Der Goldhamsterer

10. Juni 2019, Marlon Rusch
Foto: Peter Pfister
Foto: Peter Pfister

Er ist ominöser Erfinder, zwielichtiger Zahngoldhändler, adoptierter Adliger, Menschenfänger. Wo Mathias Graf von Westphalen auftaucht, hinterlässt er finanzielle Verwüstung. Derzeit lebt er in Schaffhausen.

Am Samstagabend, den 14. Juli 2018, um 23.15 Uhr prallen mehrere Glasflaschen gegen die Fassade eines herrschaftlichen Hauses auf dem Emmersberg und geben einen bestialisch stinkenden Inhalt frei. Das Forensische Institut Zürich sollte ihn später eindeutig als Buttersäure identifizieren – eine Stinkbombe. Die Schaffhauser Polizei spricht von einem «gezielten Anschlag».

Die fünfköpfige Familie, die das Haus bewohnt, wird evakuiert und bleibt unverletzt. Der Einsatzleiter der Polizei sagt zu den Schaffhauser Nachrichten, dass chemische Substanzen gegen Menschen eingesetzt würden, sei in unseren Breitengraden «sehr ungewöhnlich». Der Blick bekommt ein paar Schlagzeilen («In Schaffhausen stinkts zum Himmel»). Der Staatsanwalt gibt zu Protokoll, der Fall werde an die Staatsanwaltschaft Konstanz übergeben, was wohl am Wohnort des mutmasslichen Täters liegen dürfte. Dann wird es wieder still um einen der skurrilsten Hochstapler, die Schaffhausen seit Langem gesehen hat.

Von vorne sieht das Haus am Hang noch eher bescheiden aus. Von hinten sieht man zwei weitere Stockwerke.

Am Donnerstagnachmittag, den 9. Mai 2019, empfängt mich Mathias Graf von Westphalen in seinem herrschaftlichen Haus auf dem Emmersberg – vier Stockwerke, Sauna, Rheinblick, barocke Möbel, mittelalterliche Rüstungen, Monatsmiete: 5600 Franken, die Inszenierung von Adel. In den folgenden zwei Stunden versucht er, mir ein Produkt zu verkaufen, das er schon erfolgreich an diverse Menschen verkauft hat, vom kleinen Informatiker bis zum adeligen Professor, vom Zahntechniker bis zur Baronesse; ein Produkt, das manche dieser Menschen an den Rand des Ruins gebracht hat. Das Produkt ist im Grunde genommen er selbst: Mathias Graf von Westphalen. Und in den zwei Stunden zeigt sich auch, wieso all diese Menschen ihm erlegen sind. Dieser Mann und seine Geschichten können – zumindest in der ersten Begegnung – durchaus beeindrucken.

Abgeklärt, ein Spürchen zu gönnerhaft erzählt er, wie er damals, nach der Wende 1989, Büroleiter im deutschen Bundestag gewesen sei und sich deshalb «ein wenig» mit Medienarbeit auskenne. Er erzählt in etwas antiquiertem, hochtrabendem Deutsch, wie er das europaweit erste Schwertkampfturnier veranstaltet habe, bei der Burg in Thüringen, die er damals bewohnt habe, zusammen mit seiner Frau, der Baronesse. Er erklärt die Rüstung, die im Entrée steht und in der er selbst Vollkontakt-Ritterkämpfe ausgetragen habe («Kampfzeit: wenige Sekunden»). Natürlich war er früher Leistungssportler, ein Tausendsassa vor dem Herrn. Eine Tochter kommt hinzu, Primarschulalter, gibt artig die Hand, macht einen kleinen Knicks, stellt sich vor. «Wir erziehen unsere Kinder nach mittelalterlichen Tugenden», sagt der Graf. Dann ist das Vorgeplänkel vorbei.

Adoptiert mit 47 Jahren
Was von Westphalen heute verkaufen will, ist die Geschichte von Herrn Müller, dem Mann, der die Buttersäure geworfen habe; dem Mann, der die Firma des Grafen zugrunde gerichtet und ein operatives Minus von einer knappen Million Franken verursacht habe; dem Mann, der ihm sein Patent gestohlen und seine angeschlagene Firma damit konkurrenziert habe; dem Mann, der ihn seither unablässig im Internet diskreditiere.

