Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid des Schaffhauser Obergerichts: Erich Schlatter muss in
stationärer Behandlung bleiben. Doch ist das nun definitiv das letzte Kapitel in der Akte Schlatter?
Es war der wohl letzte Strohhalm, an den sich Erich Schlatter ernsthaft klammern konnte: die Berufung vor Bundesgericht.
Wie die «az» berichtete, wurde Schlatter vom Kantonsgericht wegen diverser Delikte zu 20 Monaten Gefängnis und einer stationären Massnahme verurteilt, einer «kleinen Verwahrung». Das Obergericht bestätigte das Urteil. Nun hat auch das Bundesgericht Schlatters Berufung abgelehnt und das Urteil erneut bestätigt.
Schlatters Anwalt Martin Schnyder argumentierte mit dem Willkürverbot, dem Verbot unmenschlicher Behandlung und dem Recht auf Freiheit. Es müsse ausgeschlossen werden, dass mit einer Behandlung jemals Therapiewilligkeit erreicht werden könne. Und es sei nicht davon auszugehen, dass durch Zwangsmedikation eine minimale Krankheitseinsicht und Mitarbeit bei einer Therapie bewirkt werde. Das Urteil laufe auf eine «faktische Verwahrung hinaus», weil das Therapieziel einer Entlassung in Freiheit nicht erreichbar sei.
Das Obergericht hatte argumentiert, dass von Schlatter weiterhin eine «deutlich erhöhte Gefahr weiterer Straftaten» ausgehe. Ausserdem bestehe eine «gewisse Aussicht», dass er sich irgendwann mit seiner Situation abfinden und seinen Widerstand aufgeben könnte. Es bestünden «recht gute Aussichten», dass sich sein Zustand «unter konstanter Gabe eines Depotneuroleptikums beruhigen könnte». Dennoch sei nicht anzunehmen, dass seine «völlig verfestigte paranoide Fehlhaltung und die bekannte Hemmungslosigkeit im Kampf gegen das verhasste System dadurch nachhaltig tangiert würden. Man müsse den Betroffenen streng genommen als «unbehandelbar» bezeichnen.
Das Bundesgericht stützt diese Argumentation. Es sagt unter anderem, die Verminderung der Rückfallgefahr müsse nicht zwingend auf einer Heilung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes beruhen; es genüge auch, wenn die psychopathologischen Symptome unterdrückt oder zurückgedrängt würden. Ein Depotneuroleptikum sei dazu grundsätzlich geeignet. Fazit: Eine stationäre therapeutische Massnahme verspreche für Schlatter längerfristig «ein grösseres Mass an Freiheit, als dies bei einem Vollzug der Freiheitsstrafe mit anschliessender Entlassung der Fall wäre».
Andreas Jenni vom zuständigen Amt für Justiz und Gemeinden sagt auf Anfrage der «az», derzeit würden mögliche Institutionen innerhalb des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats ersucht, Schlatter aufzunehmen. Er sprach von Anstalten wie Münsterlingen, Rheinau oder Pöschwies. Wenn sich Schlatters Situation verbessern sollte, wäre unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Verlegung etwa in eine geschlossene Wohneinrichtung möglich.
Doch auch mit dem Urteil des Bundesgerichts ist die Angelegenheit nicht beendet. Anwalt Schnyder sagt, er und Schlatter würden das Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterziehen. Das Bundesgericht habe die wesentlichen Punkte der Berufung gar nicht thematisiert. Die Chancen dürften jedoch bescheiden ausfallen.
Der Vollzug des Bundesgerichtsurteils wird damit nicht aufgeschoben.