Der Kanton führt eine schwarze Liste, auf der Personen aufgeführt werden, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen. 100’000 Franken kostet die Liste jedes Jahr. Ob sie etwas bringt, ist fraglich.
Sie sind en vogue, die bösen schwarzen Listen. Die EU führt eine mit den Steueroasen. Das US-Finanzministerium hat eine, auf der gewichtige russische Geschäftsleute stehen. Und der Kanton Schaffhausen macht ebenfalls mit: Seit einigen Jahren landen Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen, auf der schwarzen Liste säumiger Prämienzahler.
Die Liste sei als abschreckende Massnahme eingeführt worden, sagt Bruno Bischof, Leiter des Schaffhauser Sozialversicherungsamtes: «Damit sollen Personen, die ihre Krankenkassenprämien theoretisch bezahlen könnten, aber offenbar unwillig sind, unter Druck gesetzt werden, damit sie die Prämien doch bezahlen.» Und es hat Folgen: Für Personen, die auf der Liste stehen, übernehmen die Krankenkassen nur noch Notfallbehandlungen.
Nur scheint das Druckmittel in der Praxis nicht wirklich zu funktionieren. Derzeit stehen in Schaffhausen rund 870 Personen auf der schwarzen Liste. Am
31. Mai 2014 waren es erst 270. Vor diesem Hintergrund sagt auch Bruno Bischof: «Wir haben den Eindruck, dass es zumindest nicht viel bringt, diese Liste zu führen.»
Mit dieser Einschätzung ist Bischof nicht allein. Auch der Krankenkassenverband Santésuisse steht den schwarzen Listen skeptisch gegenüber: «Der administrative Aufwand aller Beteiligten steht in keinem Verhältnis zum Nutzen dieser Liste», sagt Sandra Kobelt, Mediensprecherin von Santésuisse.
Die Zürcher Studie
Derzeit führen neun Kantone eine solche Liste. Einige Kantone haben sie nie eingeführt, darunter Zürich. Ende 2015 sahen sich die Zürcher in ihrem Entscheid bestätigt. Eine Analyse im Auftrag der Zürcher Gesundheitsdirektion verglich das Zahlungsverhalten von Personen in Kantonen mit und in Kantonen ohne Liste. Das Ergebnis: «Der Nutzen von Listen für säumige Prämienzahlerinnen und -zahler kann nicht nachgewiesen werden.» Dem «grossen Aufwand» stehe die «fragliche Wirksamkeit» der schwarzen Liste gegenüber, heisst es in der Medienmitteilung.
Auch in anderen Kantonen wird die Wirksamkeit der schwarzen Liste infrage gestellt. In Solothurn ist Mitte November 2017 ein überparteilicher Vorstoss zur Abschaffung der Liste eingereicht worden. Wie in Schaffhausen ist die Zahl der Personen auf der Liste deutlich angestiegen, von 1’090 Personen im Jahr 2013 auf 2’678 Ende Oktober 2017.
Schaffhausen führt die Liste noch – dabei wollte sie der Regierungsrat bereits einmal abschaffen. Der Verzicht auf die Weiterführung der Liste war Teil des Sparpakets ESH4. Laut dem Bericht vom Herbst 2014 hätten damit jährlich 100’000 Franken an administrativen Kosten eingespart werden können. Nur, die Liste wurde nicht abgeschafft, weil das Stimmvolk – vermutlich unbewusst – sein Veto einlegte:
Die Abschaffung der Liste war Teil des neuen kantonalen Krankenversicherungsgesetzes, das im Juli 2016 zur Abstimmung kam. Der Abstimmungskampf drehte sich allerdings nie um diese Liste, sondern um die Höhe der Prämienverbilligungen. Die bürgerlichen Parteien wollten die Prämienverbilligungen kürzen, die linken nicht. Das Stimmvolk folgte den Linken, das neue Krankenversicherungsgesetz und damit auch die Abschaffung der Liste wurde abgelehnt. Es blieb alles beim Alten.
Der Gegner aus der SVP
Nun will sich die Schaffhauser Regierung des Themas wieder annehmen. In ihren kürzlich publizierten Jahreszielen steht, sie wolle einen Entscheid über die Abschaffung oder modifizierte Weiterführung der schwarzen Liste fällen. Es wäre keine Kehrtwende, würde sich die Regierung für die Abschaffung entscheiden.
Support würde die Regierung von Kantonrat Roland Müller (Grüne) erhalten, der sich ebenfalls für die Abschaffung der Liste ausspricht und kürzlich einen politischen Vorstoss eingereicht hat. Auf der rechten Seite sieht es allerdings anders aus: SVP-Kantonsrat Peter Scheck sagte gegenüber «Tele Top»: «Ich bin überzeugt, dass man die Liste auch günstiger führen kann. Dann würde sogar noch ein Gewinn herausschauen, den man dem Steuerzahler zurückgeben kann.»