laufe seines Lebens in das Holz aufnimmt.

Das allgegenwärtige Blei in den Gartenböden ist eine Altlast aus den Zeiten, als das Metall noch als Treibstoffzusatz verwendet wurde. Auf ähnlichem Weg kommen die PAK in den Boden – sie entstehen bei der Verbrennung von Benzin, Diesel, Kohle und so weiter. Die Blei- und PAK-Belastung ist deshalb in der Stadt, wo mehr Verkehr und Industrie vorhanden sind, höher als auf dem Land.

Kupfer schliesslich haben wir unseren Winzern zu verdanken. Seit über 130 Jahren werden Reben mit «Bordaubrühe» eingesprüht, einem kupferhaltigen Fungizid, um dem «Falschen Mehltau» vorzubeugen. Fast alle Gärten mit erhöhten Kupferwerten lagen auf ehemaligen Rebberg-Flächen.

Richtwertüberschreitungen sind kein Weltuntergang. Im Fachjargon gilt der Boden als «schwach belastet», solange der sogenannte Prüfwert nicht überschritten wird. Gefahr für den Menschen besteht gemäss Bundesrat keine, allerdings für die «Bodenfruchtbarkeit».

Beim Schaffhauser Projekt sei der Prüfwert nur an wenigen Standorten überschritten worden. «In diesen Fällen sind wir gesetzlich verpflichtet, zu prüfen, ob eine Gefahr für Pflanzen, Tiere oder Menschen besteht», sagt Janine Sägesser. In Schaffhausen bestehe so eine Gefahr jdeoch in keinem der Gärten. Man habe es deshalb bei Empfehlungen belassen: Möglichst die gesamte Fläche mit Vegetation bedecken, damit Kinder nicht mit der Erde in Kontakt kommen und auf den Anbau von gewissen Gemüsesorten verzichten. Bei erhöhten Bleiwerten ist zum Beispiel Blattgemüse wie Salat oder Spinat zu vermeiden, da dieses den Giftstoff vermehrt aus dem Boden aufnimmt. Andere Gewächse wie Tomaten, Gurken oder Kürbisse sind hingegen unbedenklich. Schwermetalle können sich im Körper anreichern und langfristig zu Schäden führen.

Die Experten sind unbesorgt

Beim Interkantonalen Labor ist man nicht sonderlich besorgt über die Resultate. «Verglichen mit anderen Kantonen, die ähnliche Untersuchungen durchgeführt haben, haben wir weniger hohe Belastungen und weniger Prüfwertüberschreitungen», sagt Sägesser.

Trotzdem: Kaum ein Garten hierzulande ist unbelastet. Vielen Gartenbesitzern dürfte das Magenschmerzen bereiten. Der eigene Garten mit Schwermetallen verseucht? Es bleibt zu hoffen, dass die Wissenschaft mit ihrer Risikoeinschätzung recht behält.

Ein abschliessender Bericht über das Projekt ist noch diesen Sommer zu erwarten.