Der heutige Streitpunkt: Wer ist der bessere Trainer für den FC Schaffhausen, der eben geschasste Boris Smiljanić oder der neu verpflichtete Jürgen Seeberger, der den FCS einst in die Super League geführt hatte?
Schon äusserlich betrachtet – angegrauter Hipster-Boy versus glattrasierter Walter White – ist klar, dass es sich hierbei nicht um bei der Geburt getrennte Zwillinge handelt. Blickt man hinter die Tapete, wird die Gegensätzlichkeit noch grösser, praktisch Links- und Rechtsfuss.
Grundsätzlich erinnert die Marke «Seeberger und Smiljanić» an eine ausgesprochen zuverlässige Sanitär-Bude. Müssten die beiden jedoch gleichzeitig dasselbe Klo reparieren, käme das schlecht heraus. Während Smiljanić zum dreiunddreissigteiligen Schraubenzieherset greifen, vielleicht sogar seinen Laptop anschliessen würde, um die Fehlerquelle zu eruieren, würde Seeberger gleich mit Vorschlaghammer und Brecheisen auffahren – oder, falls die Not gross ist, die ganze Schüssel zubetonieren.
Die Taktik
Damit sind wir bei der Spielphilosophie angelangt (der Begriff Philosophie ist allerdings viel zu hochtrabend; wie alles im Leben ist auch der Fussball bloss eine Aneinanderreihung von mehr oder weniger geplanten Zufällen).
Die Ausgangslage lautet hier vertikal versus horizontal. Das beweist ein Test mit der Stoppuhr. Dauert ein Angriff, vom Abstoss des Torhüters bis zum Schuss auf den gegnerischen Kasten, länger als elf Sekunden, und werden erst noch mehr als zwei Ballberührungen benötigt, so kann Jürgen Seeberger beim besten Willen keinen Fussball darin erkennen, höchstens die schlechte Kopie einer Pferdedressur.
Bei Boris Smiljanić wiederum muss der Angriff mindestens viereinhalb Minuten andauern und einundvierzig Pässe umfassen, wobei der Ball, zum krönenden Ende, mit einem gefühlvollen Querpass von der Grundlinie aus ins gegnerische Tor zu streicheln ist (am besten vom eigenen Torhüter, der bei Smiljanić als verkappter Spielmacher agiert).
Dieses Yin-und-Yang schlägt sich auch im Spielsystem nieder. Smiljanić mag die 4-4-2-Formation, allerdings lässt er ohne Flügelläufer spielen, Stichwort Zentrum dichtmachen. Das führt dazu, dass sich gefühlt zwei Dutzend Spieler in der Mitte des Felds gegenseitig auf die Latschen treten, ein Tanzkurs für Anfänger ist nichts dagegen.
Ganz anders beim Herrn Seeberger. Sein präferiertes 3-5-2-System folgt getreu der Logik eines Ü-40ers, der sich seit langem mal wieder in eine Disco verirrt hat: hinten reinstellen, ein bisschen bewegen (nicht zu viel!) und schauen, ob sich etwas ergibt.
Wir fassen zusammen: Wollte man, aus welchen Gründen auch immer, dass einer der beiden Trainer an frühem Herzversagen dahinsiecht, müsste man sie nur zwingen, ein Spiel des jeweils anderen zu schauen.
Die Aura
Aber ja, zurück zur Frage, wer nun besser zum FC Schaffhausen passt. Punkto Taktik steht es wohl unentschieden; ihr Potenzial der Unbeweglichkeit, der Unflexibilität ist mindestens gleich gross. Das bedeutet, dass das Renommée entscheiden muss, die Aura.
Wenn man in Schaffhausen über Jürgen Seeberger spricht, dann ist das so, als ob mehr als ein Typ am Tisch sitzt, der zum Militär ging (also zu viel). Dann nämlich endet man eher früher als später in romantisierenden Anekdoten: «Weisst du noch, damals im Biwak? Als der Binder kotzen musste und den Wachtelmeister traf?» Vielleicht fand man das damals ja tatsächlich lustig. Aber würde man das heute nochmals machen? Natürlich nicht.
Bei Boris Smiljanić verhält es sich wie mit der Fasnacht: Es gibt nur Liebe oder Hass. Und da Señor Boris 1,92 Meter lang und sein Kreuz mindestens so breit ist, wollen wir uns, unserer schlechten Krankenversicherung sei Dank, auf die Seite der Liebe schlagen.
Damit lautet das Resultat: Smiljanić 1, Seeberger 0.