Mottoparty: «Q» und James Bond beziehungsweise Organisator Beat Hochheuser mit Craig-Double Martin Langanke.
Samstag, kurz nach elf, TapTab: Die 13. James-Bond-Party beginnt langsam, Fahrt aufzunehmen. Viele Gäste sind in Abendgarderobe oder als Bösewicht verkleidet erschienen, und aus den Boxen kommt zwischen den Hits der Neunziger- und Nullerjahre immer wieder der Eröffnungssong eines Bond-Streifens. Der Eintritt kostet für Kostümierte 007 Franken. Mittendrin der Gründer der Partyreihe, verkleidet als James Bonds Gadget-Tüftler «Q».
az Beat Hochheuser, warum haben Sie im Jahr 2000 beschlossen, eine James-Bond-Party ins Leben zu rufen?
Beat Hochheuser Am Anfang war das nur für eine Handvoll Kollegen gedacht, die erste Party fand auch in einer kleinen Hütte statt. Ich wollte eine Motto-Party veranstalten, und James Bond hat sich als Thema angeboten, weil das jeder cool findet oder mindestens kennt. Bei Motto-Partys gibt es oft das Problem, dass sich die Leute nicht verkleiden, aber bei einer James-Bond-Party ist das einfacher, zumindest für die Männer. Ausserdem war Deko-Material wie Filmplakate und so weiter einfach zu finden.
Dass es die Partyreihe bis heute gibt, war wohl nicht von Anfang an geplant?
Nein. Aber es war immer volles Haus, und die Leute fanden die Party cool, also habe ich weitergemacht.
Und wie kam es, dass hier ein Daniel Craig herumläuft?
Das ist Martin Langanke, ich habe ihn letztes Jahr an der Premiere von Spectre im Hallenstadion kennengelernt, wo er als Daniel-Craig-Double auftrat. Wir verstanden uns gut, und ich habe ihn angefragt, ob er nicht an die James-Bond-Party 2015 kommen wolle. Beim ersten Mal musste ich ihm noch eine Gage zahlen, heute kommt er umsonst, weil ihm der Anlass gefällt. Zumindest hat er bisher noch nichts von einer Gage gesagt … (lacht).
Im Vergleich zu vor 16 Jahren sind Sie ein vielbeschäftigter Mann, und mit der James-Bond-Party verdienen Sie nichts. Warum gibt es sie noch?
Das ist ein Hobby, es macht mir einfach Spass. Und ich bin James-Bond-Fan.
Nach dem Wochenende trifft die «az» Beat Hochheuser erneut. Im privaten Leben ist er Anwalt und selbstständiger Unternehmer, der sein Geld vor allem, aber nicht nur, mit dem Vertrieb von Tintenpatronen verdient (siehe Kasten). Dennoch: Wer in Schaffhausen in den Ausgang geht, kennt Beat Hochheuser. Und in den letzten Jahren ist er als Förderer zahlreicher Band-Projekte aufgefallen.
Wie war die James-Bond-Party?
Es lief gut, ab ungefähr ein Uhr war das TapTab ausverkauft und die Tanzfläche bis um fünf Uhr voll. Die Stimmung war super und alle blieben anständig.
Das könnte damit zu tun haben, dass der Altersdurchschnitt an James-Bond-Partys etwas höher ist als sonst.
Ja, vielleicht, weil ich auch schon älter bin (lacht). Es gibt einige Leute, die von Anfang an dabei waren und mit der Party gewachsen sind. Allerdings habe ich das Gefühl, dass der Altersdurchschnitt im TapTab auch sonst etwas höher ist als in anderen Locations.
Mit 35 sind Sie wohl auch nicht mehr gleich viel im Ausgang wie früher …
Doch, ich bin noch sehr oft anzutreffen. Wenn nicht in Schaffhausen, dann im Raum Zürich, vor allem an Konzerten junger Bands.
Wie hat sich der Schaffhauser Ausgang in den letzten eineinhalb Jahrzehnten verändert?
