Kammgarn als Spaltpilz der FDP

7. März 2020, Mattias Greuter
Das Bild trügt: Die PH soll natürlich nicht auf dem Dach, sondern in zwei Stockwerken des Kammgarn-Westflügels untergebracht werden. Fotos: Peter Pfister, Montage: AZ
Das Bild trügt: Die PH soll natürlich nicht auf dem Dach, sondern in zwei Stockwerken des Kammgarn-Westflügels untergebracht werden. Fotos: Peter Pfister, Montage: AZ

Bei der Kammgarn geht es für beide Seiten um viel: Sie wird zum Wahlkampfthema des Jahres.

Bei Abstimmungen über die Kammgarn gehen in Schaffhausen die politischen Wogen hoch. Das war 1982 so, als die Stadt das Areal inklusive Bauten für 5 Millionen Franken kaufte, und das war erst recht der Fall, als über die Sanierung abgestimmt wurde. Die «7109 Schafseckel» (Matthias Gnädinger), welche das Projekt an der Urne versenkten, wurden legendär.

Damals führten die Autopartei und der Bock den bürgerlichen Widerstand an. Heute steht ein anderer an der Spitze eines erbitterten Kampfes gegen die Kammgarn-Pläne von Stadt und Kanton: FDP-Grossstadtrat Martin Egger. Hitzige Debatten in den Parlamenten von Stadt und Kanton waren diese Woche untrügliche Vorzeichen für einen aufgeladenen Abstimmungkampf.

Für Egger und seine Verbündeten hätte die Woche besser laufen können. Der Kantonsrat sprach sich am Montag mit 30 zu 24 Stimmen für den Umzug der Pädagogischen Hochschule in die Kammgarn aus – der Kanton würde der Stadt zwei Stockwerke abkaufen. Tags darauf unterlag Egger im Grossen Stadtrat: Die Linke und die Mitte traten geschlossen auf und verhalfen der städtischen Vorlage mit 20 zu 16 Stimmen zu einer Mehrheit.

Mit einem Kredit von 31 Millionen Franken sollen Westflügel und Areal entwickelt werden. Wegen des Verkaufs von zwei Stockwerken und finanziellen Beiträgen der IWC sowie eines städtischen Fonds betragen die Nettoinvestitionen nur knapp die Hälfte: 15 Millionen Franken.

Freisinnige Abweichler

Martin Eggers Position hat am Montag und Dienstag an Boden verloren. Die Mehrheit im Grossen Stadtrat war voraussehbar, aber das einigermassen klare Ja im Kantonsrat war ein Dämpfer für diejenigen, welche die Entwicklung der Kammgarn West Privaten überlassen wollen und weiter für eine Baurechtslösung kämpfen.

Es zeigte sich auch: Das rechtsbürgerliche Lager steht nicht geschlossen hinter Egger. Im Kantonsrat war ein Ja zur Vorlage nur möglich, weil zwei Freisinnige und zwei Stimmen aus der SVP-Fraktion nach links ausscherten. Mitteparteien wie die GLP und die EVP sprachen sich ebenfalls für die Vorlagen von Stadt und Kanton aus, und in der letzten AZ stellte sich mit Alt-Stadtpräsident Marcel Wenger eine gewichtige FDP-Stimme gegen Egger.

Klar wurde auch: Sowohl den Befürworterinnen als auch den Gegnern ist das Geschäft enorm wichtig. Es könnte für den aufgeladensten Urnengang des Jahres sorgen – und das in einem Jahr voller Wahlen. Die Kammgarn dürfte auch zu einem der wichtigsten Themen in den verschiedenen Wahlkämpfen werden. Mit FDP-Grossstadtrat Diego Faccani stellt sich ein ausgesprochener Gegner der Vorlage der Wahl in den Stadtrat. Interessanterweise wird er gemeinsam mit Raphaël Rohner in den Wahlkampf ziehen, der sowohl die städtische als auch die kantonale Vorlage befürwortet. Martin Eggers grosser Kampf könnte zum Spaltpilz seiner Partei avancieren.

Abstimmung wohl im Herbst

Sowohl in der Stadt als auch im Kanton hat die Stimmbevölkerung das letzte Wort. Geplant ist, beide Abstimmungen gleichzeitig durchzuführen. Wann, ist noch nicht ganz klar. Am Dienstag war die Rede vom November 2020. Die Stadt wäre schon früher bereit für einen Urnengang, der Kanton steht aber auf der Bremse. Stadtpräsident Peter Neukomm sagt auf Anfrage, er werde mit der Kantonsregierung nochmals das Gespräch suchen.