Neuhausen: Die kantonale Pensionskasse zahlt der Gemeinde 120 000 Franken, weil sie vergleichsweise hoch bauen durfte. Dieser Preis ist «eher tief», sagt die Expertin.
«Das ist absolut inakzeptabel, das ist für mich ein Betrug an der Neuhauser Bevölkerung», sagt Thomas Theiler. Der parteilose Neuhauser Einwohnerrat ist in Rage. Nicht zum ersten Mal. Und auch nicht zum ersten Mal ist der Grund für Theilers Aufregung das Bauprojekt «Posthof Süd».
Es wäre untertrieben, zu sagen, der Bau des Projekts «Posthof Süd» sei geräuschlos vonstatten gegangen. Im Gegenteil. Das 40 Meter hohe Bauprojekt mitten im Neuhauser Zentrum sorgte schon vor Baubeginn für ziemlich viel Krach in der Rheinfallgemeinde. Jahrelang wurde darum gestritten. Es hagelte Einsprachen, es kam zu einer Beschwerde vor dem Presserat und zu einem öffentlich ausgetragenen Kleinkrieg zwischen dem Gemeindepräsidenten Stephan Rawyler und seinem Antagonisten, Thomas Theiler.
Die Einsprachen verliefen fast alle im Sand, Theilers Beschwerde gegen die Schaffhauser Nachrichten und das damals noch bestehende Gemeindeblatt Neuhauser Woche wurde vom Presserat abgewiesen. Rawyler und Theiler einigten sich aussergerichtlich. Dann wurde gebaut.
Jetzt steht das Gebäude. Aber immer noch sorgt es für Aufregung.
Entschädigung «eher tief»
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Gemeinderats zeigt: Die kantonale Pensionskasse, Eigentümerin des Projekts «Posthof Süd», zahlt der Gemeinde 120 000 Franken, weil sie vergleichsweise hoch bauen durfte. Die Pensionskasse profitiert davon, schliesslich bedeutet höher bauen: mehr Wohnungen, mehr Mieteinnahmen, mehr Profit. Oder wie es der Neuhauser Gemeinderat formuliert: «Die Liegenschaft ‹Posthof Süd› weist eine deutlich höher als übliche Ausnutzung der bebauten Grundstücke auf. Die Baubereiche für auskragende Gebäudeteile und die erhebliche Überschreitung der (theoretischen) Regelbauweise von 20 m der Liegenschaft ‹Posthof Süd› auf 40 m sind mit Mehrwert- respektive Grundeigentümerbeiträgen abzugelten.»
Gleichzeitig habe die Pensionskasse bestritten, dass die Gemeinde Anrecht auf eine Abgeltung habe. Um einen Gerichtsprozess zu vermeiden, habe man sich deshalb «nach längeren Verhandlungen» geeinigt, schreibt der Gemeinderat in der Antwort auf kritische Fragen von Einwohnerrat Urs Hinnen (Grüne).
Thomas Theiler sagt, 120 000 Franken als Mehrwertabgabe seien «lächerlich» wenig: «Mindestens eine halbe Million hätte die Gemeinde erhalten müssen.» Auch Susanne Gatti, Raumplanerin des Kantons, sagt, die 120 000 Franken Abgeltung seien im Vergleich zum Mehrwert, den das Gebäude wegen der höheren Ausnützung erhalte, «eher tief angesetzt».
Urs Hinnen warf deshalb erneut die Frage auf, welche Rolle Stephan Rawyler spielte, der zusätzlich zu seinem Amt als Baureferent und Gemeindepräsident auch Mitglied der Verwaltungskommission der Pensionskasse ist. Hinnen spricht von einem möglichen «Interessenkonflikt».
Der Gemeinderat wiederum betont, dass Stephan Rawyler sowohl im Gemeinderat wie auch bei der Pensionskasse stets in den Ausstand getreten sei. Das würden andere Vertreter der kantonalen Pensionskasse (Oliver Diethelm, Stefan Klaiber, Ernst Schläpfer) ausdrücklich bestätigen. Schliesslich stelle auch das externe Prüforgan KMPG in dieser Hinsicht keinerlei Mängel fest. Und die Baubewilligung für das Projekt «Posthof Süd» habe der Kanton ausgesprochen.
Auch Gemeindepräsident Stephan Rawyler weist jegliche Vorwürfe wegen eines Interessenkonflikts zurück. Er sagt aber auch, dass die Abgeltung von 120 000 Franken am «unteren Rand, aber noch akzeptabel» sei. «Natürlich hätten wir gerne mehr erhalten», sagt Rawyler. Es sei aber schliesslich eine Frage der Güterabwägung gewesen: Gerichtsprozess oder Einigung.