Geht ein Schwuler in eine Bar …

22. April 2019, AZ-Redaktion
Foto: Peter Pfister
Foto: Peter Pfister

Mann, Frau Mona! – eine Kolumne von Tobias Urech alias Mona Gamie

Ich möchte mich schon vorab entschuldigen, liebe Leserin, lieber Leser: Die heutige Kolumne wird ernst. Obwohl das Thema eigentlich ein Witz ist – leider aber ein so schlechter, dass man gar nicht richtig drüber lachen kann …

Vergangene Woche Montag haben die EDU und die Junge SVP über 70 000 Unterschriften fürs Referendum gegen die neue Rassismus-Strafnorm eingereicht. Das Gesetz sollte, so beschloss es zuvor das Parlament, nämlich neu nicht nur den Hass gegen Ethnien und Religionen unter Strafe stellen, sondern auch jenen gegen Homosexuelle. Genau daran stossen sich aber die beiden Kleinstparteien. Denn die rechte Allianz fürchtet um ihre Witze.

Kein Scherz – sie wollen weiterhin hemmungslos Homowitze machen können. So jedenfalls die Argumentation der verkannten Komikerinnen und Komiker. «Wir haben nichts gegen Lesben und Schwule, aber man wird ja wohl noch sagen dürfen…», lassen sie verlauten. Darum müsse man eben, statt die Homos selbst, die Witze über die Homos schützen. Alles andere wäre Zensur und damit eine Beschneidung der Meinungsfreiheit. So fordern sie also: Freiheit für die Zote!

Nun gut, zugegeben: Es gibt tatsächlich lustige Schwulenwitze (Wohin geht ein schwuler Jäger? Zu seinem Horst!) und es wäre schade, wenn die verschwinden würden. Denn, so das Bonmot eines grossen Unsinnigen – äh – Freisinnigen: «Rire c’est bon pour la santé!»

Aber wenn wir das Ganze nüchtern betrachten, dann leuchtet selbst jenen mit «verkehrtem Hirnlappen» ein, dass die Argumentation von EDU und JSVP ein böser Scherz sein muss. Denn: Schlechte Witze zu reissen, wird auch mit den Gesetzesanpassungen noch erlaubt bleiben. Einzig Aufruf zu Hass wird strafbar.

Im Endeffekt geht es den Ulk-Parteien in ihrem Bubenstreich vor allem darum, dass sie sich auch zukünftig – und wohl vor allem in Bezug auf die Debatte um die Öffnung der Ehe – unflätig, herabwürdigend und schlicht homophob äussern können. Sie wollen Rechte verweigern und ungeschoren davonkommen. Eigentlich geht es bei der kommenden Abstimmung um die Gretchenfrage: Wie finden denn Herr und Frau Schweizer uns Homos so? Sind wir genug akzeptabel, um Schutz vor Übergriffen zu bekommen? Oder taugen wir höchstens als namenlose Hofnarren im Trauerspiel der Volchswitze?

Sie fragen vielleicht nach der Pointe dieses Witzes. Ich kenne sie auch nicht. Vielleicht: Schlechte Scherze scheinen traditionellerweise im helvetischen Kulturgut verankert zu sein. Man denke nur ans Frauenstimmrecht. Von heute aus betrachtet ist es ein grosser Witz, dass es erst 1971 eingeführt wurde. Oder das Eherecht, das Ehefrauen bis 1988 gesetzlich vorschrieb, den Haushalt zu führen und die Erlaubnis des Ehemanns einzuholen, falls sie einer Arbeit nachgehen wollten. Ein Witz, dass es erst 1988 modernisiert wurde. Immerhin: Die langen, unzähligen Kämpfe haben sich gelohnt, die fortschrittlichen Kräfte haben sich durchgesetzt. Das stimmt mich mit Blick auf die kommenden Abstimmungen hoffnungsvoll. Denn: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

* Mona Gamie ist die Bühnenfigur von Tobias Urech. Sie tritt als singende Dragqueen auf und schreibt an dieser Stelle regelmässig über ihre Beobachtungen.