Ein Abend mit sechs jungen Männern aus Afrika und Asien: In vier Schaffhauser Clubs war die Gruppe nicht willkommen – die angegebenen Gründe zeugen teilweise von klarer Diskriminierung.
Samstagabend, kurz vor Mitternacht: Eine kleine Gruppe junger Männer steht vor dem Orient auf der Stadthausgasse. Der Türsteher hält sie auf: «Die Party heute ist nicht für euch.» Es sei ein privater Anlass des Chefs, weshalb heute nicht jeder reinkomme.
Die sechs Männer sind anerkannte Flüchtlinge, zwei haben bereits einen Ausländerausweis der Kategorie B. Reza stammt aus Afghanistan, Tenzin* aus dem Tibet, Daniel, Sini, Thomas und Matthias aus Eritrea. Anders gesagt, und darum geht es an diesem Abend leider: Vier der sechs Männer sind dunkelhäutig, und den anderen beiden sieht man ebenfalls eine Herkunft ausserhalb Europas an.
Sini ist eher erstaunt als wütend. Obwohl der Türsteher dies nicht offen gesagt hat, ist Sini überzeugt: «Er hat uns nicht reingelassen, weil wir schwarz sind.»
Schwer zu beweisen
Die «az» hat die Gruppe junger Männer in den Ausgang eingeladen, nachdem ihr zu Ohren gekommen war, dass Asylsuchende, insbesondere dunkelhäutige, in Schaffhausen oft nicht an den Türstehern der Clubs vorbei kommen.
Jedes private Lokal darf einen Gast ohne Angabe von Gründen abweisen. Ein Eintrittsverbot aufgrund ethnischer Kriterien ist aber nicht zulässig, wie die Fachstelle für Rassismusbekämpfung festhält: «Wird einer Person der Zutritt zu einem allgemein zugänglichen Ort allein wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion verweigert, stellt dies eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung (Art. 28 ZGB) und einen Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm (Art. 261bis Abs. 4 StGB) dar.»
In der Praxis wird dieses Diskriminierungsverbot jedoch oft nicht umgesetzt. Es ist fast unmöglich, zu beweisen, dass jemand beispielsweise «allein wegen seiner Herkunft» abgewiesen wurde. Im Kanton Solothurn kam es zu einem Gerichtsfall, nachdem zwei Kosovo-Albanern mit den Worten «Momentan, bis auf Weiteres, Balkanstaaten nein» der Zutritt verweigert worden war. Sowohl der Türsteher als auch der Clubbetreiber wurden freigesprochen.
Das Ausgangsexperiment der «az» beginnt im TapTab. Dort läuft gerade das 19-Jahre-Jubiläumsfest von «Radio Rasa», der Türsteher lässt die Gruppe problemlos rein.
Ein paar Partien Tischfussball und ein Bier oder eine Cola später geht die Tour weiter. Das Vorgehen ist immer gleich: Die jungen Männer aus Afrika und Asien gehen voraus und versuchen, in die Clubs eingelassen zu werden. Der Journalist und ein (ebenfalls weisser) Begleiter stehen etwas weiter zurück und machen dann den Test, ob sie gleich behandelt werden.
Wie bereits beschrieben, wird die Gruppe vor dem Orient abgewiesen. Die zwei Schweizer werden kurz darauf hereingebeten, und die junge Frau an der Kasse bestätigt: Ja, die Party ist öffentlich.
Nächster Halt: Cuba Club, keine 50 Meter weiter. Schon wieder kommen die sechs Jungs nur bis zum Türsteher. Als sich die Gruppe in Richtung Chäller aufmacht, funkt der Sicherheitsbeauftragte seinen dort arbeitenden Kollegen an und warnt ihn vor: «Die Gruppe, die gleich zu dir kommt, kam bei mir nicht rein.» Auch im Chäller findet die Party ohne Reza, Tenzin, Daniel, Sini, Thomas und Matthias statt: «geschlossene Gesellschaft». Die beiden Schweizer aber werden problemlos eingelassen.
Der falsche Ausweis
Nächster Versuch beim Tabaco an der Repfergasse. Der Türsteher kontrolliert die Ausweise. Dann sagt er: «Nein, mit Ausweis F kommt ihr hier nicht rein.» Sini zeigt seinen Ausländerausweis (B), doch auch er wird weggeschickt.
Davon wollen wir uns bei einem Getränk erholen, zum Glück gibt es an der Tür zum Domino keine Probleme. Nach dem Abschied von Reza, Tenzin, Daniel, Sini, Thomas und Matthias, die im Domino noch etwas Tischfussball spielen und tanzen wollen, macht die «az» die gleiche Runde noch einmal rückwärts, um alle Türsteher zu konfrontieren.
«F- und N-Ausweise akzeptiere ich nicht», sagt der Mann, der beim Tabaco entscheidet, wer rein darf, «das ist mein Recht.» Er habe die Erfahrung gemacht, dass «diese Leute» Probleme verursachen: «Wenn sie ein Bier getrunken haben, machen sie Rambazamba.»
Der Türsteher beim «Chäller» erklärt, dass er reine Männergruppen oft abweise, unabhängig von ihrer Herkunft. Rückfrage: «Das heisst, wenn ich mit fünf weissen Schweizer Freunden komme, würden Sie uns auch nicht hereinlassen?» Der Türsteher räumt ein: «Hmm, ja, das ist vielleicht etwas anderes.»
