Mad Schaffhausen

15. Januar 2018, Kevin Brühlmann

2018 könnte ein absurdes Jahr werden. Wir wagen einen Ausblick (alle Angaben wie immer ohne Gewähr).

 

15. Januar: Tumulte im Parlament. SVP-Kantonsrat Walter Hotz lanciert ein Amts­enthebungsverfahren gegen den Regierungsrat, weil dieser EKS-Aktien im Wert von 32 Millionen Franken an den Thurgau verkauft hat. Ohne den Kantonsrat zu informieren. Das Parlament stützt Hotz. Es kommt zu Rangeleien. SVP-Kantonsrat Mariano Fioretti verlässt den Saal mit einer blutenden Nase. Neuwahlen werden auf den frühestmöglichen Termin angesetzt: Sonntag, 1. April.

Walter Hotz rebelliert.

16. Januar: Auf der Titelseite der «SN» kommentiert Chefredaktor Robin Blanck: «Affäre Regierungsrat: Die SP schafft sich selbst ab.» Das Bild daneben zeigt Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel, wie sie Mariano Fioretti einen linken Haken verpasst.

29. Januar: Exodus beim FC Schaffhausen! Gleich zehn Spieler wechseln zum Partnerteam GC. Kunstrasenallergie, so die Begründung. Die Partnerschaft sei «für alle eine Win-win-Situation», erklärt der verzweifelte FCS-Geschäftsführer Marco Truckenbrod Fontana vor versammelter Presse. In einem Anflug von Bedeutungsschwangerschaft kürzt er seine Hosenbeine mit einer Säge. «Zur Veranschaulichung meiner Situation», schluchzt er.

1. Februar: Eil-Pressekonferenz im Regierungsgebäude. Inhalt: geheim. Dann lüftet Regierungspräsident Christian Amsler den Schleier: «Da ich zum zweiten Mal die Ehre habe, Sie zu repräsentieren, will ich, wie schon 2014, als ich den Kanton joggend umrundete, etwas Spezielles tun.» Er schnipst mit den Fingern, und ein Weibel stösst ein dreirädriges Liegevelo in den Raum. Amsler erklärt, dass er damit nach Brüssel fahren wolle, wo er mit Vertretern der EU «wichtige Sondierungsgespräche für unser kleines Paradies» führen werde.

5. Februar: Rückrundenstart. Der FCS ist zu Gast beim FC Aarau. Auf dem Matchblatt eine Überraschung: Da sich Hakan Yakin mit seinem Bruder Murat verkracht hat («Er bevormundete mich dauernd», schmollte Haki im «Blick»), wechselte er von den Grasshoppers zurück zum FCS. Wegen der vielen Abgänge wird Haki als Spieler reaktiviert. Nach 45 Minuten führt Aarau 2:0. In der Halbzeit gönnt sich Haki fünf Zigaretten, «um die Lunge anzuregen». Dann dreht er das Spiel mit drei Freistosstoren.

Hakan Yakin kehrt zum FCS zurück.

6. Februar: Der «Blick» titelt: «Haki und Nati – ein Muss!».

4. März: Die NoBillag-Initiative kommt knapp durch (50,4% Ja-Stimmen). Radio Munot streicht vier Fünftel seines Programms (das Wetter bleibt) und sichert sich die Audiorechte von Blocher TV. Multimillionär Giorgio Behr kauft das vor dem Aus stehende Radio Rasa. Dem Vernehmen nach soll der Kauf auch Behrs Versprechen beinhalten, dass die Redaktion nur dreimal täglich über die Kadetten-Handballer berichten muss.

7. März: Noch-Regierungspräsident Chris­tian Amsler startet seine Liegevelotour nach Brüssel.

14. März: Radio Munot erweitert sein Audio-Blocher-Konzept: Christoph Blocher wird ein Mikrophon in die rechte Wange implantiert. Alles wird live übertragen, rund um die Uhr, ungeschnitten. Bei Toilettenpausen spielt die einzige verbliebene Moderatorin Werbung ein.