Er, der Graf, sei ein armes, mittelloses Opfer. Der Herr Müller, der in Wirklichkeit anders heisst, ein schizophrener Psychopath, ein Marxist, in Motorradgangs sozialisiert.

Die Welt des Grafen von Westphalen ist schwarz und weiss. Weiss ist er, weiss sind das Mittelalter, der Adel, das Bildungsbürgertum. Schwarz ist Unordnung, Bildungsferne, Moderne, linke Politik. Und schwarz ist dieser Tage vor allem dieser verfluchte, diffamierende Blog.

Sucht man im Internet nach Mathias Graf von Westphalen, gelangt man auf einen Blog, der ein ganz anderes Bild zeigt als jenes, welches der Graf im Gespräch von sich zeichnet. Die anonyme Urheberschaft bündelt die Geschichten von diversen «Opfern» und «Gläubigern» des Grafen von Westphalen, meist mit Namen und Kontaktdaten. Die Anschuldigungen sind schwer, der Duktus bist ösartig, das Ziel klar: dem Grafen zu schaden.

Doch viele der Anschuldigungen sind mit Dokumenten unterfüttert. Die AZ hat mit diversen Bekannten und Opfern des Grafen gesprochen, die unabhängig voneinander sehr ähnliche Geschichten erzählen. Das Bild, das dabei entsteht, ist stimmig: es ist das Bild eines Hochstaplers, der Privatleute, Firmen und Behörden gleichermassen narrt und um viel Geld bringt – und durch seine Fantasterei und seinen Grössenwahn bisweilen auch sich selbst.

Die Masche des Grafen basiert auf seinem Adelstitel. Und hier
beginnen auch bereits die Ungereimtheiten. Bis zu seinem 47. Lebensjahr hiess der Mann Mathias Schulze. Dann liess er sich 2008 von einem adeligen Ehepaar adoptieren und nahm dessen Namen an.

Der Blog und mehrere Gesprächspartner der AZ sagen, damit habe er eine unrühmliche Vergangenheit in der ehemaligen DDR verwischen wollen. Er selbst bestreitet das vehement, bestätigt aber, dass er sich habe adoptieren lassen, «von einem sehr engen Freund ohne Nachkommen», der ihn gebeten habe, den adeligen Namen anzunehmen.

Das Wappen der Familie von Westphalen. Das Geschlecht geht zurück ins 13. Jahrhundert.

Nachfragen beim Adoptivvater jedoch zeigen: von Freundschaft keine Spur. Der angestammte Graf, ein 74-jähriger, weltläufiger Mann, Professor für politische Wissenschaften und Öffentliches Recht, möchte mit seinen markigen Worten nicht zitiert werden, da mehrere Rechtsstreite gegen seinen Adoptivsohn Mathias hängig seien. Er leide jeden Tag darunter, dass er dem Herrn Schulze damals irrtümlicherweise seinen Namen gegeben habe. In der Stimme des Vollblutadeligen klingt noch heute, elf Jahre später, leise Verzweiflung.

Damals, nach der Adoption, erwarb der Neuadelige auch einen Teil der Burg, die seine neuen «Eltern» bewohnten. Die Bank wartet bis heute auf die Zahlung von rund einer Viertelmillion Euro. Die Frau von Mathias von Westphalen bestätigt: «Ja, es gibt offene Forderungen.» Die Bank reiht sich damit ein in eine Liste von Dutzenden Gläubigern.

Mathias von Westphalen selbst sagt, er sei es gewesen, der seine Eltern habe verklagen müssen. Die Gräfin, seine neue Mutter (die jünger ist als er), sei eine Marxistin, wie der Herr Müller, der ihn ruiniert habe; das müsse man sich mal vorstellen. Deshalb habe er mit seiner Familie damals die Burg verlassen.

Andere Quellen, mit denen die AZ gesprochen hat, besagen, der Neuadelige sei unter dem Thüringer Adel, mit dem er sich so gerne habe sehen lassen, mit seinem anmassenden Auftreten schnell in Ungnade gefallen.

Spuren verwischen in Tschechien?
Gleichzeitig waren ihm offenbar deutsche Behörden auf den Fersen wegen dubioser Geschäfte, doch dazu später mehr. Episoden, die damalige Weggefährten über den Grafen erzählen, zeugen von einem ziemlich grenzwertigen Gedankengut. Belegbar sind sie nicht, doch auffallend oft fallen im Zusammenhang mit Mathias Graf von Westphalen die Worte «Lügner», «Betrüger», «Krimineller». Der Graf schiesst scharf zurück, betitelt einzelne ehemalige Weggefährten als «Nazis», «Ratten», «Psychopathen».

