Die Staatsanwaltschaft ermittelt im sogenannten «Fall Alpenblick» wegen Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung. Im Fokus stehen vermutlich die Mitglieder des Schaffhauser Stadtschulrates.
Im Zusammenhang mit dem sogenannten «Fall Alpenblick» hat die Schaffhauser Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. «Die Staatsanwaltschaft hat von Amtes wegen ein Verfahren gegen unbekannte Täterschaft wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eröffnet», schreibt der oberste Schaffhauser Staatsanwalt, Peter Sticher, auf Anfrage der «az». Eine Anzeige sei hingegen nicht eingegangen.
Die Verletzung des Amtsgeheimnisses stellt ein Offizialdelikt dar, weshalb die Staatsanwaltschaft von sich aus ermitteln muss, wenn sie davon weiss. Wann das Verfahren eröffnet wurde, gibt Sticher mit Verweis auf das Untersuchungsgeheimnis nicht bekannt.
Spätestens mit dem Bericht der beiden Juristen Tobias Jaag und Markus Rüssli, der vor drei Wochen veröffentlicht wurde, verdichteten sich die Hinweise, dass ein Mitglied des Stadtschulrates gegen das Amtsgeheimnis verstossen haben könnte. Konkret schreiben die beiden Juristen: «Aufgrund einer Verletzung der Schweigepflicht gelangt das Besprochene an die ‹Schaffhauser Nachrichten›.» Das «Besprochene» beinhaltet die Diskussion über die Weigerung von zwei Vätern, den Lehrerinnen die Hand zu geben. Im Verdacht, die «Schaffhauser Nachrichten» darüber informiert zu haben, stehen die Mitglieder des Stadtschulrates und das Team des Schulhauses Alpenblick. Weitere Personen seien über das Thema nicht informiert gewesen, heisst es im Bericht.
Die einzige mögliche Straftat
Weiter halten die Juristen fest, dass «abgesehen von der allfälligen Verletzung des Amtsgeheimnisses» keine strafrechtlichen Handlungen vorliegen. Anlass, die einzige allfällige Straftat aufzuklären, sahen jedoch weder der Stadtrat noch der Stadtschulrat.
Stadtschulratspräsidentin Katrin Huber sagt, der Stadtschulrat wolle nun «nach vorne schauen und konstruktiv zusammenarbeiten». Auch der Stadtrat, der die Untersuchung von Jaag und Rüssli ursprünglich angeregt hatte, wollte der letzten offenen Frage nicht nachgehen. Wie der Stadtschulrat hat auch er darauf verzichtet, eine Anzeige zu erstatten.
Kaum Verurteilungen
Laut Peter Sticher hatte die Staatsanwaltschaft seit 2011 21 Fälle wegen Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung auf dem Tisch liegen. Lediglich einmal kam es in Schaffhausen zu einer Verurteilung per Strafbefehl. Sieben der übrigen 20 Fälle sind derzeit pendent, ein Fall vor dem Einzelrichter und sechs bei der Staatsanwaltschaft. Darunter sind der sogenannte «Fall Alpenblick» und derjenige der städtischen Stimmenzähler.
Die Stimmenzähler der Stadt gerieten nach den Wahlen im vergangenen Herbst unter Verdacht, gegen das Amtsgeheimnis verstossen zu haben. Die «Schaffhauser Nachrichten» hatten über vermeintlich auffällige Stimmzettel berichtet. Die Zeitung berief sich dabei auf «Aussagen aus der Stimmenzählerschaft». Der Stadtrat hatte daraufhin Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung erstattet. Die ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten jedoch zu keinem Ergebnis, das Verfahren wurde eingestellt. Der Stadtrat akzeptierte dies nicht und erwirkte über das Obergericht, dass die Staatsanwaltschaft nochmals ermittelt.
Weiter hat die Staatsanwaltschaft in acht der 21 Fälle seit 2011 eine Nichtanhandnahmeverfügung erlassen. Das bedeutet, dass in diesen acht Fällen eindeutig kein Verstoss gegen das Amtsgeheimnis festgestellt werden konnte. In weiteren vier Fällen wurden die Verfahren nach den Ermittlungen eingestellt. Zuletzt wurde ein Fall an einen anderen Kanton abgegeben.
Diese Zahlen zeigen, dass ein Anfangsverdacht und Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft noch lange nicht zu einer Verurteilung führen. Wahrscheinlicher ist, dass die Ermittlungen irgendwann eingestellt werden.