31. März: Die abtretende SVP-Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel räumt ihr Büro nach 13 Jahren Amtszeit. Dabei stösst sie auf eine staubige Kiste mit der Aufschrift «zerbrechlich». Darin entdeckt sie ein Freundschaftsbuch, in dem sich ihre Parteikollegen verewigt haben.

1. April: Regierungsneuwahlen. Die Wahl­beteiligung liegt nur bei 3,8%. Einerseits hat Blocher darüber nichts im Radio erzählt, andererseits halten die meisten die Wahl für einen Scherz – wegen des Datums. Das führt zu einem Erdrutsch in der Schaffhauser Politik. Walter Hotz von der SVP wird gleich viermal gewählt. Alle Bisherigen sind somit abgesetzt.

11. April: Cornelia Stamm Hurter lässt ihre Wahlplakate vom November 2017 entfernen.

20. April: Walter Hotz ruft eine «demokratische Monarchie» aus. Er lässt sich von Cornelia Stamm Hurter krönen – sie sei schliesslich die einzige andere «vom Volk auserwählte» Regierungsrätin.

21. April: Die Krönung löst einen internationalen Medienorkan aus. Donald Trump gratuliert Hotz via Twitter: «Genius Mr Hotz. Total genius. Let’s have a covfeve together. But to make it clear: My red button is bigger than yours.»

1. Mai: Tag der Arbeit. «Ich glaub, ich kotz: Anti Hotzenplotz!» lautet der populärste Slogan. Als Rednerin tritt AL-Politikerin Susi Stühlinger auf. Sie warnt vor einer «braunen Suppe, die wir nun auslöffeln müssen».

2. Mai: In den «SN» titelt Blanck: «1.-Mai-Affäre: Die AL schafft sich selbst ab.»


21. Mai:
Im letzten Saisonspiel fegt der FCS den FC Winterthur mit 6:1 vom Plastikrasen (Haki schiesst seine Saisontore 24 bis 26). 1’056 Zuschauer verfolgen die Tupperware-Party. Damit steht der FCS als Aufsteiger in die Super League fest. Haki verspricht, «auf alle Fälle bei diesem familiären Klub zu bleiben, der mir ans Herz gewachsen ist».


8. Juni:
Hakan Yakin reist mit der Schweizer Nationalmannschaft an die WM in Russland.


24. Juni:
Die Linke gibt sich kämpferisch. An einem ausserordentlichen Parteitag segnet die SP ein neues Parteiprogramm ab. Man wolle den «Turbo-Kapitalismus Hotz’scher Prägung» überwinden. Der Neuhauser Flügel der SP boykottiert das Ganze; die «Schnittmengen mit FDP und SVP» seien «nicht gegeben».


10. Juli:
Die Schweiz verliert im Halbfinale gegen Gastgeber Russland im Elfmeterschiessen. In der 90. Minute – es steht 0:0 – schiesst Haki einen Elfmeter übers Stadiondach. Kurz zuvor soll er gemäss Augenzeugen einem russischen Funktionär zugezwinkert haben, worauf dieser süffisant genickt habe.


19. Juli:
Eklat in der SP. Die Neuhauser SP tritt geschlossen aus der Partei. Dies gibt die Sektion um Vorstand Daniel Borer per Leserbrief in der NZZ bekannt.


7.–11. August:
Das Festival «Stars in Town» nimmt den Herrenacker ein. Sozialdemokraten, Grüne und Grünliberale dieses Landes versammeln sich. James Blunt singt: «You’re beautiful.»

Rosmarie Widmer Gysel schwingt.


12. August:
In Beggingen steigt das Schaffhauser Kantonalschwingfest. In einem Hitchcockfinale legt die Böse Widmer Gysel Rosmarie ihren Kontrahenten Fioretti Mariano aufs Kreuz.


22. August:
Auf dem Munot findet das alljährliche Kinderfest statt. Aus Angst vor negativer Presse gibt es nur noch vegetarische Bratwürste.