Belegt ist, dass sich der Graf 2014 in Deutschland abmeldete und angab, in die Tschechische Republik umzuziehen. Nur wenige Wochen später meldete er sich im Kanton Schaffhausen an. Der Verdacht liegt nahe, dass der Umweg über Tschechien dem Zweck diente, vor den Behörden seine Spuren zu verwischen. Mathias von Westphalen bestätigt, dass er den Umzug so organisiert habe, dass er «offiziell über Tschechien» einreiste. Dass er gesucht werde, bestreitet er vehement. Gründe für den Umweg über Tschechien nennt er aber nicht.

Faktisch wohnte er vorerst weiterhin in Deutschland. In Büsingen kaufte er über seine 20 Jahre jüngere Ehefrau, eine gebürtige Baronesse, die ihm mit 22 Jahren ein erstes Kind gebar, ein Haus. Mehrere Gesprächspartner sagen gegenüber der AZ, die Baronesse sei ein Werkzeug des Grafen, müsse mit ihrem Namen hinhalten für dubiose Machenschaften. Der Auszug aus dem Schaffhauser Betreibungsregister der Baronesse ist beachtlich.

In der neuen Heimat dasselbe Spiel: Bis heute wartet der Verkäufer des Hauses in Büsingen auf einen Teil der Bezahlung, einen Betrag von «mehreren hunderttausend Euro». Er nimmt den Grafen gleichzeitig aber auch in Schutz: Eine Verkettung unglücklicher Umstände habe dazu geführt, dass von Westphalen nicht gezahlt habe, nicht habe zahlen können.

Die Masche mit der Maschine
In Schaffhausen machte der Graf im Grunde genommen damit weiter, womit er mit seiner alten Firma DEL GmbH in Deutschland angefangen hat: er will Geld machen – mit Gold.

Irgendwann im Gespräch in seinem Haus steht Mathias von Westphalen auf und holt eine Plastikbox – «meine Erfindung». Es ist ein Filter, der genutzt werde, um bei Operationen Zahngold aus den Mündern der Patienten zu extrahieren. Der Herr Müller habe das Patent dazu gestohlen und den Filter nachgebaut. Müller selbst sagt gegenüber der AZ, der Graf habe den Filter weder erfunden, noch ginge es dem Grafen um den Filter. Der Filter sei, gepaart mit dem Adelstitel, nur der Türöffner gewesen, der Zugang zu den Zahnärzten verschaffe – die der Graf dann ausnehme.

Diese Version bestätigen mehrere Zahnärzte und Zahntechniker, mit denen die AZ gesprochen hat. Die Masche funktioniert, etwas vereinfacht, folgendermassen:

Der Graf tritt charmant und selbstbewusst auf, verteilt Goldwasser, erzählt Geschichten und sagt den Zahnärzten, er verfüge über eine neuartige, nasschemische «Scheideanstalt», seine zweite Erfindung. Darunter versteht man grosse technische Apparaturen, mit denen Edelmetalle durch ein komplexes Verfahren von Verunreinigungen befreit werden können. Er bietet an, das Zahngold der Ärzte mitzunehmen, in seiner Scheideanstalt ohne Verlust einzuschmelzen, zu verkaufen und die Zahnärzte dafür zu entlöhnen.

Goldwasser – das Giveaway des Grafen

Das hat er aber offenbar wiederholt nicht getan: mehrere Zahnärzte geben gegenüber der AZ an, sie seien von Mathias von Westphalen «betrogen» worden.

Ein Beispiel: Ein Zahntechniker sagt, der Graf habe über seine in Schaffhausen eingetragene Firma Schweizer SEL AG rund zwei Kilogramm Gold im Wert von rund 50 000 Franken bei ihm abgeholt. Dann habe er zuerst eine manipulierte Abrechnung vorgelegt, die einen viel tieferen Wert der Goldzähne beweisen sollte. «Unser Zahngold hat aber eine ganz andere Zusammensetzung als das Gold auf der Abrechnung.» Daraufhin sei er, der Zahntechniker, vom Grafen vertröstet worden, irgendwann habe sich dieser gar nicht mehr gemeldet. Ein schriftlicher Vertrag existierte nie. Das Geld, so der Zahntechniker, müsse er wohl abschreiben. Mathias von Westphalen bestreitet nicht, dass einzelne Zahnärzte nicht zu ihrem Geld gekommen seien, doch das sei die Schuld von Herrn Müller, den er, fatalerweise, als operativen Leiter des Aussendiensts eingestellt habe.

