Scharf auf Nagellackentferner

15. September 2016, Andrina Wanner
Auch Simon (Matthias Brütsch, 2.v.r.) muss sich dem Ensemble, dem Produzenten und auch seiner Freundin Glenda (Magdalena Gnädinger, rechts) erklären. Foto: Peter Pfister

Glitzernde Kostüme, schicke Hüte, ein versteckter Flachmann – «Gangster Poesie», die neue Produktion des Ramsener «Theater 88», spielt in den Zwanzigerjahren. Und es geht dabei ziemlich zur Sache.

Alkoholkonsum? Illegal! Egal … Eine Sache ist umso spannender, wenn sie verboten ist. Und im Notfall trinkt man eben Nagellackentferner. Doch die Prohibition war nicht das einzige Problem in den «Golden Twenties», in denen das Stück «Gangster Poesie» angesiedelt ist. Die Künste blühten, Jazzclubs sprossen an jeder Ecke, der Broadway lockte. Und für ein wenig Ruhm ging man buchstäblich über Leichen.

So stellt es jedenfalls die neue Produktion des «Theater 88» dar: Das leichtlebige Revue-Girl Peggy Lemmon (Monika Meier) erhofft sich von ihrem Lover, dem Gangsterboss Rick Ventura, einen Platz im Rampenlicht. Und Ventura (souverän gespielt von Newcomer Meinrad Eichenberger) lässt niemanden daran zweifeln, dass er weiss, wo sein Revolver steckt. Doch die Drecksarbeit überlässt er ohnehin seinen Handlangern (Karsten Jait und Simon Gnädinger, die selber einen Aufstieg à la Hollywood hingelegt haben … vom Theaterbeiz-Tellerwäscher zum Spieler).

Peggys Aussichten auf Erfolg steigen, als Ventura das Stück des erfolglosen Drehbuchautors Simon Sheen (Matthias Brütsch) finanziert und als Gegenzug eine Rolle für seine Geliebte fordert. Zähneknirschend und mit einer bösen Vorahnung willigt Sheen ein – und tatsächlich, die erste Probe wird zum Desaster, denn Peggy ist schlichtweg talentfrei. Doch auch die anderen Darsteller, allen voran die verführerische Diva Grace Peacock (Evelyn Schneider), geben sich ziemlich egoistisch: Der rundliche Wilbour Puccini (Samuel Busslinger) denkt nur über den nächsten Snack nach, weshalb Kollegin Edna Fitzgerald (Melinda Wunderli) um ihren Hamster fürchtet. Nur Assistentin Loraine Midler (Sabrina Bloch) scheint auf dem Boden geblieben zu sein.

Regisseur Sheen jedenfalls ist überfordert mit der Truppe, zumal diese ständig an seinem Stück herumnörgelt – zu allem Übel mischt sich irgendwann Peggys Leibwächter Jay (Stephan Hugentobler) ein, der jedoch schon bald mit unerwartetem Schreibtalent rettend eingreift. Da ist die Tatsache, dass er überhaupt lesen kann, noch die kleinste Überraschung für Sheen. Aber sei’s drum – Intrigen, Affären und ein allzu locker sitzender Colt halten die Bande in Atem, bis zum versöhnlichen Ende.

Lachtränen und Stirnrunzeln
Es ist bereits das siebte Stück, das Walter Millns mit dem Ensemble erarbeitet hat, diesmal stammt es aus seiner eigenen Feder. In 22 kurzen, pointierten Szenen wird eine Geschichte zwischen Glanz und Gloria, Mord und Totschlag erzählt, die das Publikum immer wieder vor lauter Lachen nach Luft japsen lassen.

Das «Theater 88», das nicht nur (für Laientheater typische) komödiantische Lustspiele auf die Bühne bringt, sondern immer wieder Experimente wagt, ist bekannt für sein hohes schauspielerisches Niveau – man ist immer wieder überrascht von der souveränen Bühnenpräsenz der meisten Mitwirkenden, auch in diesem Jahr wieder. Die eher lockere Komödie mit ihren cleveren, drehbaren Bühnenelementen hat es allerdings in sich. Denn wenn Walter Millns, seines Zeichens Spoken-Word-Jongleur und Krimiautor, auf dem Regiestuhl sitzt, wird es erfahrungsgemäss laut, lustig und auch ein bisschen dreckig. Die Sprache ist denn auch der Wermutstropfen des Stücks: Davon abgesehen, dass der Ramsener Dialekt nicht so recht zur Handlung und den englischen Namen passen will, sind es die recht derbe Sprache und die allzu flachen Wortspiele (gerne auch unter der Gürtellinie), die einigen Spielern nicht so locker über die Lippen kommen, wie sie vielleicht sollten, und deshalb oft aufgesetzt klingen. Zum Stück mag diese Sprache ja durchaus passen, man hätte sich trotzdem weniger Schenkelklopfer und mehr schlagfertige Dialoge gewünscht.

Das Stück «Gangster Poesie» wird noch bis 24. September täglich (ausser Sonntag/Dienstag, 18./20.9.) um 20 h aufgeführt (am Samstag, 17.9., bereits um 17.30 h).