Teurer als erlaubt

18. August 2016, Jimmy Sauter
Die Schaffhauser Polizei verursacht Ausgaben von fast 30 Millionen Franken. Foto: Peter Pfister

Seit SVP-Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel die Schaffhauser Polizei übernommen hat, überschreitet diese jedes Jahr ihr Budget. Insgesamt hat die Polizei über fünf Millionen Franken mehr ausgegeben, als ihr zustand. Auf Druck einiger Kantonsräte kontrolliert die Finanzkontrolle nun die Polizeiausgaben.

Drohen die Polizeikosten aus dem Ruder zu laufen? Hat Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel die Finanzen ihrer Polizei nicht im Griff?

Fakt ist: Jahr für Jahr verschlingt die Schaffhauser Polizei mehr Geld. Gab der Kanton 2009, als Heinz Albicker noch Finanzdirektor war, 26,8 Millionen Franken für die Polizei aus, waren es 2015 schon fast 30 Millionen Franken. Das entspricht einer Zunahme um zwölf Prozent. Aber nicht nur das: In jedem Jahr, seit SVP-Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel am 1. April 2010 vom Erziehungsdepartement ins Finanzdepartement wechselte und damit die Verantwortung für die Schaffhauser Polizei übernahm, die dem Finanzdepartement unterstellt ist, hat die Polizei ihr Budget überschritten. Insgesamt hat die Polizei in den Jahren unter Rosmarie Widmer Gysel über fünf Millionen Franken mehr ausgegeben, als ihr laut Budget zugestanden hätte. Allein im Jahr 2012 waren es fast zwei Millionen Franken mehr als ursprünglich kalkuliert. 2013 war es wieder eine Million. Zuletzt, 2015, gab die Polizei 470’000 Franken mehr aus – unter anderem, weil der Regierungsrat nachträglich 92’000 Franken für Waffen gegen die «Terror-Gefahr» genehmigte (siehe «az» vom 6.5.2016).

Fünf Millionen in sechs Jahren
Mit den Budgetüberschreitungen konfrontiert, weist die Finanzdirektorin darauf hin, dass die Überschreitungen im Verhältnis zum gesamten Budget betrachtet werden müssten: «Bei kumulierten Ausgaben über sechs Jahre in der Höhe von 175,9 Mio. Franken entspricht dies einer Budgetüberschreitung um 2,9 Prozent.» Zudem würden höhere Ausgaben auch höhere Einnahmen generieren, sagt Rosmarie Widmer Gysel.

Der Vergleich von Ausgaben und Einnahmen zeigt tatsächlich, dass die Schaffhauser Polizei in den Jahren 2014 und 2015 mehr Geld eingenommen hat, als jeweils budgetiert war. In den Jahren 2010 bis 2013 war aber das Gegenteil der Fall, auch die Einnahmen blieben teilweise deutlich unter den Erwartungen. Unter dem Strich resultiert somit ein höherer Nettoaufwand von über fünf Millionen Franken seit 2010.

Hauptgrund: die Lohnkosten
Einer der Hauptgründe für die Budgetüberschreitungen bei der Schaffhauser Polizei sind die Lohnkosten. In jedem Jahr unter der Führung von Rosmarie Widmer Gysel ausser 2015 gab die Polizei – teilweise massiv – mehr Geld für die Löhne aus, als budgetiert war. Insgesamt stiegen die Lohnkosten von 17,8 Millionen Franken (2010) auf 19 Millionen (2015). Dazu beschäftigt die Schaffhauser Polizei mehr Personal, als der Kantonsrat bewilligt hat (siehe «az» vom 3.12.2015).

Nun überprüft die Finanzkontrolle von Kanton und Stadt Schaffhausen (Fiko) die Bücher der Schaffhauser Polizei. Das bestätigt der Leiter der Finanzkontrolle, Patrik Eichkorn, auf Anfrage der «az». Nur, die Budgetüberschreitungen der letzten Jahre seien nicht der Anlass für diese sogenannte Schwerpunktprüfung, «da Abweichungen in Aufwand und Ertrag sich nahezu aufgehoben haben», sagt Patrik Eichkorn. Wie bereits dargelegt, mag Eichkorns Aussage für die Jahre 2014 und 2015 zutreffen, nicht aber für die früheren Jahre. Das belegen die Zahlen eindeutig.

Was ist dann der Grund für die Untersuchung? Gibt es gar keinen? Ist alles nur reiner Zufall? Diesen Eindruck erwecken zumindest die Aussagen von Rosmarie Widmer Gysel und Patrik Eichkorn.

Rosmarie Widmer Gysel sagt: «Die Finanzkontrolle führt jedes Jahr Schwerpunktprüfungen durch.» Dabei gehe es «um die Prüfung der Ordnungsmässigkeit und Wirtschaftlichkeit». 2014 wurden unter anderen die Musikschulen überprüft, im letzten Jahr das Gesundheitsamt.

Fiko-Leiter Patrik Eichkorn bestätigt die Aussagen von Widmer Gysel: «Die Auswahl für eine solche Prüfung erfolgt aufgrund einer Risikoanalyse von 18 Faktoren wie beispielsweise Buchführung, Ertragssituation, Zunahme von öffentlichen Leistungen.» Und er ergänzt: «Die Schwerpunktprüfung der Schaffhauser Polizei war bereits für das Jahr 2015 vorgesehen, konnte aus Kapazitätsgründen aber nicht durchgeführt werden.» Nun erfolge sie eben in diesem Jahr.

GPK forderte die Untersuchung
Die Aussagen von Widmer Gysel und Eichkorn sind aber nur die halbe Wahrheit: Dass die Untersuchung bei der Schaffhauser Polizei jetzt erfolgt und nicht wieder aufgeschoben wird, entspricht einer Forderung aus der Politik. Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Schaffhauser Kantonsrats (GPK), Patrick Stras­ser, sagt auf Anfrage der «az», dass die Polizei auch in der GPK ein Thema war. Bereits 2014 habe sich die GPK an einer Sitzung vertieft mit der Polizei auseinandergesetzt. Dabei wurden die gestiegenen Lohnkosten diskutiert und wurde kritisiert, dass der administrative Arbeitsanfall bei der Schaffhauser Polizei zulasten der Patrouillentätigkeit zunehme. «Anfang dieses Jahr forderte ein GPK-Mitglied schliesslich, dass die Fiko die Bücher der Polizei überprüft. Die Mehrheit der GPK stimmte einem Antrag zu, dass die Fiko diese Schwerpunktprüfung prioritär behandeln soll», sagt Strasser.

Während die Untersuchung läuft, zeigt sich Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel überzeugt, dass diese keine Unregelmässigkeiten in den Büchern der Polizei zu Tage bringt: «Wie immer ist alles ganz transparent.»