Die Stadt will die Rhybadi künftig verpachten. Sie soll aufgewertet werden, ohne dass die Stammgäste darunter leiden. Ausserdem soll der Pächter Geld verdienen können. Völlig utopisch, findet Bert Schneider.
Bert Schneider weiss, dass er eigentlich aufs Maul sitzen sollte. Als Angestellter der Stadt gehört es sich nicht, seinen Chef öffentlich zu kritisieren. Ausserdem geht Schneider nach 32 Jahren als Bademeister der Rhybadi in Pension. Was danach kommt, sollte ihn nichts mehr angehen. Doch nun platzt dem Urgestein der Kragen.
Gerade hat die Stadt bekanntgegeben, was sie mit der Rhybadi vorhat: Das älteste Kastenbad der Schweiz soll künftig nicht mehr von der Stadt betrieben, sondern verpachtet werden. Der Pächter, der per Ausschreibung gesucht wird, soll in erster Linie den Badibetrieb weiterführen. Darüber hinaus wünscht die Stadt, dass das Angebot der Rhybadi erweitert wird. Die zuständigen Stadträte Daniel Preisig und Raphaël Rohner schlagen zum Beispiel Open-Air-Kinos und Yogakurse im Sommer vor, ein Fonduestübli oder den Betrieb einer Sauna im Winter.
Der Pächter bezahlt mindestens 16’000 Franken pro Jahr an die Stadt, im Gegenzug bekommt er von ihr Geld, um zwei Bademeister anzustellen. Die Badieintritte gehen an die Stadt, der Gewinn aus der Gastronomie an den Pächter. Ein provisorischer Pachtvertrag ist auf der Webseite der Stadt aufgeschaltet.
80-Stunden-Wochen
Bert Schneider kommentiert das Konzept des Stadtrats mit harten Worten: «Die Stadt streut dem zukünftigen Pächter Sand in die Augen!», sagt er. Unter diesen Voraussetzungen sei es völlig ausgeschlossen, dass ein Pächter schwarze Zahlen schreibe. Schon allein die Beträge, mit denen die Stadt die Anstellung von Bademeistern abgelten will, seien viel zu tief: «Die Stadt geht von einer 42-Stunden-Woche aus. Ich war im Sommer jahrzehntelang 80 Stunden pro Woche im und am Wasser.» Man könne nicht von einem KSS-Bademeister ausgehen. Er, Schneider, stehe ausserhalb der Öffnungszeiten oft stundenlang im Wasser, um das Seegras zu entfernen und Äste aus dem Wasser zu tauchen. «Dies nur als kleines Beispiel.»
Hinzu kämen Fixkosten wie Wasser und Elektrizität (7’000 bis 8’000 Franken) und 2’000 Franken für die Versicherung. «Die Rechnung mag aufgehen, wenn während fünf Monaten jeden Tag die Sonne scheint», so Schneider. «Das ist aber nun mal nicht so. Bei schlechtem Wetter ist hier keine Sau! Dann verkauft man keine 40 Kaffees pro Tag.» Die Stadt versuche krampfhaft, sich nach Zürich zu orientieren. Dort könne ein solches Konzept vielleicht funktionieren, aber nicht im kleinen Schaffhausen. Der Stadtrat mache die Rhybadi kaputt, ist Schneider überzeugt. Seine Frau habe sich ernsthaft überlegt, sich als Pächterin zu bewerben und den Betrieb mit ihm zusammen weiterzuführen. Unter diesen Umständen sei eine Bewerbung aber ausgeschlossen.
Innovation ist ein Muss
Die Stadträte Raphaël Rohner und Daniel Preisig sagen, sie seien überzeugt, dass der Betrieb für einen Pächter rentabel sein könne. Sie geben aber auch zu, dass es nicht reichen wird, die Badi einfach nach altem Muster weiterzubetreiben. «Der Pächter muss das Potenzial nutzen», sagt Preisig. Er betont, dass die Sockelmiete der Rhybadi mit 16’000 Franken pro Jahr eigentlich nur die Sommermonate berücksichtige. «Den Winter bekommt der Pächter quasi gratis dazu.» Einnahmen, die er dann generiere, würden fast vollumfänglich in seine Tasche fliessen.
Das Modell fordere Innovation. Rohner betont seinerseits mehrfach, dass die Badigäste absolut keine Einschränkungen zu befürchten hätten. Das glaubt Bert Schneider nicht. Er wisse nach 32 Jahren in der Badi genau, was die Gäste wollen, «und das ist sicher kein Loungebetrieb». Wenn man zu viel verändern wolle, gingen die Stammgäste auf die Barrikade. So geschehen bereits 2012. Damals hätte die Rhybadi saniert werden sollen, mit einem Ausbau für 815’000 Franken. Auch damals wollte der Stadtrat einen Loungebereich und eine Sauna. An der Urne sagten schliesslich fast 75 Prozent der Stimmbevölkerung «Nei zum Rhybadichnorz».
Bewerbungsunterlagen nimmt der Stadtrat bis zum 9. Dezember entgegen. Anfang 2017 wird er sich für einen Pächter entscheiden. Bereits hätten sich Interessenten gemeldet, sagt Raphaël Rohner. Bert Schneider beneidet den neuen Pächter nicht: «Der wird doch verheizt.»