23. August:
In den «SN» schreibt Robin Blanck entsetzt: «Causa Munotfest: Der Islam schafft unsere Kultur ab.»


31. August:
Der FCS steht nach sechs Runden auf Platz 1 der Super League. Dann der Hammer zum Ende der Transferperiode: Haki wechselt zum Al Duhail Sports Club nach Katar. «Das ist ein rein sportlicher Entscheid. Ich will mich optimal für die WM 2022 vorbereiten», wird Haki im Communiqué zitiert. Mit dem Transerlös kauft der FCS Trainer Murat Yakin zurück.


1. September:
Radio Rasa vermeldet: «Yakin weg: Der Handball ist auf dem Siegeszug in der Region!»


11. September:
Christian Amsler, mittlerweile Alt-Regierungspräsident, trudelt mit dem Liegevelo in Brüssel ein. Niemand empfängt ihn.


16. September:
Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag. Der Nachlass des konkursiten Gerhard Blocher wird versteigert. Das berühmteste Sackmesser der Schweiz erhält für 107’000 Franken einen neuen Besitzer: Es wird Maskottchen der SP Neuhausen, die sich in «SSP» umbenannt hat («Schnittmengen-SP»). Dort wird es leider falschherum gehalten.

Christian Amsler fährt mit dem Liegevelo nach Brüssel.


27. September:
Per Zufall trifft Amsler auf den Büsinger Bürgermeister, der in Brüssel Urlaub macht. Auf Twitter lädt Amsler ein Selfie mit dem Bürgermeister hoch. Dazu die Worte: «Hochspannende Gespräche mit EU-Vertretern. Für unser kleines Paradies!»


6. Oktober:
Chris­tian Amsler macht sich auf den Rückweg. «Bye EU – will miss you!», twittert er.


23. November:
Die Pro City veranstaltet ein «Night Shopping» in der Schaffhauser Altstadt. «Dank einem Expertenbericht, der uns nur 100’000 Franken gekostet hat», erklärt Chef Ernst Gründler stolz.


7. Dezember:
Generalversammlung der Brauerei Falken. Die abgesetzten Regierungsräte (ohne Amsler), nun alle Falken-Grossaktionäre, treffen sich beim Zapfhahn. «Das is eben der Kern der Bolitik», philosophiert einer lallend, «es wird viel gredet, aba am Ende bleibt einsig der Alkohol.»


12. Dezember:
Schaffhausens Verkehrsbetriebe treten dem Zürcher Verkehrsverbund bei. Die Billette werden 35% teurer. An der Medienkonferenz herrscht Euphorie. «Jetzt sind wir endgültig auf Zürcher Niveau angekommen», schwärmt René Meyer, ÖV-Koordinator im Kanton, in seiner halbstündigen Laudatio. Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer, der neben ihm sitzt, bewegt seine Lippen bei jeder Silbe mit – er ist sichtlich stolz auf seine Rede.


16. Dezember:
Der FCS beendet die Hinrunde auf dem letzten Platz. Murat Yakin wird gefeuert. Und Marco Truckenbrod Fontana holt erneut die Säge hervor.

 

Giorgio Behr informiert.

17. Dezember: In der wöchentlichen Sendung «Prof. Dr. Behr informiert» auf Radio Rasa äussert sich Giorgio Behr zuversichtlich über den Abgang Yakins: «Das wird dem Handball nur guttun.»


18. Dezember:
Christian Amsler trifft wieder in Schaffhausen ein. Bei der Ankunft veröffentlicht er seine Memoiren. Titel des 900-Seiten-Schinkens: «Ein Amsler auf dem Liegevelo macht einen Sommer. Oder: Wie ich fast Bundesrat wurde.»


29. Dezember:
Der demokratische Monarch Walter Hotz verkauft den Kanton Schaffhausen an den Thurgau. Im Gegenzug darf Hotz’ Band, die Munot Dixie Stompers, auf sämtlichen Thurgauer Traktorfeiern auftreten. Auf Lebenszeit. Das Parlament lanciert ein Amts­enthebungsverfahren.