Kommentar zur Datenrecherche über die Besitzer der Stadt.
Wem gehört die Stadt? Diese Frage stand am Anfang der Recherche, die wir in dieser Ausgabe präsentieren.
Die Antwort versteckt sich im riesigen Datenberg des kantonalen Grundbuchamtes. Auf dem neuen Geoportal können wir alle ganz einfach eine Parzelle anklicken und so für jeden Quadratmeter herausfinden, wem er gehört.
Nur: Um auf diesem Weg an alle Infos zu kommen, müsste jemand rund zwei Monate lang rund um die Uhr am Bildschirm sitzen und klicken. Nach jeder zehnten Abfrage sagt das System: Fertig, du hast genug in privaten Eigentumsverhältnissen geschnüffelt. Erst wenn man die Cookies gelöscht hat, kann man weiterklicken.
Wir haben beim Amt für Geoinformation nachgefragt: Wenn doch diese Dateien öffentlich sind, dürfen wir die ganze Datenbank einsehen?
Wir durften nicht. Denn die Einschränkung ist vom Bund und von Datenschutzbeauftragten so gewollt.
Wir haben einen anderen Weg gefunden: Data Mining. Wir engagierten Spezialisten, die ein Programm schrieben, das im Prinzip nichts anderes machte als klicken, klicken, Cookies löschen, weiterklicken. Und die Daten abspeichern. Dieses automatisierte Abrufen von Informationen, die sich in Webseiten und fremden Datenbanken verstecken, nennt man auch scraping. Und: Es ist völlig legal.
Das Ergebnis war ein riesiger Datenberg: Informationen zu jedem Quadratmeter des ganzen Kantons, inklusive Namen und Adressen der Eigentümer. Wir kamen uns vor wie ein Pirat, der auf einer einsamen Insel auf eine Schatztruhe gestossen war: Eine Schatztruhe aber, die viel zu gross war, um sie zu bergen oder auch nur den Wert der einzelnen Goldmünzen einzuschätzen.
Erneut holten wir uns Hilfe: Vanessa Mistric, Journalistin mit Erfahrung im Datenjournalismus-Team des Tagesanzeigers, nahm sich den Datenschatz vor. Sie erstellte kleinere, für uns les- und bearbeitbare Häppchen und unterstützte uns bei der Bereinigung der Rohdaten. Der Rest war viel Handarbeit und etwas Interpretation.
Die Daten, die wir nun vorliegen haben, machen eine Fülle von Ansätzen für Artikel möglich. Fürs Erste haben wir uns auf das Gebiet der Stadt Schaffhausen und auf die Wohnzonen konzentriert. Und vor allem: auf ihre Besitzerinnen und Besitzer.
Im Abstimmungskampf gegen die Volksinitiative «Mehr bezahlbaren Wohnraum» befürchtete Redaktor Zeno Geisseler kürzlich in den Schaffhauser Nachrichten: «Ein Haus zu besitzen, das hat schon fast etwas Unmoralisches.» Finden wir natürlich nicht. Aber wer wie viele Häuser besitzt, welche Versicherungen, Banken und Pensionskassen im grossen Stil Geld mit den Mieten von Herrn und Frau Schaffhauser verdienen, das sollte man zumindest wissen können. Die Einfamilienhausbesitzerin, die vielleicht noch ein zweites Häuschen geerbt hat, stellen wir aber nicht an den Pranger und finden auch nicht, ihr Eigentum sei «unmoralisch». Sie ist ohnehin nicht relevant im Haifischbecken der ganz grossen Fische. Das grosse Geld machen andere.
In unserer Recherche «Wem gehört die Stadt» lesen Sie, wem die allergrössten Stücke des Kuchens gehören. In der Printausgabe der aktuellen AZ erfahren Sie zudem, wie es Vermieterinnen und Vermieter anstellen, uns zu viel Geld aus der Tasche zu ziehen.
Gute Lektüre!