Die neuen Regeln zum Öffentlichkeitsprinzip ermöglichen den Stadtbehörden, die Einsicht in Dokumente zu erschweren oder ganz zu verunmöglichen. Jetzt werden dagegen Unterschriften gesammelt.
Der fünfseitige Beschluss des Stadtparlaments heisst «Verordnung über das Öffentlichkeitsprinzip der Stadt Schaffhausen». Bekämpft wird er aber mit einem Unterschriftenbogen, auf dem die Worte «Intransparenz» und «Geheimhaltungsverordnung» stehen. Worum geht es?
Seit 2003 gilt in Schaffhausen das Öffentlichkeitsprinzip, ein Grundsatz, wonach amtliche Dokumente für jeden und jede einsehbar sind, wenn nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen dem entgegenstehen. In den letzten Jahren haben Schaffhauser Medien, vor allem die «az» und die «Schaffhauser Nachrichten», vermehrt mit diesem Instrument gearbeitet. Bei der Stadt entstand offenbar der Wunsch nach klareren Regeln.
Präziser und restriktiver
Am 6. März stimmte der Grosse Stadtrat mit deutlicher Mehrheit der «Verordnung über das Öffentlichkeitsprinzip der Stadt Schaffhausen» zu. Die Stadt hat damit die Einsicht in amtliche Dokumente aber nicht nur präziser geregelt, sondern auch erheblich erschwert. Unter anderem sind Exekutivbehörden wie der Stadtschulrat künftig vom Öffentlichkeitsprinzip weitgehend ausgenommen. Ausserdem wurden Gebühren von bis zu 500 Franken definiert, und es soll möglich sein, die Einsicht mit Auflagen zu verbinden – zum Beispiel, dass aus einem Protokoll nicht zitiert werden darf. Ein Unikum letztlich ist eine Bestimmung, wonach Einsicht verweigert werden soll, wenn «ein Aufwand entstehen würde, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum Einsichtsinteresse steht».
Diesen Passus hält Martin Stoll, Geschäftsführer des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch, für problematisch, weil er der Verwaltung viel Auslegungsspielraum gebe. Kritisch ist Stoll auch gegenüber Gebühren: «Sie sind nur nachvollziehbar, wenn ein ausserordentlich grosser Aufwand entsteht.» Grundsätzlich, so Stoll, müsse die Verwaltung ihrer Informationspflicht kostenlos nachkommen.
Claudio Kuster, der die Verordnung bereits während ihrer Entstehung kritisch begleitet hat, fordert deshalb eine Volksabstimmung. «Bisher war das Öffentlichkeitsprinzip in der Verfassung schlank und liberal geregelt, Einsichtsgesuche waren durchsetzbar. Die neue Verordnung schafft Hürden, sie gibt den Zuständigen einen ganzen Werkzeugkasten, um einerseits abzuschrecken und andererseits Einsicht in Dokumente vermehrt zu verhindern», sagt Kuster.
600 Unterschriften sind nötig
Zusammen mit Verbündeten sammelt er deshalb Unterschriften für ein Referendum. Finanzielle Unterstützung kommt vom Presseverein, die AL hilft beim Sammeln der Unterschriften, ausserdem haben sowohl die «az» als auch die «SN» die Verordnung bereits inhaltlich kritisiert.
Bis zum 9. April müssen 600 Unterschriften zusammenkommen, damit die Stimmbevölkerung der Stadt über die Verordnung abstimmen kann.
Kommentar: Wir mischen uns ein
Wie die «az» bereits geschrieben hat, ist diese Verordnung eine unzulässige Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips. Ganz im Sinne der Transparenz – darum geht es schliesslich – legen wir hiermit offen, dass die Redaktion das Referendum mit Rat und Tat unterstützt. Wir möchten Ihnen deshalb ans Herz legen, das Referendum zu unterschreiben.Wir haben entschieden, uns hier einzumischen, weil dieser Angriff auf die Transparenz unsere Arbeit einschränkt – und weil damit auch Sie als Leserinnen und Leser betroffen sind.
Unterschreiben können alle in der Stadt Schaffhausen Stimmberechtigten. Am Samstag liegt ein vorfrankierter Unterschriftenbogen in allen Haushalten, oder Sie können ihn hier ausdrucken, in der Mitte falten und einwerfen.