Verschiedene Gesprächspartner, auch solche, die dem Grafen wohlgesinnt sind, sagen, Mathias von Westphalen sei «grössenwahnsinnig», baue «Traumschlösser» und glaube selbst an seine Ideen. Was sie damit meinen, zeigt die Episode mit der ominösen Scheideanstalt:

Er sagt, er habe herausgefunden, wie die für gewöhnlich riesige Maschine so klein gebaut werden könne, dass sie in einen Schiffscontainer passe und es so möglich sei, kleinere Mengen Zahngold zu bearbeiten. Es gelang ihm offenbar auch, einem in Basel angesiedelten Finanzdienstleister 20 Prozent der Aktien seiner Firma SEL AG für sagenhafte 1,5 Millionen Euro zu verkaufen. Einen Drittel davon, rund 500 000 Euro, steckte der Graf, der sich selbst als genialen Erfinder sieht, postwendend in den Bau einer Maschine, die zwar gebaut wurde – aber nie funktionieren sollte. Von Westphalen selbst sagt, auch hierbei sei er betrogen worden. Der Herr Müller habe den Produzenten der Scheideanstalt so bearbeitet, dass dieser zuerst zusätzliche Kosten verrechnet habe und nun die Auslieferung der Maschine hinauszögere – seit ganzen eineinhalb Jahren. Es wurde also gar nie Gold extrahiert, wie der Graf den Zahnärzten und Investoren vorgegaukelt hat.

Quintessenz: Die SEL AG steht trotz der potenten Finanzspritze am Abgrund. Das wiederum, so der Graf, sei der Grund dafür, dass sie die offenen Forderungen derzeit leider nicht decken könne.

Kenner der Branche sagen, es sei vielleicht möglich, von Zahngold zu leben, aber als Einmannbetrieb und in bescheidenen Verhältnissen. Mathias von Westphalen aber wollte gross hinaus, nachdem er die 1,5 Millionen Euro bekommen hatte. Er stellte in seiner Schaffhauser Firma diverse Mitarbeiter ein und bezog von anderen Firmen Leistungen, die er nicht bezahlte. Müller sagt, von Westphalen habe die 1,5 Millionen Euro innerhalb eines Jahres «verlocht». Zum einen sei viel zu wenig Geld hereingekommen, um die horrenden Ausgaben zu decken; schon allein für das Gehalt des Grafen sei monatlich ein fünfstelliger Betrag fällig gewesen. Ein anderes Beispiel: das herrschaftliche Haus auf dem Emmersberg für eine Monatsmiete von 5600 Franken, das die Familie privat bewohnt – und das der Graf über die SEL AG gemietet hat.

Einer seiner ehemaligen Mitarbeiter hingegen sagt, er habe drei Monate für den Grafen gearbeitet, habe in dieser Zeit nie einen Vertrag erhalten und sei immer wieder vertröstet worden. Irgendwann habe er die Arbeit niederlegen müssen – er habe nie einen einzigen Franken gesehen. Ein Dienstleister, der mit dem Grafen geschäftete, sagt auf Anfrage, er habe sein Geld nach langem Vertrösten erst erhalten, als er gedroht habe, der Firma den Server abzuschalten. Ein kleiner Betrag stehe heute noch aus. Auch hier sagt der Graf: Der Müller als Geschäftsführer «mit Umsatzverantwortung» ist schuld. Die beiden Männer aber sagen klar, sie hätten nur mit Mathias von Westphalen zu tun gehabt.

Doch wie immer, wenn man den Grafen kritisiert, bombardiert er einen mit «Fakten, Fakten, Fakten».

