Am Denken gespart

10. Februar 2017, Mattias Greuter

Mattias Greuter über eine Dorfposse um einen Boykott.

«Wir stehen ein für Effizienz und sparen auch im Kleinen!» – mit diesen Worten endet eine Email, die Hermann Schlatter, Präsident der SVP-Fraktion im Grossen Stadtrat, an die Stadtkanzlei und alle Ratsmitglieder verschickt hat. Effizienz und Sparen, das tönt gut. Was ist passiert, wo hat die SVP Ineffizienz gewittert?

Nach den Wahlen gibt es im Grossen Stadtrat einige neue Gesichter, und die alten sind etwas älter geworden. Deshalb luden der Ratspräsident und die Stabsstelle Information die Ratsmitglieder zu einem Fototermin vor der nächsten Sitzung ein. Das Ziel: aktuelle und einheitliche Bilder für den Jahresbericht der Stadt. Der Kantonsrat hat das Gleiche bereits durchgeführt – kein Problem, müsste man meinen.

Falsch gemeint. «Die SVP-Fraktion wird an dieser von Herrn und Frau Marti angeordneten Fotoaktion nicht teilnehmen», schreibt Hermann Schlatter. Der Zufall will es, dass der diesjährige Ratspräsident Stefan Marti mit der stellvertretenden Leiterin der Stabsstelle Information verheiratet ist, die zum Fototermin eingeladen hatte. Ob es diese Verbindung ist, an der sich die SVP primär stört, oder vermutete Kosten für die Fotos, bleibt im Dunkeln, denn Schlatter sagt der «az» säuerlich: «Ich äussere mich dazu nicht.» Laut einem Hinweis aus der SVP selbst könnte der wahre Grund ein anderer sein: Schlatter, als zweiter Vizepräsident Mitglied des Ratsbüros, störte sich daran, dass der linke Ratspräsident das bürgerlich dominierte Büro nicht involviert hat.

Die SVP schreibt, man könne Porträtbilder von ihrer Webseite herunter­laden, und boykottiert den Fototermin. Das wiederum war die Steilvorlage für AL-Grossstadtrat Simon Sepan. Er hat per Email im Tonfall der Besorgnis über die «drohende Krise» Hilfe angeboten: Die AL könnte aus frei verfügbaren Fotos der SVP-Vertreter Gesichtsmasken anfertigen und diese beim Fototermin tragen. «Diesen Prozess werden wir von professionell geschulten Mediatoren begleiten lassen, um einen reibungslosen Verlauf zu gewährleisten. Selbstverständlich übernimmt die Fraktion der Alternativen Liste Schaffhausen die anfallenden Kosten dieses Prozesses, möchte sie doch ihrem Ruf als staatstragende Partei mit höchstmöglichem Verantwortungsbewusstsein bezüglich der Institutionen unserer geliebten Stadt auch in dieser Causa gerecht werden», schreibt Sepan.

Diese Provokation ist nicht sonderlich konstruktiv, und ob sie, wie die Linkspartei stichelt, «zur Wahrung des institutionellen Friedens» beiträgt, ist fraglich. Stattdessen hebt die AL die Chose von der Realsatire, die sie ist, auf die Ebene der Satire.

Was noch zu klären wäre: Trägt die SVP zu Effizienz und Sparsamkeit bei, indem sie sich nicht ablichten lässt und eigene Fotos zur Verfügung stellt? Mitnichten. Mehrkosten für den Foto­termin: null Franken. Die Agentur, die den Jahresbericht gestaltet, stellt den Einsatz des Fotografen nicht gesondert in Rechnung. Es war ihre Idee, neue und einheitliche Bilder zu verwenden, denn dies sei weniger aufwändig als das Verwenden von zur Verfügung gestellten Bildern. Anstatt zu sparen, verursacht der Boykott also eher zusätzlichen Aufwand – den die Agentur wohl kulanterweise ebenfalls nicht in Rechnung stellen wird. So können wir aus der Affäre immerhin etwas lernen: Manchmal ist die Privatwirtschaft vernünftiger als die Politik. Diese Einsicht zumindest dürfte ganz im Sinne der SVP sein.