Es war eine illustre Schar, die sich am Dienstagmorgen in einem Saal des Schaffhauser Kantonsgerichts einfand, um der Obergerichtsverhandlung im Fall Luca W. (siehe AZ vom 23. November) beizuwohnen. Der kleine Saal platzte aus allen Nähten.
Ein Mann wollte seinen riesigen Schäferhund mit in den Gerichtssaal nehmen und war gar nicht erfreut, dass ihm dies nicht gestattet wurde. Ein kleiner Unterstützerkreis um F. (Fall Blöchlinger) war zugegen. Eine Gruppe dubioser Verschwörungstheoretiker und Justizkritiker reiste eigens aus Deutschland mit Videoequipment an und verspottete nach der Verhandlung den Staatsanwalt Thomas Rapold subtil, aber persönlich.
Dazwischen aber, während der Verhandlung, lief alles in geordneten Bahnen.
Der Anwalt von Luca W. monierte «gravierende Verfahrensmängel». Seinem Mandanten sei ein persönliches Konfrontationsrecht mit den einvernommenen Zeugen vorenthalten worden. Sein Mandant habe das Recht, bei Einvernahmen dabei zu sein gemäss Strafprozessordnung, sagte der Anwalt.
Ausserdem griff der Anwalt das Gutachten des psychiatrischen Forensikers an, das empfiehlt, für Luca W. eine stationäre Massnahme gemäss Art. 59 StGB anzuordnen. Dieses solle aus dem Recht gewiesen werden und im Prozess keine Rolle mehr spielen dürfen.
Erstens nehme das Gutachten auf die Einvernahmen Bezug, die wegen der Verfahrensmängel nicht verwertbar seien. Ausserdem habe der Gutachter verschiedene Fehler begangen.
Der Anwalt plädierte für eine Gefängnisstrafe von acht Monaten bedingt sowie eine ambulante Massnahme: eine Therapie bei einer Psychiaterin, zu der Luca W. Vertrauen habe.
Staatsanwalt Thomas Rapold erhob Anschlussberufung und forderte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie eine anschliessende stationäre Massnahme gemäss Art. 59 StGB.
Die frühere Verteidigerin von Luca W. sei bei allen Einvernahmen nach der Tat zugegen gewesen. Die Teilnahmerechte des Beschuldigten seien damit gewahrt gewesen.
Das Gutachten des forensischen Psychiaters sei vollständig und schlüssig, ausserdem werde es vom Gutachten des Massnahmezentrums Bitzi gestütz, wo Luca W. seit der Tat im August 2017 einsitzt. Auch dieses besagt, die Massnahme solle fortgesetzt werden.
Das Obergericht wies sowohl die Berufung des Beschuldigten als auch die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ab.
Die verfahrensrechtlichern Einwände bezüglich der Einvernahmen wurden als «nicht stichhaltig» eingestuft. Luca W. wurde zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Der Vollzug wird zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB aufgeschoben.
Das Gutachten der Bitzi hingegen klingt hoffnungsvoll: Er würde auf die Medikamente ansprechen. Der therapeutische Weg führe über Arbeitsintegration. Das Gutachten stellt auch einen offenen Vollzug zur Diskussion.