Es hat sich sehr viel von den Clubs in die Bars verlagert. Das Orient war früher jeden Donnerstag voll, weil es keinen Eintritt kostete. Heute findest du überall, etwa in Bars wie dem Cuba Club, Partys ohne Eintritt, und niemand will mehr Eintritt zahlen für einen DJ. Ein zweiter Punkt: Früher war es eher noch toleriert, dass man am Freitag bei der Arbeit nicht ganz fit war, weil man am Donnerstag in den Ausgang ging – das können sich heute die meisten nicht mehr leisten. Ganz allgemein sind am Abend weniger junge Leute unterwegs, was neben Social Media auch mit dem neuen Körperkult zu tun haben könnte: wenn man körperlich topfit sein will, kann man natürlich nicht die ganze Nacht Bier trinken. Dazu kommt, dass wir heute viel leichter nach Zürich in den Ausgang und vor allem wieder zurück kommen – es gibt viele Gründe, warum sich die Anbieter beklagen, dass weniger los sei. Früher war ein grosses Thema, dass junge Leute, die etwas veranstalten wollten, keinen Raum fanden. Dieses Bedürfnis scheint nicht mehr so wichtig zu sein.
Was hat sich auf der Seite der Anbieter verändert?
Während weniger Leute in den Ausgang gehen, hat das Angebot stark zugenommen. Mit dem Güterhof ist eine grosse Location dazugekommen, und es gibt auch einige Bars mehr. Kein Wunder, dass sich die Anbieter beklagen. Aber wenn man als Veranstalter innovativ ist, funktioniert es auch heute noch. Am nächsten Samstag steigt in den Hallen am Rhein die Party «Das Apartment», und es wird voll sein. Oder es gibt Bruno Meier, der im Meier’s Pool auf Events setzt – wenn man einen gewissen Aufwand betreibt und Abwechslung bietet, lohnt es sich langfristig. Andere Locations, die etwas lethargisch sind und immer das Gleiche machen, geraten in Vergessenheit.
Ihre Hauptbeschäftigung ist nicht der Ausgang: Sie sind Anwalt mit einer eigenen Kanzlei, leiten mehrere Firmen und sind an weiteren Unternehmen beteiligt (siehe Kasten), nachdem Sie sich sehr jung selbstständig gemacht haben. Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus?
Ich muss weder Tintenpatronen verpacken noch Rechnungen und Mahnungen verschicken, deshalb kann ich mir die Arbeit sehr frei einteilen. Es gibt einige Termine, und dazwischen habe ich Zeit für Aufträge und für meine eigenen Firmen.
Sie arbeiten also selten einen Tag am Stück nur für eine Firma oder einen Auftrag, sondern machen quasi immer alles?
Genau.
Ihre Haupteinnahmequelle ist immer noch das Verkaufen von Druckerpatronen. Wie gut lebt es sich als «Tintenbaron»?
Die Tinte fliesst (lacht). Den Namen «Tintenbaron» höre ich gerne, und natürlich ist das Geschäft finanziell interessant, aber als ich die Firma gegründet habe, wollte ich meinen Mitstudenten helfen, die viel zu viel für Tinte bezahlt haben. Ich wollte gegen die Monopolisierung und das System der grossen Hersteller ankämpfen, das mich bis heute stört, und es ging nicht in erster Linie darum, möglichst viel Geld zu machen.
Sie verdienen an jeder verkauften Patrone in mehreren Shops, die allein in der Schweiz über 50’000 Kunden haben. Reicht es bald für den eigenen Aston Martin?
Ich brauche keinen Sportwagen, ich investiere lieber in Bands und Projekte, die mir gefallen. Mir sind Erlebnisse wichtiger als materielle Werte.
In den letzten zwei Jahren haben Sie über 30 Projekte über die Crowdfunding-Plattform Wemakeit mitfinanziert, darunter den Skatepark im Dreispitz, den neuen Film von Lara Stoll und vor allem viele Bands. In diese Projekte haben Sie insgesamt einen fünfstelligen Betrag investiert, ohne davon einen finanziellen Nutzen zu haben. Warum?
Für eine Band ist es heute sehr schwierig, gerade am Anfang. Man bekommt fast keine Gage oder muss sogar zahlen, um spielen zu dürfen, und mit Alben verdient man ja auch nichts mehr. Darum unterstütze ich beispielsweise eine gute Band, die ihr erstes Album aufnehmen will, gerne und lerne so viele coole Leute kennen. Zudem mache ich auf meinem Blog schaffhausen.net Werbung für Konzerte, verlose Tickets und schreibe Konzertberichte oder Interviews. Für die Schaffhauser Band Hielo mache ich alles mögliche, Webseite, Promotion, Social Media und so weiter. Aktuell unterstütze ich Samuel Gabriel, den Sänger von Hielo, beim Aufbau von musicpro.ch, einem Onlineshop für Band-Ausrüstung.
