Beate Frommelt, Martin Senn, Franz Imboden und René Eisenegger schaffen in der innovativen Neuhauser Galerie eigene kleine Universen rund ums Thema Wasser.
Schon beim Abgang zur Galerie Reinart gleich hinter dem belebten Café im Mühleradhaus wird man von einem feinen Gespinst in die Fänge genommen, gleichsam wie ein Fisch in einer Reuse, die einen direkt in die Ausstellung leitet. Dort angekommen, wartet auf die unvermittelt angeschwemmten Besucher schon anderes Strandgut.
Das Netz stammt von Beate Frommelt, die im grössten Raum der Galerie, dort, wo der Blick auf das sich drehende Wasserrad fällt, ein aufstrebendes Gespinst aus Kupferdraht aufgezogen hat. Je nach Lichteinfall ziehen die Fäden eine glänzende Spur in den Raum oder bleiben beinahe unsichtbar. Eine fragile Skulptur, die mit dem Sonnenstand ihre Gestalt ständig verändert, zwischen der Zwei- und der Dreidimensionalität changiert.
Platons Höhle
Das Strandgut wiederum wurde von Martin Senn gesammelt, zu Collagen oder Objekten zusammengestellt, oder gleich als Objet trouvé in einen Bilderrahmen gespannt wie jenes blau gewellte Abwaschtuch, das locker als Meeresbild durchgeht. Zentrum des Universums von Martin Senn ist eine Höhle mit einer Wächterin namens «Misswelt». Beleuchtet wird diese Höhle mit Brockenstubencharme, in deren Innerem auf einem Tisch verschiedene Objekte vom «Wasserfall» (mit Klospülgriff) bis zu «Platons Höhle» angeordnet sind, von einer einzelnen Glühbirne, die gespenstische Schatten an die Wand wirft und Platons Höhlengleichnis Gestalt werden lässt. Eine «Kleine Hagelwolke» schwebt drohend über dem ganzen Arrangement, während am Rand eine zoologische Tafel mit «Selfischen» die Selfiewut aufs Korn nimmt. Während man schmunzelnd an den Objekt gewordenen Senn’schen Einfällen vorbeischlendert, beginnt man allerdings zu ermüden. Diese geballte Ladung an optischen Gags, die sich im Vorraum fortsetzt, birgt auch hie und da die Gefahr des optischen Kalauers, etwa wenn eine aus Scherben zusammengesetzte Flasche als «Softdrink» daherkommt.
Dem auch als Kurator tätigen Künstler, der letztes Jahr mit seinem Projekt «Zürich Transit Maritim» mit dem Hafenkran an der Limmat Furore gemacht hat, ist es wohl auch zu verdanken, dass man Werke des 1939 in Schaffhausen geborenen Franz Imboden wieder einmal in seiner alten Heimat zu Gesicht bekommt, hat ihm Senn doch seinerzeit im «Kunsthaus Oerlikon» eine Ausstellung gewidmet. Der ehemalige Malermeister Imboden ist beseelt von seinen Erfahrungen auf See. In den 80er-Jahren begann er, kleine Schiffsmodelle aus Blech und Holz zu bauen, von denen einige in der Galerie Reinart zu sehen sind. Sie strahlen einen besonderen Charme aus, etwa der kleine Panzerkreuzer, der wohl keiner Fliege etwas zuleide tun könnte. Neben den Schiffsmodellen im Stil der Art Brut sind grosse Kaleidoskop-Zeichnungen aufgehängt. Andere liegen übereinander geschichtet am Boden, ebenso zufällig wie der Stapel der mit Klebestreifen zusammengehaltenen Kaleidoskope, die auf einer Wandleiste liegen. «Hier, da können Sie durchgucken», demonstrierte Imboden an der Vernissage, und wirkte dabei, als hätte er einen Sextanten in der Hand.
Der Sog des grossen Wassers
Im untersten Raum der Galerie hat der Schaffhauser Künstler René Eisenegger eine Installation geschaffen, welche eine magische Sogwirkung ausübt. Wie von einem mächtigen Strudel angezogen, gleitet eine Flotille mit allerlei Krimskrams beladener schwarzer Kähne in einem Bogen durch den Raum. Hinter den Fensterscheiben wirkt im Rheinfallbecken ein ebenso kräftiger Sog. «Styx» ist das Werk betitelt, nach dem Fluss, der in der Antike ins Jenseits führte. An den Wänden leuchten golden Sterne am Firmament und zwischen den Schiffen ragen Vulkane in die Höhe. Ein eindrückliches Sinnbild für den ewigen Mahlstrom der Zeit, in dem wir alle gefangen sind.