Ein Rollkoffer voller «Fakten»
Zwei Tage vor Erscheinen dieses Artikels kam der Graf mit einem Rollkoffer voller Unterlagen auf die Redaktion. Erneut zückte er dossierweise Akten, hackte wie wild auf seinem Laptop herum, zeigte irgendwelche eidesstattliche Versicherungen, merkwürdige «Beweise», die die Skrupellosigkeit und Boshaftigkeit seiner Gegner belegen sollen. Für alle Vorwürfe hat er irgendein Papier, das ihn reinwaschen soll. Fazit: Schuld sind die anderen. Merkwürdig daran: es «passiert» immer wieder aufs Neue, dass der Graf stattliche Löcher in fremde Kassen reisst; seien es die der Banken (wie etwa in Thüringen), die der ehemaligen Hauseigentümer (wie in Büsingen), der Investoren (wie in Basel), der Zahnärzte (wie in ganz Deutschland), der Mitarbeiter (wie in Schaffhausen) oder der Behörden (auch Stadt, Kanton und der Bund haben Betreibungen eingeleitet) – und dabei ist natürlich er selbst das Opfer. «Ich glaube, dass ich zu vertrauenswürdige Signale aussende», sagt der Graf.

Zum Schlamassel mit der Schaffhauser Firma sagt er, der einzige Fehler, den er selber gemacht habe, sei, dem Herrn Müller zu vertrauen, der die Firma zugrunde gewirtschaftet habe. «Stellen Sie sich vor, dieser Mann hat Aussendienstler über Ebay-Kleinanzeigen akquiriert. Da melden sich doch nur Leute auf Hartz IV!» Müller sei verantwortlich für ein operatives Minus von 850 000 Franken. Müller selbst sagt, das sei völlig absurd, und verweist darauf, dass er ja nicht einmal im Handelsregister eingetragen sei und keine Unterschriftsberechtigung bei der Bank habe. Auch habe er mit Bestimmtheit nichts mit dem Buttersäure-Attentat auf die Familie von Westphalen zu tun oder mit dem Blog im Internet.

Der wundersame Spritsparer
Schaut man sich Herrn Müller etwas genauer an, blinken auch bei ihm die Warnsignale. Er hat tatsächlich eine Firma gegründet, welche den Grafen konkurrenziert, was er gemäss Arbeitsvertrag nicht darf. Er hat tatsächlich interne Informationen der SEL AG weiterverbreitet, was er gemäss Vertrag nicht darf. Sein Betreibungsregister ist alles andere als unbefleckt. Kreditinformationsinstitute bescheinigen ihm eine miserable Bonität. Seinem Gebaren zufolge scheint es gut möglich, dass er tatsächlich hinter dem Blog steht.

Energisch erzählt Mathias Graf von Westphalen, wie er vergebens vor diversen Gerichten dafür kämpfe, dass die Drahtzieher dieses diffamierenden Blogs zur Rechenschaft gezogen würden, und wie er dabei immer wieder gescheitert sei – «Die Linken haben die deutschen Strafverfolgungsbehörden totgespart. Deutschland ist ein rechtsfreier Raum.»

Der Müller habe gewonnen, sagt der Graf schliesslich niedergeschlagen. Er müsse sich wohl oder übel geschlagen geben und die Goldbranche verlassen. Was das genau bedeutet, bleibt sein Geheimnis.

Nach fast zwei Stunden in seinem Haus auf dem Emmersberg fragt er plötzlich: «Fahren Sie Auto?» Er habe da etwas ganz Neuartiges erfunden. Der Graf steht auf und bringt eine Art Metallkolben, sehr schwer, einen sogenannten «Benzinsparer». Das Gerät müsse man nur ins Auto einbauen, dann senke sich der Treibstoffverbrauch um bis zu 30 Prozent. Er habe das Gerät nicht patentieren können (was er mit nicht nachvollziehbaren Gründen erklärt). Deshalb könne er es nicht verkaufen – ich könne es aber mieten. Er habe den Benzinsparer in seinem Auto eigenhändig getestet und äusserst überzeugende Resultate erzielt. «Mein Erfindergeist ist eine Last – aber es gibt schlimmere Krankheiten», sagt er, und dann rutscht ihm doch noch ein Lächeln über die Lippen.

Der Spritsparer des Grafen

Der Graf wird wohl weiterziehen. Das Haus auf dem Emmersberg müsse er verlassen, sagt er. Der Gestank der Buttersäure hat sich mittlerweile verflüchtigt, doch offenbar hat von Westphalen die letzten Mieten nicht bezahlt.

Gut möglich, dass er um den Benzinsparer sein neues Traumschloss aufbaut – und Menschen findet, die darin investieren.