Sie sind ins Tintengeschäft eingestiegen, um armen Studenten zu helfen, organisieren James-Bond-Partys, an denen Sie nichts verdienen, und unterstützen Bands – Beat Hochheuser, der Altruist und Kulturmäzen?
Gut, mit den Tintenpatronen, den E-Zigaretten, der Anwaltskanzlei und den Aufträgen für Suchmaschinenoptimierung habe ich natürlich schon einen guten Stundenlohn. Beim Wort «Mäzen» denke ich an jemanden, der teure Bilder von armen Künstlern kauft, so sehe ich mich nicht, und ich will mich auch nicht als den grossen Helfer darstellen. Das ist alles einfach irgendwie gewachsen.
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Beat Hochheuser: Tintenbaron und Tausendsassa
Schon als Kanti-Schüler gründete Beat Hochheuser seine erste Firma, die bis heute Webdesign anbietet, später war er Mitbegründer des erfolgreichen Computer- und -Zubehörhändlers PCP. Ausserdem war Hochheuser wohl der erste Blogger in Schaffhausen, sein Blog schaffhausen.net verzeichnet heute mehrere Tausend Klicks pro Woche.
Der grosse Coup gelang während des Jus-Studiums: Hochheuser stellte fest, dass Druckerhersteller Ersatzpatronen zu sehr hohen Preisen verkauften, und gründete das Unternehmen Tinte.ch. Dafür importierte er das Konzept einer deutschen Firma, an deren Webseite er gerade arbeitete, in Zusammenarbeit mit dieser Firma in die Schweiz und wurde Vertreiber von Nachfüllsets sowie von wiederaufgefüllten Patronen und «Generika», also Kopien der teuren Originalpatronen.
Weil Kunden damit bis zu 50 Prozent der Druckkosten sparen können, wuchs das Geschäft rasch, Beat Hochheuser wurde als «Tintenbaron» bekannt und betreibt heute mehrere Onlineshops mit Ablegern in Deutschland und Österreich.
Vor einigen Jahren sah Hochheuser, dass der Bürobedarf-Hersteller Peach aus dem Kanton Schwyz eine Bedrohung für sein Geschäft sein könnte, weil dieser in China und Tschechien selber günstig Tintenpatronen herstellen liess, während Tinte.ch nur Vertreiber für Produkte von Drittanbietern war. Anstelle von Konkurrenz entstand jedoch eine Partnerschaft: Hochheuser betreibt heute Onlineshops in mehreren Ländern, welche Peach-Patronen verkaufen. Bei jeder Bestellung verdient Hochhheuser eine Provision.
Kürzlich ist der Jungunternehmer zudem ins E-Zigarretten-Geschäft eingestiegen: Über Zigi24.ch vertreibt er «Dampfer» und die Flüssigkeiten, mit denen sie befüllt werden. In der Schweiz dürfen bisher nur Produkte ohne Nikotin verkauft werden, doch Beat Hochheusers Firma beliefert die Kunden von Deutschland aus und kann so auch nikotinhaltige «Liquids» in die Schweiz verkaufen.
Nach dem Absolvieren des Jus-Studiums und der Anwaltsprüfung gründete Hochheuser eine eigene Kanzlei, die unter anderem auf rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Internet spezialisiert ist.
Beat Hochheusers Erfolgsrezept – neben dem Erkennen der Marktlücke – ist, dass er früher als viele andere das Potenzial von Onlineshops erkannte und sich Know-how im Umgang mit Suchmaschinen erarbeitete. Er sicherte sich gute Domains und sorgte für hohe Sichtbarkeit auf Google. In Sachen Suchmaschinenoptimierung ist Hochheuser heute ein gefragter Experte, andere Firmen stellen ihn dafür an, ihre Präsenz auf Google zu erhöhen, und Google selbst verfasste über Hochheuser eine ihrer «Erfolgsgeschichten», in denen Firmen porträtiert werden, welche die Dienste des Suchmaschinengiganten besonders geschickt zu nutzen verstehen.