Kein Freipass für die Mächtigen

17. September 2018, Jimmy Sauter

Das taugt nichts: Kommentar von Jimmy Sauter über die Verordnung zum Öffentlichkeitsgesetz.

Jimmy Sauter

Jimmy Sauter

Die neue Verordnung zum Schaffhauser Öffentlichkeitsprinzip taugt nichts. Dieser Ansicht ist die Redaktion der «az». Sie empfiehlt Ihnen, geschätzte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt, am 23. September 2018 ein Nein in die Urne zu legen.

Und zwar darum: Das Öffentlichkeitsprinzip, wie es in der Verfassung des Kantons Schaffhausen niedergeschrieben ist, hält grundsätzlich fest, dass jede Person amtliche Akten einsehen darf. Weil nicht jeder Bürger Zeit oder Lust hat, immer wieder in die Amtsstuben zu marschieren, um zu überprüfen, was mit seinen Steuergeldern geschieht, übernehmen die Medien diese Funktion – oder sollten es zumindest tun. Es wäre die Aufgabe der Journalistinnen und Journalisten, das Handeln des Staates – der Regierung, des Parlaments und der Justiz – kritisch zu durchleuchten; schliesslich geht es um Hunderte Millionen Franken, die jedes Jahr irgendwie ausgegeben werden.

Die «az» versucht, dieser anspruchsvollen Aufgabe nachzukommen, stösst aber bereits jetzt immer wieder auf Widerstände.

Nun will die Schaffhauser Politik das Öffentlich­keitsprinzip einschränken. Mehrere Gremien sollen künftig zur Dunkelkammer werden. Was sie besprechen, soll keiner erfahren.

Das Ziel ist ein altbekanntes: Die Mächtigen wollen nicht, dass ihr Handeln aufgedeckt werden und allenfalls Konsequenzen haben könnte.
Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass praktisch das gesamte Stadtschaffhauser Parlament der neuen Verordnung zugestimmt hat. Auch die Sozialdemokraten, die in der Stadt einen wesentlichen Teil der Macht in den eigenen Händen halten.

Sie argumentieren unter anderem damit, dass das Finden von Kompromissen hinter den Kulissen erschwert wird, wenn immer wieder aus Protokollen zitiert werden kann. Ob das zutrifft, darf jedoch bezweifelt werden.

Erstens wird bereits heute erst Einsicht gewährt, nachdem politische Geschäfte abschlies­send behandelt wurden. «Die vorzeitige Bekanntgabe von internen Arbeitspapieren» ist explizit im Organisationsgesetz verboten.

Zweitens: Würden wir Stimmbürgerinnen und Stimmbürger tatsächlich jene Politiker abwählen, die sich für Kompromisse einsetzen? Oder ist nicht gerade das Gegenteil der Fall, nämlich dass selten politische Hardliner in Regierungen gewählt werden?

Damit zu einem anderen kritischen Punkt der Verordnung: Die Politik will höhere Gebühren einführen.

Gerade die «az» als kleine Zeitung mit bescheidenen personellen und finanziellen Ressourcen, die jedes Jahr auf Spenden angewiesen ist, stösst bereits heute immer wieder an Grenzen. Hätten wir mehr Geld, wären wir häufiger vor Gericht gezogen, um uns gegen die Verweigerung von amtlichen Dokumenten zur Wehr zu setzen. Dass die Behörden nämlich häufig zu viel verheimlichen, zeigt eine schweizweite Analyse (siehe dazu unser Artikel «Zitierverbot und Hinhaltetaktik»).

Ausserdem bedeuten höhere Gebühren im Endeffekt auch: Den Staat kontrollieren kann nur noch, wer genug Geld hat.
Dagegen wehren wir uns, indem wir das Referendum gegen diese Verordnung unterstützt haben und nun ein Nein empfehlen.