Laut und ein bisschen giftig

5. November 2016, Andrina Wanner
Linus Maurmann (rechts) bespricht mit Paul Tremp die grossformatigen Drucke seiner Arbeiten, die ab Samstag in der Fassbeiz zu sehen sein werden. Foto: Peter Pfister

Die Arbeiten für Linus Maurmanns Ausstellung «Orgelkoralle digital» sind rein am Computer entstanden. Der Flurlinger hat aber noch einiges mehr zu bieten – und immer gibt die Musik den Ton an.

Wir treffen Linus Maurmann (rechts im Bild) in der Druckerei, wo er seine extra für die Fassbeiz entstandenen Arbeiten abholt. Es sind rein digitale Abbildungen von einem sehr organischen Material, nämlich am Strand gefundenen Orgelkorallen. Nach ersten Skizzen habe er die Korallenfragmente immer mehr als Maschinenteile gesehen: «Ich wollte die Natur wiedergeben in ihren genauen Proportionen, aber dargestellt als synthetisches Teilchen, als digitales Ding in einem unendlichen Raum.» Das Ultragenaue und Perfekte fasziniere ihn und auch Flächen möge er sehr, aber mehr im Stil einer Pseudo-Dreidimensionalität wie in den Korallenbildern. «Sie wirken zwar wie 3D-Objekte, sind es aber nicht. Man muss wirklich zweimal hinschauen.»

Als Ausgleich zum Korallenprojekt arbeitet der 19-Jährige an einer 2 × 3 Meter grossen Leinwand für die «SHKunst16»: «Man darf ruhig grosse Geschütze auffahren in der Kunst – das sollte man sich gönnen.» Auch wenn er sich das nur leisten könne, weil er nebenher Geld verdiene.

Eigentlich kommt Linus Maurmann aus dem Comicbereich. Als Teenager war er damit am «Fumetto», dem wichtigen internationalen Comicfestival, sehr erfolgreich. Seine Comic-Hochphase habe er allerdings schon mit zwölf Jahren erreicht, danach sei sein Interesse daran abgeflacht, sagt der Flurlinger: «Ich ändere meinen Stil ziemlich sprunghaft.» Der kreative Prozess sei ihm sehr wichtig – sobald sich die Arbeitsschritte jedoch zu wiederholen beginnen, werde es langweilig. Die Umsetzung seiner Projekte gehe deshalb meistens schnell. «Nur bei Dingen, die es wirklich erfordern, kann ich geduldig sein.» Er denke da wohl eher industriell: Am Anfang stehe eine Idee, diese werde durchgezogen und danach sei das Projekt abgeschlossen. Daher könne man bisher in seinen Arbeiten kaum einen künstlerischen Duktus erkennen. «Sie haben eher eine objektive Wirkung, weil sie immer wieder anders sind und sich an verschiedenen Dingen orientieren.»

Linus Maurmann stammt aus einer Künstlerfamilie. War das der Grund, warum er so früh mit dem Zeichnen begonnen hat? «Ich ha ja gar nid andersch dörfe», lacht er. Am Anfang habe er die Arbeiten seiner Mutter abgezeichnet und die Lieder seines Vaters gehört. «Ich denke, ich habe ihre Ästhetik und seinen Humor übernommen. Alles ist ineinander verflossen.» Irgendwann habe er damit begonnen, die Musikwelt ausserhalb von Mamas und Papas Computern zu erkunden: «Musik hat einen extremen Einfluss auf das, was ich mache. Sie ist enorm wichtig für mich. Ich höre eigentlich ständig Musik.» Für die Ausstellung «Orgelkoralle digital» war es Elektromusik, die ihn beeinflusst hat. Er beschreibt diese Dynamik sehr plastisch: «Die Musik schüttelt mich, ich werde flüssig, bringe meine Ideen auf mein Medium, wo sie erstarren.»

Neben seiner Kunst presst der 19-Jährige seine eigenen Ski und andere Sportgeräte, und zwar richtige, nicht «irgendein Gebastel». Damit angefangen habe er im ersten Lehrjahr zum Schreiner: «Ich wollte unbedingt ein Longboard, also habe ich selber eins gemacht.» Er sei sehr froh, eine Schreinerlehre inklusive BMS absolviert zu haben: «Die Lehre hat mir Türen geöffnet und einen Pragmatismus mitgegeben, den ich sonst wahrscheinlich nicht erreicht hätte.» Linus Maurmann ist ein Macher auf vielen Ebenen, manchmal fast zu vielen, gibt er zu. Neben den Vorbereitungen für die anstehenden Ausstellungen arbeitet er immer noch als Schreiner in seinem Lehrbetrieb und ist Pfadileiter. «Und eine Freundin habe ich auch.»

Er denke über ein Studium als Industrial Designer nach, erst einmal steht jedoch der Zivildienst an und sein neues Atelier will eingerichtet werden, ein bedeutender Schritt: Er habe bereits ein neues Projekt im Kopf, rund um Epoxidharz und ranzige Altstadtbadezimmer: «Das wird gut, laut und ein bisschen giftig.»

Linus Maurmanns digitale Orgelkorallen sind bis zum 24. Dezember in der Fassbeiz ausgestellt. Die Vernissage findet heute Samstag, 5. November, um 16 Uhr statt.