Vor dem «Cuba Club» rechtfertigt sich der Sicherheitsmann mit schlechten Erfahrungen: «Immer, wenn ich solche Leute reingelassen habe, wurde etwas gestohlen.» Darum sei er vorsichtig geworden. Auf die Nachfrage, ob das nicht diskriminierend sei, führt er das Argument «Männergruppe» auch noch an.
Beim Orient sagt der Türsteher: «Wen ich in den Club lasse, hat nichts mit der Herkunft zu tun.» Er versuche einzuschätzen, ob die Gefahr bestehe, dass jemand Ärger mache. Männergruppen weise auch er manchmal ab, daran seien auch die jungen Männer, die mit der «az» unterwegs waren, gescheitert.
Also doch keinerlei Unterscheidung nach Herkunft und Hautfarbe? Was als Nächstes passiert, lässt daran zweifeln. Noch während des Gesprächs mit der «az» winkt der Türsteher innerhalb weniger Sekunden zwei weisse Männer durch und weist eine junge Frau mit dunkler Hautfarbe ab, die mit zwei ebenfalls dunkelhäutigen Männern unterwegs ist. Er streckt ihnen die flache Hand entgegen und sagt: «Nein, heute keine Leute.»
Die junge Frau fragt in akzentfreiem Schweizerdeutsch nach dem Grund. Der Türsteher sagt kurz angebunden: «Ich habe Anweisungen vom Chef, das ist seine Party.»
Die junge Frau ist stinksauer. «Das ist Rassismus», sagt sie zum Journalisten. Das sei schon der zweite Club, in den sie und ihre Freunde in dieser Nacht nicht eingelassen wurden. Für sie besteht kein Zweifel, dass Dunkelhäutige systematisch diskriminiert werden.
Am Telefon erklärt der Türsteher nach dem Wochenende, einer der beiden Männer habe sich an einem früheren Abend nicht anständig verhalten. Nach einem klärenden Gespräch habe die Dreiergruppe trotzdem an der Party teilnehmen dürfen, und das Orient habe an diesem Abend mehrere dunkelhäutige Gäste gehabt. Der Türsteher gibt ausserdem zu: Dass er von «Anweisungen des Chefs» gesprochen habe, sei eine Ausrede gewesen.
«Wir diskriminieren nicht»
Dennoch stellt die «az» die Clubbetreiber zur Rede. Luciano Di Fabrizio, Geschäftsleiter des «Cuba Club», verteidigt seinen Türsteher. Er nimmt an, das Auftreten als reine Männergruppe sei entscheidend gewesen. Er verweist auf die Erfahrung der Türsteher: «Sie können einschätzen, ob eine Gruppe Leute die Harmonie im Club stört oder das Risiko mitbringt, dass etwas passiert», und das geschehe unabhängig von der Hautfarbe. «Wir sind weltoffen, wir haben auch schwarze DJs und dunkelhäutige Mitarbeiter», sagt Di Fabrizio. «Hier geht es nicht um Diskriminierung, das wäre ein völlig falsches Wort.»
Auch Orient-Geschäftsführer Metin Demiral sagt: «Wir diskriminieren niemanden.» Er stellt klar, dass er den Türstehern keine Anweisungen gebe, wer in den Club dürfe und wer nicht. Die Türsteher müssten versuchen, einzuschätzen, welche Gruppen eine Gefahr darstellen könnten. «Darum weisen wir manche Leute ab. Das kann aber beispielsweise eine Gruppe Fussballfans genau so treffen wie eine Gruppe Asylsuchender.»
«Das Orient ist der am stärksten durchmischte Club in Schaffhausen», sagt Metin Demiral, er habe auch einen dunkelhäutigen Mitarbeiter an der Kasse.
Simon Schürch, Geschäftsführer des Tabaco, kündigt an, seinen Türsteher zur Rede zu stellen, als er von der «az» erfährt, was vorgefallen ist. «Es gibt definitiv keine Weisung von uns, Leute mit F-Ausweis nicht reinzulassen», stellt er klar. Sollte der Türsteher tatsächlich alle, die einen F- oder N-Ausweis haben, wegweisen, wäre das «problematisch», so Schürch: «Ich hoffe, das war ein Einzelfall.» Er bittet aber um Verständnis für den Türsteher: «Er hat sich vermutlich etwas dumm ausgedrückt» und sei vielleicht davon beeinflusst, dass er kürzlich die Polizei habe rufen müssen, nachdem ein junger Mann mit F-Ausweis ein Fenster eingeschlagen habe.
«Das waren Ausreden»
Nur in zwei von sechs Clubs war die Gruppe willkommen. «Ich weiss nicht, was der Grund war», sagt Thomas. Er will den Türstehern keine systematische Diskriminierung unterstellen. «Aber wenn ein einzelner Afrikaner Probleme macht, darf man doch nicht alle nicht mehr in den Club lassen, das finde ich schlimm.»
Daniel ist überzeugt, dass Rassismus im Spiel war. «Ich glaube, die Türsteher haben eine Ausrede gesucht, weil sie uns nicht im Club wollten. Ich denke, wir wurden wegen unserer Hautfarbe anders behandelt.»